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Die
Tannenmeise - der Turner
Wenn ich in Parks mit großem Nadelbaumbestand die kleine
Ausgabe der Kohlmeise höre und sehe, dann müsste man meinen, dass
viele Menschen doch diesen kleinen "Turnkünstler" kennen sollten,
auch weil diese Art zu den häufigsten Vogelarten Mitteleuropas
zählt. Aber es ist nicht so! Viele verwechseln diese kleinste Meise
Europas all zu schnell mit einer Miniaturausgabe einer Kohlmeise.
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Die Tannenemeise ist die
häufigste Meisenart in geschlossenen Fichten- und
Tannenwäldern. Dort lebt auch der Sperlingskauz und dies ist
ihr Hauptfeind. Sobald dieser auftaucht, zedert die
Tannenmeise ganz aufgeregt. Diese Rufe unterscheiden sich
auch sehr von den der anderen Meisenarten. |
Die
Tannenmeise ist die kleinste Meise in Europa |
Bild: Gunther Zieger |
Als unsere kleinste Meise kann sich die Tannenmeise mit
ihrem geringen Gewicht (dies ist in strengen Wintern ein Nachteil
Größe zu Gewicht) und den recht langen Zehen hervorragend an dünnen,
äußeren Nadelzweigen und Zapfen festklammern. Ganz zuerst hatte ich
dieses "Turnen" wie ich es nenne, bei den Blaumeisen beobachtet und
mich später auf die Idee gebracht, diese für den Einsatz einer
ökologischen Schädlingsbekämpfung bei Kastanien einzusetzen.
Der relativ
lange und schmale Schnabel erlaubt es der Tannenmeise, die
Nahrung aus schmalen Ritzen hervorzuholen. |
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Bild:
Stefan Wehr |
Die Tannenmeise kann den
Nadelbaumsamen aus den geöffneten Schuppen klauben |
Die Vögel hängen mit dem Bauch nach oben in den Zweigen,
oder rütteln ähnlich wie die Goldhähnchen vor einer Zweigspitze, um
beispielsweise Nadelbaumsamen, ihre bevorzugte Winternahrung, aus
den geöffneten Schuppen zu klauben. Nicht selten profitieren sie von
Eichhörnchen, die nicht nur geschlossene Zapfen öffnen, sondern auch
viele Kiefern- und Fichtensamen verlieren und so den Tisch für die
Meisen decken. Von den mitteleuropäischen Meisen, ist die
Tannenmeise am seltensten am Boden anzutreffen. Im Sommer fressen
die Tannenmeisen Blattläuse, kleine Spinnen und Blattwespenlarven,
sowie Schmetterlingsraupen. Auch bei dieser Art ist das Verstecken
von Nahrung bekannt. Sie verstecken diese, anders als bei den
anderen Meisen, hoch oben im Baum in dichten Fichtenzweigen.
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Im Winter schließen sich die
Tannenmeisen oft mit anderen Meisenarten zusammen und
besuchen die Futterhäuschen |
Über
die Tannenmeise in den Hochlagenwäldern ist wenig bekannt |
Bild: Gunther Zieger |
Das Brutareal der Tannenmeise reicht von Nord- und
Westeuropa sowie Nordwestafrika im Westen bis zur Pazifikküste und
Japan im Osten, im Süden bis zur Türkei, Zypern, Iran und China. Am
Nordrand ihres Areals erreicht sie nur ausnahmsweise den Polarkreis.
Die robuste, anspruchslose und zumeist häufige Tannenemeise
besiedelt ganz verschiedene Arten von Nadelwäldern, darunter auch
Mischwald. Die Tannenemeise ist aber besonders an die Fichte
angepasst. In reinen Kiefernwäldern ist sie meist seltener als die
sonst in viel geringerer Dichte auftretende Haubenmeise. Nicht
selten trifft man die Tannenemeise auch in Parks, Friedhöfen und
großen Gärten mit älteren Nadelbäumen an.
Bitte: Sollten Sie sich überlegt haben, ältere Fichten aus ihrem
Garten zu entfernen, denken Sie an die Vogelarten, die auf diese
Bäume angewiesen sind.
