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Die Seevögel des Jahres seit 2014
Der Verein Jordsand
e.V. aus Ahrensburg (Schleswig-Holstein) ernennt jedes Jahr den
"Seevogel des Jahres"
Der Austernfischer war der erste "Seevogel des Jahres" aus dem
Jahre 2014
Jahr |
Seevogel |
Familie |
wissenschaftlicher Name |
2014 |
Austernfischer |
Austernfischer |
Haematopus ostralegus |
2015 |
Brandseeschwalbe |
Seeschwalben |
Thalasseus sandvicensis |
2016 |
Basstölpel |
Tölpel |
Morus bassanus |
2017 |
Eisente |
Entenvögel |
Clangula hyemalis |
2018 |
Sandregenpfeifer |
Regenpfeifer |
Charadrius hiaticula |
2019 |
Eiderente |
Entenvögel |
Somateria mollissima |
2020 |
Flussseeschwalbe |
Seeschwalbe |
Sterna hirundo |
2021 |
Weißwangengans |
Entenvögel |
Branta leucopsis |
2022 |
Eissturmvogel |
Sturmvögel |
Fulmarus glacialis |
2023 |
Brandseeschwalbe |
Möwenverwandte |
Thalasseus sandvicensis |
2024 |
Sterntaucher |
Seetaucher |
Gavia stellata |
Der Sterntaucher (Gavia stellata) ist der Seevogel des Jahres 2024
-
der Seetaucher mit dem braunroten Vorderhals
Der Verein Jordsand hat den Sterntaucher (Gavia stellata)
zum Seevogel des Jahres 2024 gekürt. Der kleinste Vertreter der
Seetaucherarten verdankt seinen Namen den weißen sternchenartigen
Sprenkeln auf dem grauen Gefieder seines Winterkleides und seiner
Nahrungssuche: von den Füßen propellerartig angetrieben, taucht er auf
der Suche nach fettreichen Fischarten durchs Wasser.
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Sterntaucher sind die kleinsten und zierlichsten
Seetaucher und sind nur wenig größer als der Haubentaucher.
Ihr Schlichtkleid ist wie bei allen Seetauchern oberseits im
wesentlichen grau, mit feinen weißen Flecken übersät.
Unterseits ist der Sterntaucher weiß. |
Der Sterntaucher - Seevogel des
Jahres 2024 |
Bild: © Sven Sturm |
Der Sterntaucher gehört zu den Kurz- bis Langstreckenziehern mit
zirkumpolarer (Geographie) Verbreitung von Europa, über Asien bis nach
Nordamerika. Zur Mauser oder zur Überwinterung kommen die in
Skandinavien, Nordrussland, Spitzbergen und Grönland brütenden Vögel
in die Meeresgebiete der Nord- und Ostsee. Bis zu 20 Prozent des
Europäischen Winterbestandes finden sich in der Deutschen Nordsee ein,
was dieses Meeresgebiet zu einem international wichtigen Rastgebiet
macht. Die Fragmentierung und Verkleinerung der Lebensräume durch
menschliche Aktivität stellt hier eine schwerwiegende Belastung für
den Sterntaucher dar - allen voran der zunehmende Ausbau der
Offshore-Windkraft in den letzten zehn Jahren.
"Der intensive
Ausbau der Offshore-Windkraft stellt eine starke Bedrohung für den
Sterntaucher dar, da er die Windparkareale weiträumig meidet", sagt
Dr. Veit Hennig, 1.Vorsitzender des Vereins Jordsand und Dozent für
Ornithologie und Stadtökologie, der Universität Hamburg.
