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Hilferuf eines Bürgers - im Turm sind
noch die jungen Mauersegler!
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Was war passiert! Ein mittelalterlicher Turm
in einer Gemeinde Nähe Würzburgs soll saniert werden, weil bereits
einige Gesteinsbrocken auf einen begehbaren Weg gefallen sind. Dass
die Bausubstanz des Turmes gesichert werden muss, damit dies nicht
mehr passiert, ist jedem klar. Nun kommt aber etwas dazwischen, mit
dem wohl niemand gerechnet hat, denn der Turm ist bewohnt, bewohnt von
einem der elegantesten Flugkünstler, die unsere Vogelwelt aufzubieten
hat, dem Mauersegler. Da der Turm bereits eingerüstet war, und die
Sanierungsarbeiten am Turm demnächst beginnen sollen, war Eile
geboten.
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Kaum eine Vogelgruppe ist so extrem an den Luftraum
angepasst wie die Segler. Den weitaus größten Teil ihres
Lebens verbringen sie fliegend in der Luft. Sie schlafen sogar
in der Luft. Auf den ersten Blick ähneln sie Schwalben, doch
der Mauersegler ist mit anderen Flugkünstlern wie Rauch- und
Mehlschwalbe nicht verwandt. Allerdings wählt er wie die
Schwalben Gebäude für seine Nester.
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Nischen in alten
Gebäuden sind seine Brutplätze
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Bild: Maximilian Dorsch |
Am nächsten Tag hatte ich mir einen Termin beim Bürgermeister geben
lassen, mit dem Hinweis im Vorzimmer, dass dies eine "ganz eilige"
Angelegenheit wäre. Als ich dann dem Herrn Bürgermeister erklärte,
dass ich die Arbeiten am Turm einstellen lassen müsste, da sich im
Inneren des Turmes die noch nicht flüggen jungen Mauersegler befänden,
wurde mir bescheinigt, dass die Arbeiten in der nächsten Woche
beginnen und nicht mehr verschoben werden könnten. Mit meinem Hinweis,
dass ich nicht zulassen kann, Lebewesen lebendig einmauern zu lassen,
wurde es dann doch ermöglicht die Arbeiten am Turm um vier Wochen zu
verschieben.
Der bereits eingerüstete
mittelalterliche Turm in dessen Schlitzen zwischen den
Mauersteinen die Mauersegler brüteten und ihre Jungvögel
aufzogen. Da die Nestlingszeit bei Mauerseglern, je nach
Witterung und vorhandener Nahrung, bis zu 56 Tage dauern kann,
wurde der Turm von uns täglich beobachtet, bis die Jungen
flügge waren.
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Bild:
Thomas Langhirt |
Der mittelalterliche Turm war
bereits eingerüstet
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Nun musste der Turm fast täglich beobachtet
werden, bis die Jungen flügge waren. Die Jungen kann man an den
helleren Federsäumen und dem mehr an Weiß im Gesicht erkennen. Da die
Nestlingsdauer bei den Mauerseglern von der Versorgungslage abhängt,
kann man nie vorhersagen, wann die Jungen flügge sind. Bei schlechtem
Wetter müssen die Alttiere kurzfristig in Gegenden abwandern, wo es
Insekten gibt, manchmal sind dies 100 km und mehr. Die Jungen
verfallen in der Zwischenzeit in einen energiesparenden Hungerschlaf.
Auf diese Weise kommen sie bis zu zwei Wochen ohne Nahrung aus. Mit
dem Verlassen des Nestes müssen sie fit sein, für den langen Zug nach
Süden in das Winterquartier.
Inzwischen wurde mit dem Bürgermeister besprochen, zwischen den neu
gemauerten Steinen sogenannte Mauersegler-Nisteinbausteine einzufügen,
die man von unten kaum sieht, dafür dem Mauersegler einen bleibenden
Brutplatz bietet. Gesagt getan wurden 10 dieser Steine bestellt, die
Kosten von der Gemeinde übernommen, und in die Turmmauer eingepasst.
