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Die Seevögel des Jahres seit 2014


Der Verein Jordsand e.V. aus Ahrensburg (Schleswig-Holstein) ernennt jedes Jahr den "Seevogel des Jahres"




Der Austernfischer war der erste "Seevogel des Jahres" aus dem Jahre 2014


Jahr Seevogel Familie wissenschaftlicher Name
2014 Austernfischer Austernfischer Haematopus ostralegus
2015 Brandseeschwalbe Seeschwalben Thalasseus sandvicensis
2016 Basstölpel Tölpel Morus bassanus
2017 Eisente Entenvögel Clangula hyemalis
2018 Sandregenpfeifer Regenpfeifer Charadrius hiaticula
2019 Eiderente Entenvögel Somateria mollissima
2020 Flussseeschwalbe Seeschwalbe Sterna hirundo
2021 Weißwangengans Entenvögel Branta leucopsis
2022 Eissturmvogel Sturmvögel Fulmarus glacialis
2023 Brandseeschwalbe Möwenverwandte Thalasseus sandvicensis


Die Brandseeschwalbe (Thalasseus sandvicensis) ist der Seevogel des Jahres 2023


Der Verein Jordsand hat die Brandseeschwalbe (Thalasseus sandvicensis) zum "Seevogel des Jahres 2023" ernannt. Der Naturschutzverein hat die Art ausgewählt, da sie in der Brutzeit 2022 von einer noch nie dagewesenen Vogelgrippe-Epidemie betroffen war. In Nordwesteuropa starben zigtausende Vögel an der Vogelgrippe. Das war für die Vogelschützer/innen Anlass, die "vom Aussterben bedrohte" Vogelart erneut zum Seevogel des Jahres 2023 zu ernennen, obwohl ihr dieser Titel bereits 2015 zuerkannt worden war. "Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen - die erneute Benennung einer Art ist ein Novum in der Geschichte des Seevogels des Jahres und verdeutlicht, wie stark die Brandseeschwalbe aktuell gefährdet ist", so Dr. Veit Henning, erster Vorsitzender des Vereins Jordsand.



Brandseeschwalbe ist der Seevogel des Jahres 2023 - zum zweiten Mal (Bild: © Markus Glässel) Die Wahl auf die Brandseeschwalbe sei zum zweiten Mal, nach 2015, auf die in Deutschland "Vom Aussterben bedrohte" Vogelart gefallen, weil sie in der Brutzeit 2022 von einer schlimmen Vogelgrippe-Epidemie betroffen war.
Brandseeschwalbe - Seevogel des Jahres 2023 Bild: © Markus Glässel



Während die Vogelgrippe bisher besonders im Winterhalbjahr auftrat und dann vor allem Gänse und Enten betraf, verbreitete sich das Virus dieses Jahr hingegen auch während der Brutzeit, mit verheerendem Ausgang für koloniebrütende Seevogelarten. neben Brandseeschwalben waren vor allem auch Flussseeschwalben, Kormorane, Lachmöwen und Basstölpel betroffen. Die Brandseeschwalbe als Seevogel des Jahres 2023 steht somit auch stellvertretend für andere in Nord- und Ostsee von der Vogelgrippe betroffene See- und Küstenvögel.

Die Brandseeschwalbe hat eine Körperlänge von ca. 40 Zentimetern. Ihr kurzer Schwanz ist gegabelt. Die Oberseite der Flügel ist hellgrau gefärbt. Die Unterseite und der Hals sind weiß, die Kopfplatte und der charakteristische zerzauste Schopf im Nacken ist schwarz. Im Schlichtkleid ist die Stirn weiß. Die Brandseeschwalbe hat kurze Beine. Beide Geschlechter unterscheiden sich nicht.

Ihr Vorkommen liegt beiderseits des Atlantiks, auch ist sie am Schwarzen Meer und am Mittelmeer verbreitet. Hier bei uns in Deutschland brüten Brandseeschwalben an der Nord- und Ostsee. Im Binnenland sieht man die Vögel so gut wie nie.