Typisch für den Sterntaucher ist
der
schräg nach oben gehaltene Kopf und der leicht aufgeworfene
Schnabel. Im Prachtkleid wirkt auf die Entfernung der
braunrote Vorderhals oft ausgesprochen dunkel. |
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Bild: © Ralph Martin |
Sterntaucher im Prachtkleid |
Bei der Ausweisung von Vorranggebieten für Offshore-Windparks
gibt es oft Überlappungen mit Verbreitungsgebieten von küstennah
vorkommenden Seevogelarten wie dem Sterntaucher und auch dem
Prachttaucher (Gavia arctica), da wichtige Lebensräume an bestimmte
Kriterien wie eine geringe Wassertiefe und damit optimale
Jagdbedingungen gebunden sind. Der Sterntaucher kommt genau in diesen
Meeresbereichen während der Überwinterung vor, der scheue Vogel
reagiert aber gleichwohl sehr empfindlich auf Störungen. Neueste
Studien zeigen Meide-Radien gegenüber Offshore-Windparkgebieten von
über 10 Kilometern. Daher führt der Ausbau von Offshore-Windparks -
auch in Kombination mit erhöhtem Schiffsverkehr - zu Habitatverlust,
Habitatverkleinerung und Habitatverschiebung. Weitere Studien, die
einen Lanfzeitdatensatz zur Verbreitung dieser Art in den deutschen
Überwinterungsgebieten in der Nordsee analysiert haben, zeigen eine
deutliche Verbreitungsverschiebung von vorher großflächigen zu
erheblich kleineren Gebieten, die sich zwischen den Windparkgebieten
konzentrieren. Diese erhöhte Akkumulation in kleineren Gebieten führt
zu erhöhten Stressbelastungen durch Konkurrenz um Lebensraum und
Nahrung.
Fortpflanzung
Ihre Nahrung, hauptsächlich
sind es Fische, jagen Sterntaucher in Küstennähe im Meer oder auf
Binnengewässern. Die Nester der Sterntaucher stehen wie bei allen
Seetauchern nahe am Wasser, mitunter auch in kleinen Kolonien, immer
an Binnenseen, nicht selten bis herunter zu kleinen, sumpfigen
Wasserlöchern. Sterntaucher können auch an sehr kleinen Seen brüten,
denn sie benötigen zum Start von der Wasseroberfläche deutlich weniger
Anlaufstrecke als die größeren Seetaucher. Als exzellente Taucher
schwimmen Seetaucher meist tief im Wasser liegend. Ihre Füße sind
dabei weit hinten am schlanken Körper eingelenkt, so dass die schweren
Vögel auf dem Land nicht gehen können, denn sie würden vornüber
kippen. Alle Vorderzehen sind mit einer großen Schwimmhaut verbunden.
Meist liegt das Nest von einer Bulte (Bodenerhebung mit Moos und
Gräsern bewachsen) geschützt in Wassernähe. Gelegentlich bilden
mehrere Paare eine Brutkolonie. Männchen und Weibchen bebrüten das
Gelege, das aus ein bis zwei Eiern besteht. Beide Partner kümmern sich
auch um die Jungen, die zunächst mit kleinen Wasserinsekten, oder
Krebstieren, später kommen Fische hinzu, füttern. Nach wenigen Tagen
beginnen die jungen Sterntaucher bereits, selbst Nahrung zu erbeuten.
Etwa sieben Wochen brauchen sie, bis sie selbst flügfähig werden.
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Meist liegt das Nest von einer Bulte geschützt in
Wassernähe. Männchen und Weibchen bebrüten, überwiegend das
Weibchen, das aus ein bis zwei Eiern bestehende Gelege
gemeinsam. |
Gelege des Sterntauchers - ein Ei |
Bild: © Naturfoto Frank Hecker |
Die Eier werden in einem Abstand von 24 bis 36 Stunden gelegt.
Sterntaucher ziehen in einem Jahr nur eine Brut hoch. Nur wenn ein
Gelege am Beginn der Bebrütung verloren geht, sind die Sterntaucher in
der Lage, ein zweites Gelege zu bilden. Die Bebrütung beginnt mit der
Ablage des ersten Eis. Die Jungen können aber auch am selben Tag
schlüpfen.
