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Verwelkte Blätter - zeitiger Blattherbstfall - was
passiert mit den weißblühenden Kastanien |
Die Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella)
In meiner Heimatgemeinde gibt es eine Kastanienbaumreihe die vor
vielen Jahren in einem erbarmungswürdigen Zustand war. Die ersten
Blätter vielen bereits im Juli, als wäre es schon Herbst, von den
Bäumen und niemand wusste so genau warum. Waren die Kastanienbäume
krank? Die stehen viel zu dicht, meinte ein Anwohner. Auch andere
Kastanienbäume in unserer Stadt sind krank, meinte ein Zweiter. Ich
hatte damals Kontakt zum Gartenbauamtsleiter der Stadt Würzburg und
fragte diesen nach dem Grund, der Erkrankung der weißblühenden
Kastanienbäume. So genau wusste man damals auch nicht Bescheid, was da
los war, aber es gibt da einen Verdacht, so der Bauamtsleiter, dass da
ein Schädling am Werk ist. Da man mit Chemie inmitten der Stadt nicht
gegen den Schädling vorgehen wollte, war klar, auch Leimringe wären da
keine Lösung: Wenn da der erste Edelfalter daran hängen bleibt,
bekomme ich Ärger, meinte der Gartenbauamtsleiter seinerseits.
Also machte ich mich kundig und bekam sehr schnell die Antwort des
Problems, nämlich die Kastanienminiermotte, die anscheinend damals
noch ohne Fressfeinde, ihr "Unwesen" an den Blättern der weißblühenden
Kastanienbäume trieb.
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Frühzeitiger Laubfall von den
Kastanien sind die Folge eines Befalls von der
Kastanienminiermotte. Was kann man tun? |
Befallene Kastanienblätter von der Miniermotte |
Bild: Björn Neckermann |
Ich stand oft unter den mächtigen Bäumen und dachte nach, wie
man diesen stattlichen Bäumen helfen kann. Vorzeitiger Blattfall,
keine Fotosynthese, kann den Baum langfristig schädigen. Wenn dann
noch frostige Winter und ein trockenes Frühjahr hinzukommt und ein
weiterer Befall der Bäume von dieser Motte, der dann auch wohl immer
häufiger auftritt, nicht auszudenken.
Nach langem Hin und Her,
fasste ich einen Plan, wie ich vorgehen wollte. Zuerst einmal musste
der Bürgermeister der Stadt überzeugt werden und ich bat um ein
Gespräch über diese Thematik. Mein Plan war: Ihn zu überzeugen, den
eigenen städtischen Bauhof zu schicken um das Gras im Graben und rund
um die Bäume zu mähen. Danach, würde ich und die Anlieger das Mähgut
zusammenmachen und in einen Container des Bauhofes einzubringen, der
uns natürlich zur Verfügung gestellt werden musste. Als Drittes bat
ich ihn um einen Zuschuss, um an jedem zweiten Baum einen
Vogelnistkasten anbringen zu können. Fluglochdurchmesser 28 mm, für
die Blaumeise. Ich hatte nämlich beobachtet, wie in meinem Garten,
gerade die Blaumeise sich auch an die Unterseite der Blätter hängt, um
nach Raupen, Larven, Fliegen und ähnlichem zu suchen. Ich dachte
damals, dass sich die Raupen oder der kleine Schmetterling, auch auf
die Unterseite der Blätter begeben.
Das
Nahrungsspektrum umfasst vorwiegend kleine Insekten und
Spinnen, die die Vögel oft an den äußeren Zweigspitzen und mit
dem Bauch nach oben suchen und ablesen. |
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Bild:
Michael Schiller |
Blaumeisen hängen sich auch
an die Unterseite von Blättern um nach Nahrung zu suchen |
Das hatte ich mir zu Nutze gemacht und dem Bürgermeister
vorgetragen, wenn dieser bereit sei, die Bäume zu retten. Noch im
Rathaus bekam ich grünes Licht, bestellte die Kästen, brachte diese
aus, mit dem Wunsch, sie mögen doch bitte belegt werden. Anfang
Oktober bat ich den Leiter den Bauhofes doch das Gras mähen zu lassen
und uns einen Container zu bringen. Dies wurde auch umgesetzt. Leider
war ich beim ersten Mal "Alleinunterhalter". Erst in den folgenden
Jahren kamen Anwohner hinzu, um mich bei dieser Umweltarbeit zu
unterstützen. Schon nach zwei Jahren, konnte ich feststellen, dass die
Bäume gesünder aussahen, die Blätter später fallen. Dazu später noch
etwas mehr. Aber was war der Grund, das man den Verursacher des frühen
Herbstfalls nicht sofort lokalisieren konnte.