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Diese Mauersegler-Nistbausteine
wurden im oberen Bereich des Rundturmes eingepasst. Für den
Mauersegler ein bleibender Brutplatz.
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Hochwertiger Niststein aus Holzbeton für den
Mauersegler
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Bild: Thomas Langhirt |
So wurde aus einem Hilferuf - dem Naturverständnis des
Bürgermeisters - ein bleibendes "Wohnrecht" für die Flugkünstler
geschaffen. Vielen Dank dafür. Der Mauersegler und seine Flugkünste
gehören vielleicht zu den letzten großen Naturerlebnissen inmitten
unserer Städte und Gemeinden. Wir sollten alles daran setzen uns das
zu erhalten.
In einem dehnbaren Kehlsack
transportiert der Mauersegler Insekten zu seinen Nestlingen.
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Bild:
Fotonatur.de / H.-W.Grömping |
Die Zehen sind klein und
sitzen an kurzen Füßen |
Der Mauersegler frisst im Flug und verbringt
meistens die ganze Nacht in der Luft. Er trinkt und badet sogar, ohne
den Boden zu berühren und lässt sich nur zum Nisten oder gelegentlich
zum Ausruhen auf hohen Warten nieder. Häufig sieht man abends laut
rufende Mauerseglerschwärme am Himmel, wenn sie zur Nacht kreisend in
die Höhe aufsteigen.
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Mauersegler waren früher
Felsbrüter, doch heute brüten sie gerne an Gebäuden in Dörfern
und Städten. Im Spessart ist mir auch eine Kolonie von
Mauerseglern bekannt, die als Baumbrüter in Bäumen brüten. |
Mauersegler-Paar in ihrer Bruthöhle |
Bild: Naturfoto Frank Hecker |
Er ist an sein Leben in der Luft wunderbar angepasst und
benutzt seine winzigen Beine und Füße nur selten. Mit den kräftigen
und scharfen Krallen kann er sich aber an jeder steilen Wand
festhalten, besonders, wenn er auf seinem Zug zwischen Afrika und
Europa an steilen Felsen ausruht.
Pünktlich zum Augustbeginn verlassen sie ihre Brutplätze. Die im
Oktober noch gesichteten Segler sind Durchzügler aus nördlichen und
östlichen Brutgebieten. Die Winterquartiere des Mauerseglers liegen in
Afrika südlich der Sahara bis zur Südspitze.
Die Mauersegler erscheinen an ihren mitteleuropäischen Brutplätzen
zwischen Ende April und Anfang Mai. Für den Nestbau sammeln sie in der
Luft Federn, Blätter, Halme und anderes Pflanzenmaterial und verkleben
das Material mit ihrem zähen Speichel zu einem kunstvollen
Schalennest.
Nicht selten
brüten Mauersegler in unmittelbarer Nachbarschaft zu
Haussperlingen. Es gibt sogar Bruten in derselben Nische.
Angebrachte Nistkästen an Gebäuden sollten mindestens in 6
oder 7 Metern Höhe angebracht werden, da die Mauersegler eine
gewissen Höhe benötigen um die entsprechende Luft unter ihre
Flügel zu bekommen. |
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Bild:
Naturfoto Frank Hecker |
Mauersegler Gelege in ihrer
Bruthöhle |
Die modernen Häuser unserer Zeit sind nur selten geeignet für den
Mauersegler. Es gibt aber Nisthilfen für ihn, die man in mindestens 6
m Höhe an Gebäuden anbringen kann. Am ehesten eignen sich Stellen
unter dem Dach. Es gibt aber auch baumbrütende
Mauersegler-Populationen sogar im Spessart. Die größte baumbrütende
Population von Mauerseglern befindet sich im Harz.
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Es hat funktioniert. Die Steine sind
in das Mauerwerk eingepasst und dienen nun als dauernde
Niststelle für unsere Mauersegler. Zur Nachahmung
empfohlen.