Auf den
Britischen Inseln und in weiten Teilen Südeuropas ist sie
jedoch auch in reinen Laubwäldern zu Hause. |
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Grafik:
Viktor Kravtchenko |
Vorkommen der Tannenmeise -
nur im äußersten Norden ist sie nicht anzutreffen |
In Südeuropa kommt sie jedoch auch in den Nadelwäldern des
Berglandes vor. In Bayern brütet die Tannenmeise am Nordrand der
Alpen bis zur Baumgrenze, wobei die Bestandszahlen allerdings mit
zunehmender Höhenlage abnehmen. Im Biosphärenreservat Berchtesgaden
wird die Tannenmeise als zweithäufigtse Art mit einem Vorkommen von
den Tälern bis zur Baumgrenze beschrieben. Menschliche Siedlungen
werden zumindest am Rande besiedelt. Auch werden Nistkästen
angenommen.
In der Regel ist die Tannenemeise ein Standvogel.
Es kommt aber je nach Nahrungsangebot und Bestandsdichte zu
unregelmäßigen Massenwanderungen. Bei einer solchen Evasion gelangte
eine in Niedersachsen kontrollierte Tannenmeise bis nach Marokko.
Vor allem Tannenmeisen aus Nord- und Osteuropa ziehen im September
und Oktober in wärmere Gegenden Europas. Für Bayern gibt es zu
berichten, dass anhand von Ringfunden ein Teil der bayerischen
Tannenmeisen im Herbst abwandert (z.B. Italien) dafür füllen
Tannenemeisen aus Nordeuropa die Bestände auf.
Durch die
Anpflanzung von Fichten in weiten Teilen Europas konnte die
Tannenmeise ihr Areal beträchtlich erweitern. Auch das Ausbringen
von Nistkästen hat dazu beigetragen. Gebietsweise haben die Bestände
aber durch Waldschäden nach schweren Stürmen, drastisch abgenommen,
denn in den absterbernden Nadelbaumbeständen finden die Meisen nicht
mehr genügend Nahrung und Deckung.
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Auch natürliche Ursachen, wie
Schlechtwetterperioden im Frühjahr, geringes Nahrungsangebot
im Winter, aber auch Nesträuber wie Buntspecht, Marder und
andere führen zu Verlusten. |
Tannenmeisen leben von Koniferensamen, die vor allem bei
Schnee und Kälte wichtig sind |
Bild: Stefan Wehr |
Hier können Sie die Stimme der
Tannenemeise hören. (Autor: Stefan Wehr)
Wichtige Merkmale der Tannenmeise
Größe: kleiner als Kohlmeise
Länge: ca. 11,5 cm (wie Blaumeise);
Flügelspannweite: ca. 17 - 21 cm; Gewicht:
8 - 11 g; Stimme: Rufe bei Erregung
(Gefahr) anders als die übrigen Meisen, nasal gedehnt.
Brutzeit: Mitte April bis Mai, zumeist 2
Jahresbruten; Gelegegröße: 5 - 12 (am
häufigsten 8 - 9) Eifärbung: weiß, mit
feinen hellroten, purpurroten Sprenkeln und Punkten;
Brutdauer: 13 -16 Tage; nur das Weibchen brütet,
wird z.T. vom Männchen gefüttert; Nestlingszeit:
18 - 21 Tage. Beide Partner füttern. |
Während der Balz folgt das Männchen dem Weibchen im Flug und
präsentiert sich im balzend auf einen Zweig, indem es mit den
Flügeln zittert und die Federn von Kopf und Brust spreizt.
Wie alle
echten Meisen ist auch die Tannenmeise ein Höhlenbrüter. Da
in dunklen Nadelwäldern Spechthöhlen recht rar sind, baut
das Weibchen das Nest auch in ausgefaulte Baumstümpfe,
Wurzelstöcke und sogar in Mäuselöcher. Auch werden
Nistkästen angenommen. |
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Bild:
Frank Hecker |
Das Nest wird vom Weibchen
alleine gebaut - dazu benötigt es ca. 1 Woche |
Die Tannenmeise legt ihr Nest nicht nur in Baumhöhlen,
sondern auch in Felshöhlen, Erhöhlen und Erdspalten an. Das Nest
besteht aus Moos, kleinen Wurzeln, Flechten und Wolle.