Die
Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella), auch
Balkan-Miniermotte genannt, ist ein Kleinschmetterling aus der Familie
der Miniermotten. Die Raupen und Puppen entwickeln sich fast
ausschließlich an den Blättern der weißblühenden Gewöhnlichen
Rosskastanie (Aesculus hippocastanum). Sie hat durch die
extrem schnelle Verbreitung von ihrem Ursprungsgebiet inzwischen fast
alle Gebiete Europas heimgesucht und großes öffentliches Aufsehen
erregt.
Woher kommt die Rosskastanienminiermotte?
Die Rosskastanienminiermotte wurde erstmals 1984 in Mazedonien in der
Nähe des Ohridsees entdeckt. 1989 wurde sie in Österreich (im Raum von
Linz und Steyr) erstmals nachgewiesen. Eine erste Massenvermehrung
fand hier bereits 1990/91 statt. Seither breitet sie sich sehr schnell
weiter in Mitteleuropa, sowohl nach Osten als auch nach Westen, aus.
Ihre extrem schnelle Vermehrung ist dadurch zu erklären, dass die Art
in Mitteleuropa nur wenige natürliche Feinde hat, oder dass in Frage
kommende Fressfeinde (Meisenarten) diese neue "Futterquelle" für sich
noch nicht entdeckt hatten, oder nur schleppend voranging. Hinzu
kommt, das in Mitteleuropa die Populationen zudem der
Parasitierungsgrad sehr gering ist.
Das Ursprungsgebiet der Art
wurde zunächst sehr kontrovers diskutiert. Kommt dieser Parasit aus
Asien, oder aus Nordamerika, woher die meisten verwandten Arten
ausschließlich kommen. Im Nachhinein konnten aber Funde auf einem
Herbarbeleg (ein Herbarium, oder auch Herbar kommt aus dem
lateinischen h e r b a = Kraut, ist eine Sammlung
konservierter, zumeist getrockneter oder gepresster Pflanzen, bzw.
Pflanzenteile für wissenschaftliche Zwecke) nachgeweisen werden, der
1879 in Griechenland gesammelt worden war. Das Ursprungsgebiet sind
die tiefen, auch heute noch schwer zugänglichen Schluchten und Täler
des Balkans, in Albanien, Nordgriechenland und Makedonien, wo die
Gewöhnliche Rosskastanie auch heute noch natürlich vorkommt.
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Der Kleinfalter hat eine
Körperlänge von 2,28 bis 3,04 mm und eine Flügelspannweite von
5,92 bis 7,5 mm. Die Vorderflügel sind metallisch-glänzend
rot, rotbraun, kastanienbraun oder orangebraun. Die
Hinterflügel sind dunkelgrau. Auffällig sind die langen
Fransen am äußeren Ende der Hinterflügel. ... |
Die
Rosskastanien-Miniermotte |
Bild: Naturfoto / Frank
Hecker |
... Dies gibt dem Hinterende des Falters ein federartiges
Aussehen. Die Art besitzt lange schwarz-weiß geringelte Fühler. Der
Kopf weist Büschel orangefarbener Haare auf. Die Beine sind
schwarz-weiß geringelt. Der Saugrüssel ist gut entwickelt.
Die
Eier sind weißlich, abgeflacht, elliptisch und durchscheinend. Die
Entwicklung verläuft über sechs, gelegentlich sieben Larvenstadien,
dabei fressen vier bis fünf Larvenstadien und zwei Spinnstadien die
nicht mehr fressen. Von den beiden letzteren lebt das erste Stadium
noch außerhalb des Kokons, das zweite Stadium innerhalb eines Kokons.
Der Körper
der Raupen ist durchscheinend, sodass der Verdauungsapparat
und andere Organe zu sehen sind. In den Spinnstadien ist der
Kopf rundlich und es ist eine Spinndrüse ausgebildet. Der
Körper des ersten Spinnstadiums ist grau, das zweite besitzt
einen blassgelben Körper. |
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Bild:
Naturfoto / Frank Hecker |
Raupen der
Kastanienminiermotte |
Die Rosskastanienminiermotte wurde, wie schon beschrieben,
erstmals 1984 in Mazedonien entdeckt. Sie wurde 1986 erstmals
beschrieben. Einer der Autoren der Erstbeschreibung, brachte damals
auch Proben aus Mazedonien mit nach Linz. 1989 wurde sie in
Österreich, im Raum von Linz und Steyr erstmals nachgewiesen.