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Die
Mauersegler-Nisteinbausteine lassen sich sehr gut in Mauern
verbauen |
Bild: Thomas Langhirt |
Mauersegler fangen ausschließlich Fluginsekten
und an Fäden fliegende Spinnen, die sie mit weit geöffnetem Schnabel
wie mit einem Kescher einsammeln. Im Kehlsack formen sie daraus
Ballen, die sie an die Jungen verfüttern. Jedes Futterbällchen enthält
mehrere 100 bis über 1000 Kleintiere.
Das Verbreitungsgebiet des Mauerseglers erstreckt sich über
Nordafrika, fast ganz Europa bis in den Nordosten der Mongolei und
Nordchina. Sie Art fehlt auf Island, in Gebirgsgegenden und im hohen
Norden Skandinaviens.
Rund um den mittelalterlichen Turm
wurden die Mauerseglernistkästen eingesetzt und fallen von
unten gesehen gar nicht auf. Die Mauersegler haben den Turm
für sich und niemand stört sie. Durch das Fangen von Insekten
im Flug erfüllen die Mauersegler eine wichtige ökologische
Aufgabe.
Außerdem ist uns wieder ein kleiner Beitrag zur
Arterhaltung gelungen. |
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Bild:
Thomas Langhirt |
Nach der Sanierung des
mittelalterlichen Turmes |
Der Mauersegler ist in Bayern außerhalb der Alpen lückenhaft
bis flächig verbreitet mit deutlicher Zentrierung auf Städte und
Gemeinden. Leider ist aber auch festzustellen, dass in vielen
Ortschaften nur noch einzelne oder keine Gebäude mehr vom Mauersegler
besiedelt sind. Eine Bestandschätzung von 27.000 - 50.000 BP wird für
Bayern angenommen.
In Deutschland verläuft die Bestandsentwicklung in allen Regionen
negativ, was auch der Entwicklung in bayerischen Städten entspricht
und überwiegend mit dem Schwund von Nistplätzen durch
Gebäudesanierungen, oder auch Abriss von Gebäuden begründet wird.
Inzwischen musste der Mauersegler auf der Roten Liste für gefährdete
Vogelarten in Bayern aufgenommen werden, als eine Art 3, d.h.
"Gefährdet".
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Der Mauersegler ist so auf das Leben
in der Luft eingerichtet, dass seine kurzen Beine und kleinen
Füße ihm das Starten von ebenem Grund nicht ermöglichen. Er
kann den Körper nicht genug aufrichten, um genügend Luft unter
seine großen Flügel zu bekommen.
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Trotz
der kleinen Krallen kann sich der junge Mauersegler an
senkrechten Strukturen festklammern |
Bild: Fotonatur.de /
H.-W.Grömping |
Zwei zur Brutzeit in Bayern beringte Altvögel
wurden im Winter aus über 6000 km aus dem Kongobecken zurück gemeldet.
Bei einzelnen Ringvögeln wurde nicht nur hohes Alter von bis zu 21
Jahren, sondern auch eine außergewöhnliche Brutplatztreue
nachgewiesen.
Wichtige Merkmale des
Mauerseglers:
Ordnung:
Seglervögel
Familie:
Segler
Wissenschaftlicher
Name:
Apus apus
Länge:
ca. 16 - 17 cm; Flügelspannweite:
ca. 42 - 48 cm;
Gewicht: 31
- 56 g; Hungergewichte ca. 21 - 23 g;
Brutzeit:
Ende Mai bis Mitte Juni, 1 Jahresbrut;
Gelegegröße: meist 2- 3 weiße, glatte
und glanzlose Eier;
Brutdauer:
18 -20 Tage, bei schlechtem Wetter kann es länger dauern;
Nestlingszeit: 37 - 56 Tage;
Verhalten:
gesellig; Nahrung:
fliegende Insekten;
Lebenserwartung:
21 Jahre sind bisher bekannt, wahrscheinlich kann der
Mauersegler aber älter werden.