Die Küken sind zu Beginn nicht in der Lage
selbstständig zu fressen, obwohl sie in der Lage sind vom ersten Tag
an zu schwimmen und zu tauchen. Sie werden von beiden Elterntieren
gefüttert. Die Nahrung wird oft an anderer Stelle, als der Brutplatz,
erbeutet und an das Nest gebracht, bis 50 mal an einem Tag. Die jungen
Sterntaucher erbetteln sich die Nahrung bei den Alttieren.
Der Bruterfolg der Sterntaucher,
hängt auch davon ab, wie das Brutgeschehen nicht beunruhigt
wird. Der Weltbestand wurde im Jahr 2002 mit ca. 490.000 -
1,5 Millionen Individuen angegeben. Der europäische
Brutbestand beträgt ca. 32.000 - 90.000 BP. |
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Bild: © Naturfoto Frank Hecker |
Jungtier erbettelt Nahrung von einem Elterntier. |
Die Brutbestände in Europa haben in den letzten Jahrzehnten abgenommen
und so gilt die Art als potenziell gefährdet. Trockenlegung von
sumpfigen Gebieten und die zunehmenden Störungen durch
Freizeitaktivitäten, haben selbst in Skandinavien zu Rückgängen
geführt. Auch wurde in Sterntauchereiern gefährliche Konzentrationen
von Quecksilber nachgewiesen.
Besonders im Bereich westlich von
Sylt finden sich hohe Sterntaucher-Vorkommen, weswegen das
Vogelschutzgebiet "Östliche Deutsche Bucht" und ein sogenanntes
Seetaucher-Hauptkonzentrationsgebiet im Jahre 2009 ausgewiesen wurde.
Betrachtet man hier den Zeitraum 2013 bis 2017, also einen Zeitraum,
in dem der Ausbau der Offshore-Windkraft vermehrt stattgefunden hat,
dann zeigt sich ein abnehmender Populationstrend und eine starke
Verschiebung des Verbreitungsgebietes. (Dr. Birgit Kleinschmidt &
Prof. Dr. Petra Quillfeldt, Justus-Liebig-Universität Gießen).
Ordnung |
Familie |
Gattung |
Art |
Seetaucherartige |
Seetaucher |
Seetaucher |
Sterntaucher |
Der Sterntaucher wird in der Roten Liste wandernder Vogelarten
Deutschlands als stark gefährdet gelistet. Er wird durch mehrere
Konventionen geschützt und gehört zu den sieben Seevogelarten, die in
der Europäischen Vogelschutzrichtlinie besonders geschützt sind. Die
Mitgliederstaaten sind verantwortlich, entsprechende Schutzmaßnahmen
zu erstellen und dabei Schutzgebiete auszuweisen, welche zahlen- und
flächenmäßig am geeignetsten sind, um eine ausreichende Vielfalt und
Größe der Lebensräume zu erhalten oder wiederherszustellen.
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Nicht nur die Offshoreanlagen oder die Schwermetalle in
den Meeren sind Gefahren für die Sterntaucher sondern auch die
Fischernetze in denen sie ertrinken, aber auch Angelschnüre
können ihnen gefährlich werden. |
Bedroht! Sterntaucher der sich in
Angelschnüren verfangen hat |
Bild: © Gunther Zieger |
"Die Windkraft stellt ein wichtiges Element dar, um die
Energiewende und die Ausbauziele der Bundesregierung voranzutreiben,
bedeutet gleichzeitig aber auch einen massiven Eingriff in marine
Ökosysteme. Der Verein Jordsand fordert den Ausbau der erneuerbaren
Energieform mit Bedacht. Auch Deutschland hat das UN-Abkommen vom
4.3.2023 zum Schutz der hohen See einhellig begrüßt. Bedingungslose
Schutzgebiete müssen in einem maximalen Verhältnis zu Bereichen mit
Offshore Windkraft festgelegt werden. Deutschland muss in der Allianz
für den internationalen Meeresschutz genau jetzt ein
Verantwortungsbewusstsein zeigen, das Vorzeigecharakter hat". (Dr.Veit
Hennig)
"Schutzgebiete müssen großräumig freigehalten bleiben
bleiben, sonst haben wir mit Windparks die Klimakrise ein Stück weit
gelöst, aber die Biodiversitätskrise noch massiv verschärft". (Prof.