Wahrscheinlich fand eine erste Massenvermehrung hier bereits 1990/91
statt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Tiere aus den Zuchten in Linz
entkommen konnten, so ist es auch zu erklären, dass dieses Tier einen
Sprung von 1000 Kilometern in Richtung Mitteleuropa machen konnte.
Seither breitet sich die Miniermotte mit einer Geschwindigkeit von
etwa 40 bis 100 Kilometern pro Jahr über Europa aus.
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Die Rosskastanienminiermotte
bildet in Mitteleuropa meistens drei aufeinanderfolgende
Generationen pro Jahr, die im April/Mai, Juli und Mitte August
bis Ende September fliegen. |
Starker
Befall der Kastanie von der Miniermotte |
Bild: Naturfoto / Frank
Hecker |
Allerdings wurden unter für die Art günstigen Wetterbedingungen, warm
und trocken, schon bis zu fünf sich überlappende Generationen
beobachtet. Und jede Generation frisst an einer anderen Stelle des
Blattes. Oft wird aber schon die vierte Generation nur unvollständig
ausgebildet, da keine frischen Blätter mehr zur Verfügung stehen.
Die ersten Falter schlüpfen nach der Winterpause je nach Region ab
etwa Mitte April, unter günstigen Bedingungen etwa in Norditalien auch
schon Ende März. Wetterbedingt kann sich auch in derselben Region der
Schlupf der ersten Falter um ein oder zwei Wochen verzögern. Der Kopf
der Puppe besitzt einen ausgeprägten schnabelartigen Vorsprung, der
zum Öffnen des scheibenförmigen Kokons und dem Durchstoßen der
Blattepidermis dient.
Seit
mehreren Jahren lasse ich den Graben und das Grün um die Bäume
von der Stadt mähen. Danach warte ich ab, bis die meisten
Blätter herabgefallen sind. Der Bauhof stellt uns, nach einem
Anruf von mir, einen Container zur Verfügung. Mit den
Anwohnern und Helfer wird das Blattlaub in den Container
eingebracht. Dieses Laub, muss allerdings in eine
professionelle Deponie gebracht werden, in der min. 60°C
Temperatur entstehen und verrotten, oder verbrannt werden. |
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Bild:
Björn Neckermann |
Das Blattlaub wurd in einer
Aktion komplett abgeräumt |
Seit dem ersten Mal nachdem ich diese Aktion durchführte,
stellte ich fest, dass das Laub immer später von den Bäumen fällt. Die
Bäume sind vitaler, trotz der Trockenheit in den letzten Jahren.
Außerdem sind die Nisthilfen entlang der Baumreihe komplett belegt,
darunter hatte sich auch einmal in einem Nistkasten ein Hornissenvolk
angesiedelt. Die Blaumeisen suchen inzwischen in den Bäumen nach
Nahrung und entdecken so wohl auch die Miniermotte als neue
Nahrungsquelle. So hoffe ich!
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Die Falter der
Frühjahrsgeneration halten sich überwiegend im Unterwuchs und
unteren Kronenbereich und am Stamm auf. ... |
Befallenes Kastanienblatt von der Kastanienminiermotte |
Bild: Björn Neckermann |
... Sie bevorzugen dabei windabgewandte und besonnte Stellen. Sie
sitzen in der Regel mit dem Kopf nach oben gerichtet. Im weiteren
Verlauf dringen die Weibchen zur Eiablage auch in die oberen
Kronenbereiche vor. Vor allem die Falter der Sommer- und
Herbstgeneration halten sich eher im Kronenbereich auf, besonders wenn
die Blätter des unteren Kronenbereichs durch die Frühjahrsgeneration
schon stark genutzt worden sind.