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Der Name lässt sich mit dem Verhalten der Mauersegler
erklären, entlang oder in der Nähe von Mauern zu seglen. Hier können
sich die Mauersegler am Mauerwerk festhalten, in luftiger Höhe um beim
Weiterfliegen so viel Luft unter die Flügel zu bekommen, um
weiterzufliegen. Sie können sich nicht vom Boden aus, in die Lüfte
erheben.
Was immer wieder passiert, ist leider die Tatsache,
dass so mancher Jungvogel auf den Boden fällt. An heißen Tagen staut
sich die Wärme unter den Dächern, oder in der engen Bruthöhle. So
mancher noch nicht flügge gewordener Jungvogel versucht dann, sich am
Eingang der Nesthöhle Kühlung zu verschaffen. Wagen die Jungvögel sich
zu Nahe an den Rand, so passiert es eben, dass sie auf den Boden
fallen. Da im Gegensatz zu vielen anderen Vogelarten,
Mauersegler-Alttiere ihre Jungen am Boden nicht füttern, füttern
können, weil sie dann selbst nicht mehr vom Boden auffliegen könnten,
benötigen diese Jungvögel sofortige Hilfe. So mancher Anruf erreicht
mich dann: "Was können wir tun"? Nehmen sie den kleinen Mauersegler
auf, setzen sie ihn am besten in einen Schuhkarton, denn mit dem
Deckel darauf, wird dieser Karton verdunkelt, das beruhigt die
Jungvögel. Bringen sie diesen dann schnellstmöglichst, in eine
Tierklinik, Tierheim oder einer Jungvogel-Auffangstation. Dort werden
die jungen Mauersegler versorgt und später wenn diese dann flügge
sind, in der Nähe der Fundstelle wieder freigelassen. Dies wäre eine
große Hilfe und ein Beitrag zur Arterhaltung.
In Mitteleuropa
hat der Mauersegler natürliche Feinde, wie eben Beutegreifer wie den
Baum- und Wanderfalken. Diese Greifvögel erbeuten oft die Mauersegler
im Flug. In zugänglichen Bruthöhlen, können dies auch Steinmarder und
das Wiesel sein, die Jungtiere ergreifen.
Aber besonders hervorzuheben, ist die Mauerseglerlausfliege (Crataerina
pallida), ein auf diese Art spezialisierter Parasit.
Die
Mauerseglerlausfliege ist ein Zweiflügler, aus der Familie der
Lausfliegen. Die Larven werden unterhalb oder in der Nähe des
Mauerseglernests abgelegt. Der Parasit krallt sich am Körper
des Tieres fest und saugt Blut.
Die
Mauerseglerlausfliege kann auch in die Wohnräume von Menschen
eindringen. |
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Bild:
Naturfoto Frank Hecker |
Mauerseglerlausfliege - ein
Parasit, der sich auf Mauersegler spezialisiert hat. |
Der Lebenszyklus der Mauerseglerlausfliege ist mit dem der
Segler synchronisiert. Die in der Bruthöhle abgelegten Larven
schlüpfen mit den Vogelnestlingen. Die bevorzugt an Hals und Bauch
saugenden sechs bis zehn Millimeter großen Parasiten können die
befallenen Jungtiere sehr schwächen. Ob hierdurch die Sterblichkeit
des Mauerseglers beeinflusst wird, ist allerdings noch nicht bekannt.
Auch Schwalben werden von diesen Parasiten befallen. Bis zu 12
Lausfliegen können sich im Gefieder eines Nestlings befinden, bei
Altvögeln können es durchaus bis zu zwanzig sein. Die Parasiten
werden, wenn sie erreichbar sind, entfernt aber nicht gefressen. Die
Mauerseglerlausfliegen können selbst nicht fliegen, sondern nur
segeln.
Vielen Dank an allen Beteiligten. So konnten wir in diesem Fall dem
Mauersegler nicht nur ein bleibendes "Zuhause" schaffen, sondern auch
auf die Gefährdung dieses tollkühnen Seglers aufmerksam machen.
Vielen Dank auch an die Fotografen Thomas Langhirt, Maximilian Dorsch,
H.-W. Grömping und Frank Hecker.
Auszüge auch aus Wikipedia.
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