|
Die Wildbienen des Jahres seit 2013
Warum die Wildbiene des Jahres?
Wildbienen spielen im Naturhaushalt eine Schlüsselrolle. Sie
sorgen gemeinsam mit der Honigbiene wie keine anderen Insekten für die
Bestäubung unserer Wild- und Kulturpflanzen.
Viele Wildbienen sind heute in hohem Maße bedroht, weil ihre
Lebensräume vielfach verloren gegangen sind und Pestizide in der
Landwirtschaft zu erheblichen Bestandsverlusten geführt haben.
Wildbienen gehören trotz ihrer hohen Artenzahl von über 500 allein
in Deutschland (derzeit sind 585 Arten für Deutschland
nachgewiesen) zu den weithin unbekannten Wesen unserer Tierwelt. Das
soll sich ändern! Denn die Wildbiene des Jahres soll dazu ermuntern,
"in die Natur" zu gehen und das Tier in seinem Lebensraum aufzusuchen.
Damit wirkt die Initiative auch im Sinne einer Wissenschaft für alle
(citizen science) und bringt mehr Klarheit über das aktuelle Vorkommen
der "Wildbiene des Jahres".
Das Kuratorium "Wildbiene des Jahres" ist beim Arbeitskreis
Wildbienen-Kataster angesiedelt, einer Sektion des Entomologischen
Vereins Stuttgart 1869 e.V.
Gehen wir also auf die Suche nach der Wildbiene des Jahres, lernen
wir ihre Lebensweise kennen und kümmern wir uns um ihren Schutz!
Jahr |
Wildbiene |
wissenschaftlicher Name |
2013 |
Die Zweifarbige Schneckenhausbiene |
Osmia bicolor |
2014 |
Die Garten-Wollbiene |
Anthidium manicatum |
2015 |
Die Zaunrüben-Sandbiene |
Andrena florea |
2016 |
Die Bunte Hummel |
Bombus sylvarum |
2017 |
Die Knautien-Sandbiene |
Andrena hattorfiana |
2018 |
Die Gelbbindige Furchenbiene |
Halictus scabiosae |
2019 |
Die Senf-Blauschillersandbiene |
Andrena agilissima |
2020 |
Die Auen-Schenkelbiene |
Macropis europaea |
2021 |
Die Mai-Langhornbiene |
Eucera nigrescens |
2022 |
Die Rainfarn-Maskenbiene |
Hylaeus nigritus |
2023 |
Die Frühlings-Seidenbiene |
Colletes cunicularius |
2024 |
Die Blauschwarze Holzbiene |
Xylocopa violacea |
Die Frühlings-Seidenbiene, ist die "Wildbiene des Jahres
2023"
Das Kuratorium "Wildbiene des Jahres" hat für 2023 eine Biene
gewählt, die auf den ersten Blick der häufigen Honigbiene ähnelt. Die
Frühlings-Seidenbiene gehört zur Gattung der Seidenbienen, die in
Deutschland 14 Arten umfasst. Als eine der ersten Wildbienen im Jahr
fällt die Frühlings-Seidenbiene schon im März an ihren Nistplätzem
durch ihr Schwärmverhalten auf.
Im Gegensatz zu den anderen
Seidenbienen trägt die Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularius)
nur undeutliche Haarbinden auf dem Hinterleib. Die Weibchen wirken
durch die dichte Behaarung an Kopf und Brustsegment sehr kompakt.
Frisch geschlüpfte Tiere tragen ein lebhaft rostbraun gefärbtes
Haarkleid auf dem Brustsegment, das an den Seiten und zur Unterseite
hin allmählich heller wird. Der Kopf ist vor allem bei den Männchen
heller behaart. Mit 11 - 14 mm Körpergröße ist die Art die größte
Seidenbiene in Deutschland.
|
Die Weibchen der Frühlings-Seidenbiene wirken mit ihrer
dichten rotbraunen Behaarung auf dem Brustsegment fast schon
hummelartig "dick".
Ein Weibchen an Salix (Weide).
|
Die Frühlings-Seidenbiene, hier ein
Weibchen, ist die Wildbiene des Jahres 2023 |
Bild: © Ulrich Maier |
Weidenpollen sind der Favorit
Die Frühlings-Seidenbiene
ist eine der ersten Wildbienen im Jahr, deren "Schwärmen" aufgrund der
oft großen Zahl von Tieren an ihren Nistplätzen schon im März
auffällt. Vor rund 20 Jahren galt die Art noch als streng auf
Weidenblüten spezialisiert. Heute weiß man, dass ihr Blütenbesuch
wesentlich flexibler ist und sie nicht ausschließlich vom Angebot an
Weidenpollen abhängt. Auch die frühe Blüte von Obstbäumen, Ahornen
oder Eichen wird genutzt. Dennoch zeigt die Frühlings-Seidenbiene eine
deutliche Bevorzugung von Weidenblüten (Salix).
Die Wildbiene
des Jahres ist eine ausgesprochene Pionier-Art. Sie ist in der Lage,
neu entstehende Lebensräume zu besiedeln. Ursprünglich sicher eine
Bewohnerin der Flussauen mit ihren Uferwäldern und -gebüschen, kommt
die Frühlings-Seidenbiene regelmäßig in flussnahen Sand- und
Kiesgruben und auch im Siedlungsraum vor.