Neben dem
verminderten Befall der Blätter von den weißblühenden
Kastanien (Aesculus
hippocastanum), ist es auch die erfreuliche
Tatsache, dass sämtliche Nisthilfen belegt sind und dies seit
dem ersten Jahr. Viele junge Meisen sind in den Nisthilfen
geschlüpft. Auch die gemeinsame Aktion durch die Anwohner und
Bevölkerung - ein in der Nähe angesiedelter Betrieb stellt
jedes Jahr einen Minibagger für diese Aktion zur Verfügung -
ist hervorzuheben. |
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Bild:
Björn Neckermann |
Der Container ist befüllt und
wird durch den Städt. Bauhof abgeholt |
Die Weibchen legen 20 bis 80 Eier einzeln an der Oberseite der Blätter
ab. Bei hoher Populationsdichte der Falter wurden schon bis zu 300
Eier pro Kastanienblatt beobachtet. Die Falter haben eine Lebensdauer
von 4 bis 11 Tagen. Bisher gibt es keine Beobachtungen, dass die
Falter, während ihres kurzen Lebens Nahrung zu sich nehmen. Die Falter
treten gehäuft im Mai, Juli und August/September auf, mit einigen
Nachzüglern bis Anfang Oktober.
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Die Puppen, auch teilweise der 1.
und der 2. Generation überwintern. Diese Puppen sind
unglaublich widerstandsfähig und vertragen Temeperaturen
jenseits von -15°C. |
Die
Puppen der Kastanienminiermotte sind unglaublich
widerstandsfähig |
Bild: Björn Neckermann |
Die Puppen gehen in eine echte Winterdiapause (Ruhephase), d.h., sie
brauchen einige Zeit Frosttemperaturen, damit sie im Frühjahr bei
steigenden Temperaturen schlüpfen. Was letztendlich diese
Winterdiapause auslöst, ist noch nicht bekannt, da wie schon
beschrieben auch schon einige Puppen der ersten und zweiten Generation
in diese Ruhephase fallen können. Die Puppen von Cameraria
ohridella
sind äußerst widerstandsfähig gegen tiefe Frosttemperaturen. Sie
ertragen die völlige Vertrocknung oder die völlige Vernässung der
Blätter und sogar die teilweise Verschimmelung der Blätter.
Deswegen macht es auch keinen Sinn, die
Blätter irgendwo abzulegen, das wäre vergebene Mühe gewesen.
Die Blätter müssen wie schon ausgeführt, entweder zu einer
professionellen Deponie gebracht, oder in einer Mülldeponie verbrannt,
werden. Die Puppen können auch zwei oder drei Winter überliegen,
d.h., dass diese erst im übernächsten oder weiteren Frühjahr
schlüpfen.
Die Aufnahme
entstand Anfang Mai 2020. Die Kastanien haben schon ein sattes
Grün entwickelt und blühen. Den im Bild zu sehenden Nistkasten
hat eine Blaumeisen-Familie bezogen und die hungrigen Jungen
werden mit fleischlicher Nahrung gefüttert. |
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Bild:
Björn Neckermann |
Wieder vitale Kastanienreihe |
Abschließend ist festzustellen, dass der Laubfall von Herbst 2018 auf
Herbst 2019 viel später erfolgte, obwohl auch das Jahr 2019 sehr
trocken war. Vielleicht lohnt sich ja die Mühe des jährlichen
Abräumens des Laubfalls, zumindest ist es eine schöne gemeinsame
Aktion der Bürger. Der Laubfall im Herbst 2020 erfolgte wieder später,
Hauptfallzeit war November, obwohl es auch im Jahr 2020 viel zu
trocken war. Vielleicht habe ich der Vermehrung dieses Schädlings,
über viele Jahre, Einhalt gebieten können, allerdings komme ich immer
mehr zu der Erkenntnis, dass das Abräumen des Blattgutes jährlich
passieren muss, damit es nicht wieder zu dieser explosionsartigen
Vermehrung der Kastanienminiermotte kommt. Positiv stimmt mich, dass
inzwischen viele Bürger bereit sind, bei dieser jährlichen Aktion
mitzuhelfen!
Ganz in der Nähe, entlang des Mains, sind einige
Kastanien wild aufgegangen. Diese jungen Bäume sind ebenso mit der
Kastanienminiermotte stark befallen. Ich lasse diese aber stehen, weil
sie für mich "Deuter" sind, ob auch andere Baumarten durch die
Kastanienminiermotte befallen werden, z.B. Pappeln, Weidengewächse
oder Silberweide. Momentan kann ich sagen, dass nur die weißblühende
Kastanie befallen ist und keine anderen Baumarten.
Ordnung |
Familie |
Unterfamilie |
Art |
Schmetterlinge |
Miniermotten |
Echte Miniermotten |
Rosskastanienminiermotte |
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