Dr. Stefan Garthe, Beirat des Vereins Jordsand und Direktor des
Forschungs- und Technologiezentrums Westküste der Universität Kiel).
Neben dem Sterntaucher zeigen auch andere Seevogelarten wie die
Trottellume (Uria aalge) oder der Basstölpel (Morus
bassanus) starke
Meide-Reaktionen gegenüber Offshore-Windparks.
Schon ab August / September ziehen
die ersten Sterntaucher von ihren Brutgewässern an die Küste.
Bevor sie dann in ihre Überwinterungsgebiete starten, müssen
sie aber zuerst noch die Mauser hinter sich bringen. (Von
August bis in den September hinein)Dabei verlieren sie alle
Schwungfedern gleichzeitig und werden so vorübergehend
flugunfähig.
Erst wenn das Großgefieder wieder
nachgewachsen ist, wandern die meisten, jetzt im
Schlichtkleid, in ihr Winterquartier. Eines der wichtigsten
Wintergebiete, der europäischen Brutvögel, liegt an den
atlantischen Meeresküsten. |
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Bild: © Naturfoto Frank Hecker |
Zuerst die Mauser dann in das
Überwinterungsgebiet |
An der Ostseeküste stellt die Stellnetzfischerei eine weitere
Bedrohung des Sterntauchers und ähnlicher Vogelarten dar, da diese
darin als Beifang enden - und das in noch völlig unbekannter
Dimension, da keine Verluste dieser Arten in Stellnetzen gemeldet
werden. Auch hier ist ein Umdenken dringend notwendig. Die
freiwilligen Einschränkungen der Fischerei reichen für die stark
bedrohten Arten nicht aus, um die Bestände nicht zusätzlich zu
gefährden.
Merkmale des
Sterntauchers
Länge: ca. 53 - 69 cm;
Flugspannweite: ca. 106 - 116 cm. Gewicht: 990 - 2500 g.
Stimme: Flugrufe gänseartig "gak gak" - während der Balz, wie
"ok-ok-ärr". Brutzeit: Ende Mai / Anfang Juni bis in den
September. Gelegegröße: 2 (1 - 3). Normalerweise eine
Jahresbrut. Eifärbung: oliv- bis dunkelbraun, schwarz-braun
gefleckt. Brutdauer: 25 - 30 Tage. Nestlingszeit:
Nestflüchter - die Küken werden 6 - 8 Tage an Land gehudert,
mit 1 - 3 Tagen können die Jungtiere schon tauchen |
Hintergrund Verein Jordsand:
Der "Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V."
ist einer der ältesten Naturschutzverbände in Deutschland. Seit 1907
schützen die haupt- und ehrenamtlichen Vogelwarte/innen die letzten
Rückzugsräume für Seevögel und Meeressäuger. Zurzeit betreut der
Naturschutzverein 20 Schutzgebiete in den Bundesländern Hamburg,
Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Neben
der naturschutzfachlichen Betreuung im Auftrag der Bundesländer sowie
von vereinseigenen Naturflächen, forscht der Verein in
Verbundprojekten im Bereich Seevogelschutz und bietet naturkundliche
Führungen sowie insbesondere Umweltbildungsprogramme für Kinder und
Jugendliche an.
Vielen Dank an Herrn Malte Matzen, Verein
Jordsand e.V., Geschäftsstelle, Ahrensburg, für den Pressetext
und die Möglichkeit Bilder von Herrn Sven Sturm, Herrn Ralph Martin
zeigen zu dürfen. Vielen Dank auch an Herrn Gunther Zieger und Herrn
Frank Hecker für Ihre Naturaufnahmen.
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