Auf Sand gebaut
Die Nester werden auf ebenen oder schwach geneigten Flächen
angelegt, häufig in Hochwasserdämmen, mageren Wiesen oder auch in
Sandkästen von Spielplätzen. Pro Nest werden bis zu sechs Brutkammern
am Ende von Gängen angelegt, die bis zu 50 cm in das Erdreich führen.
Auf nicht nur schütter bewachsenen Bodenstellen, bevorzugt in sandigem
Substrat, können Frühlings-Seidenbienen große Kolonien bilden, in
denen mehrere hundert Weibchen ihre Nester anlegen. Das erweckt den
Eindruck, als handele es sich um einen Staat aus vielen Arbeitsbienen
wie bei der Honigbiene. Doch Colletes cunicularius
ist eine
Solitärbiene, d.h. jedes Weibchen versorgt das eigene Nest unabhängig
von der oft sehr zahlreichen Nachbarschaft. Das Versorgen der
Brutzellen mit Pollen dauert etwa sechs Wochen, dann sterben die
Weibchen. Im Mai scheinen die Niststätten daher "verwaist" zu sein. Im
Boden entwickeln sich die Larven zur neuen Seidenbienen-Generation,
die früh im kommenden Jahr ausfliegt.
Teilordnung |
Überfamilie |
Familie |
Gattung |
Art |
Stechimmen |
Apoidea |
Collefidae |
Seidenbienen |
Frühlings-Seidenbiene |
|
umfasst Bienen und die Grabwespen |
Solitärbienen |
|
|
Regelmäßig auch in Sandkästen anzutreffen
Durch das häufige
Vorkommen im Siedlungsraum kommt es immer wieder zu Begegnungen von
Menschen mit der Biene des Jahres 2023. Das Nistverhalten von Colletes
cunicularius sorgt immer wieder für Aufregung, denn regelmäßig siedeln
sich Bienen in Sandkästen von Spielplätzen und Kindertagesstätten an.
Oft sehen Erzieherinnen und Erzieher darin eine Gefahr für die
Kinder. Zu Beginn der Flugzeit sind jedoch die auffällig "hektischen"
Männchen unterwegs, die gar keinen Stachel haben. Die dann fliegenden
Weibchen besitzen einen sehr schwachen Stachel, den sie nur in
äußerster Gefahr einsetzen, etwa, wenn sie in der Hand gequetscht
werden. Ein solcher - sehr seltener - Stich ist harmlos, allergische
Reaktionen sind nicht bekannt. Die Weibchen fliegen gezielt ihre
Nester an und bringen den Pollen rasch in die Brutkammern.
Das
Management einer solchen Nistkolonie ist einfach: Am besten wird der
am intensivsten angeflogene Bereich durch Holzpflöcke und ein
gestreiftes Flatterband gekennzeichnet. Dort sollten keine Kinder
spielen, um die Brut der geschützten Seidenbienen zu erhalten. Nach
etwa sechs Wochen ist die Flugzeit vorüber, die Nester sind versorgt
und verschlossen, alle adulten Seidenbienen sind gestorben. Der
Sandkasten gehört nun wieder ganz den Kindern. Als "Sandkastenbiene
fällt auch die spät im Jahr fliegende Efeu-Seidenbiene (Colletes
hederae) auf. Auch hier sind die Niststätten so pragmatisch zu managen
wie bei der Frühlings-Seidenbiene.
Kuckucksbiene mit blutrotem
Hinterleib
An den Nistplätzen der Frühlings-Seidenbiene ist ab
etwa Mitte April regelmäßig eine sehr auffällige Kuckucksbiene mit
blutrotem Hinterleib anzutreffen. Die Färbung und die Größe von 11 bis
23 mm kennzeichnen die Riesen-Blutbiene (Sphecodes albilabris)
eindeutig. Deren Weibchen schmuggeln ihre Eier in die Nester der
Frühlings-Seidenbiene. Die Larven von Sphecodes albilabris ernähren
sich vom eingetragenen Pollenvorrat der Seidenbienen.
Hintergrund
Seit 2013 wählt das Kuratorium "Wildbiene des Jahres" jährlich eine
besonders interessante Wildbienenart aus, um einen Einblick in die
faszinierende Welt der Wildbienen zu ermöglichen. Zudem wird betont,
dass diese für den Menschen ungeheuer nützlichen Tiere heute in ihrem
Bestand bedroht sind. Zugleich soll die Wildbiene des Jahres dazu
ermuntern, in die Natur zu gehen und das Tier in seinem Lebensraum
aufzusuchen. Damit wirkt die Initiative auch im Sinne einer
Wissenschaft für alle (Citizen Science)
und bringt mehr Klarheit über das aktuelle Vorkommen der Wildbiene des
Jahres.
Das Kuratorium "Wildbiene des Jahres" ist beim
Arbeitskreis Wildbienen-Kataster angesiedelt, einer Sektion des
Entomologischen Vereins Stuttgart 1869 e.V. am Naturkundemuseum
Stuttgart.
Herzlichen Dank an Frau Dr. Mare Haider, Sprecherin des AK
Wildbienen-Kataster, für den Pressetext und die Möglichkeit ein Bild
von Herrn Ulrich Maier, veröffentlichen zu
dürfen.
zurück
|
|