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Das Gelege der Tannenmeise
besteht zumeist aus 5 - 12 weißen und rötlich gesprenkelten
Eiern, die vom Weibchen 14 - 16 Tage bebrütet werden. |
Meisennistkästen werden ebenso angenommen, auch wenn diese
etwas höher aufgehängt werden |
Bild: Frank Hecker |
Bergwaldbewohnende Tannenemeisen fertigen für
das Nest oft einen Unterbau aus Flechten.
Die
Nestlingszeit der Jungen dauert 18 - 21 Tage. Die Jungen
werden von beiden Alttieren gefüttert. Die jungen
Tannenmeisen erkennt man an der gelblichen Färbung von
Wangen, Nackenfleck und der Unterseite. |
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Bild:
Frank Hecker |
Nachwuchs bei den
Tannenmeisen |
Tannenmeisen ähneln kleinen, unscheinbaren Ausgaben von
Kohlmeisen. Sie sind rastlos wirkende Vögel mit relativ großem Kopf
und glänzend schwarzer Kopfkappe, weißem, länglichem Nackenfleck und
weißen Wangen. Als einzige mitteleuropäische Meise haben sie eine
doppelte weiße Flügelbinde.
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Gut zu erkennen, die beiden
weißen Flügelbinden |
Die
Tannenmeise - die kleinste Meise Europas |
Bild: Gunther Zieger |
Die Tannenmeise ist in Bayern ein sehr häufiger Brutvogel der in
allen Landesteilen vorkommt. Kleinere Verbreitungslücken gibt es
lediglich in fast waldfreien Naturräumen, wie z.B. im
niederbayerischen Gäuboden und im mainfränkischen Ochsenfurter- und
Gollachgau. In den Waldgebieten entlang der Gollach ist sie jedoch
vertreten. Unter den 20 häufigsten Brutvogelarten nimmt die
Tannenmeise Platz 12 ein. Die Bestandsschätzung für Bayern wird mit
ca. 240.000 - 640.000 BP angegeben. Die große Diskrepanz bei der
Angabe, kann durch geringes Samenangebot sowie lange schneereiche,
frostige Winter, nasse Frühjahre mit wenig Insektennahrung, und an
Abwanderungen bei hoher Populationsdichten, erfolgen. Die
Tannenmeise gilt momentan in Bayern als "Nicht gefährdet".
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Die Tannenmeise ist in Bayern
nicht gefährdet. Die Bestände sind stabil. |
Der
höchst gelegene Brutplatz in Bayern liegt bei 1890 m |
Bild: Gunther Zieger |
Die Tannenmeise ist in Bayern nicht gefährdet. Gleichwohl sind als
Folge von Insektenkalamitäten in tiefer gelegenen Lagen und von
Immissionsschäden in den Hochlagen sowie Borkenkäferkalamitäten
lokale Arealverluste und Dichteabnahmen zu vermuten. Es hängt also
von der Entwicklung solcher Erscheinungen ab, ob mittelfristig neue
Verbreitungslücken entstehen.
ORDNUNG
Sperlingsvögel |
FAMILIE
Meisen |
GATTUNG & ART
Periparus ater |
Vielen Dank an meine Bildreferenten!
Gefährdungsgrad nach der neuen Roten Liste Bayern 2016
0
= Ausgestorben oder verschollen
1 = Vom Aussterben bedroht
2 = Stark gefährdet
3 = Gefährdet
R = Extrem seltene Art und Arten mit geographischer
Restriktion
V = Vorwarnliste
* =
Nicht gefährdet
Bestandsgrößen (soweit dies uns
vorliegt)
ex = erloschen
es
= extrem selten / geographische Restriktion
ss = sehr selten
s = selten
mh = mäßig häufig
h = häufig
nb = nicht bewertet
kN = kein nachweis oder nicht etabliert (nur in
Regionallisten)
Die "Vögel des Jahres seit 1970"
Gefaehrdete Allerweltsvogelarten.php
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