Brandseeschwalben sind treffsichere Stoßtaucher, die sich von kleinen Fischen ernähren. Daneben erbeuten sie Würmer und Schnecken und auch Krebse. Eine Brandseeschwalbe schüttelt Wasser ab (Bild: © Markus Glässel)
Bild: © Markus Glässel Eine Brandseeschwalbe schüttelt Wasser aus ihrem Gefieder



Aus der Ferne erkennt man die Brandseeschwalbe vor allem an den rauen kratzigen Rufen. Von nahem, erkennt man die schwarze Kopfplatte und die kleine struppige Hinterkopfhaube, den schwarzen Schnabel mit gelber Spitze und die schwarzen Beine. Sie wirkt auch viel heller als andere Seeschwalben. Jungvögel haben keine helle Schnabelspitze. Außerdem sind sie oberseits viel feiner und undeutlicher gemustert.

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Die aktuelle Entwicklung am Beispiel der Brandseeschwalbe zeigt, wie sensibel die ohnehin gefährdeten Seevogelbestände auf unkalkulierbare Ereignisse wie die Vogelgrippe reagieren und führt uns noch einmal drastisch vor Augen, dass wir alles in unserem Einflussbereich Stehende zum Schutz unserer Seevögel umsetzen müssen. Der erhebliche Verlust von natürlichen und ungestörten Lebensräumen in den letzten Jahrzehnten hat bereits viele Seevogelarten an den Rand des Aussterbens gebracht. Sollte das aktuelle Massensterben aufgrund der Vogelgrippe weitergehen, könnten Teilpopulationen bereits stark gefährdeter Arten wie der Brandseeschwalbe in Deutschland für immer verschwinden", fürchtet Hennig. Daher fordert der Verein Jordsand die Schaffung sowie Ausweisung und Unterschutzstellung von weiteren Brut- und Rastplätzen der Seevögel, damit sich die Bestände der Arten wieder erholen können. Größere und stärker verteilte Populationen können Krankheiten und Seuchen wie die Vogelgrippe besser überstehen.


Hier können Sie die Stimme der Brandseeschwalbe hören Referent: Dr.Karl-Heinz Frommelt


Die Brandseeschwalbe ist ein Koloniebrüter und bildet im Wattenmeer nur einzelne, dafür aber oft riesige Kolonien. Pro Quadratmeter können 10 bis 12 Paare unterkommen. Nur ungestörte Brutplätze werden von den Vögeln akzeptiert. Brandseeschwalben sind Bodenbrüter. Die Nester werden auf völlig kahlen Dünen- und Strandbereichen sowie auf spärlich bewachsenen Flächen gebaut. Es wird eine kleine Mulde angelegt, in die das Weibchen ab Ende April 1 bis 2 Eier legt. Die Jungen Brandseeschwalben sind mit etwa 35 Lebenstagen flügge. Es gibt nur eine Jahrebrut bei den Brandseeschwalben.



Brandseeschwalbe mit Küken - Norderoog (Bild: © Ulrich Bolm-Audorff) Brandseeschwalben bewohnen Meeresküsten mit reinem Sandstrand ohne Muschelschalen und meist ohne bis höchstens spärlicher Vegetation.
Brandseeschwalbe mit Küken - Norderoog Bild: © Ulrich Bolm-Audorff



Bereits vor dem katastrophalen Vogelgrippeausbruch galt die Brandseeschwalbe in Deutschland laut der aktuellen Roten Liste als vom Aussterben bedroht. "Die in Deutschland brütenden Brandseeschwalbenpaare verteilen sich auf nur wenige Koloniestandorte an Nord- und Ostsee", so Hennig. "Die Art brütet fast ausschließlich in Schutzgebieten, die aufgrund ihrer Insellage für Prädatoren nur unter erschwerten Bedingungen erreichbar sind und in denen eingeschränkte Betretungsmöglichkeiten Schutz vor menschlichen Störungen  bieten".


Unterklasse: Ordnung: Familie: Unterfamilie: Gattung: Art:
Neukiefervögel* Regenpfeiferartige Möwenverwandte Seeschwalben Thalasseus** Brandseeschwalbe


* Die Neukiefervögel (Neognathae) bilden eine der beiden Unterklassen der Vögel und umfassen mit etwa 9000 Arten den überwiegenden Anteil der Vogelvielfalt, darunter die Sperlingsvögel (Passeriformes) mit über 6500 Arten.

** Thalasseus ist eine Gattung aus der Unterfamilie der Seeschwalben (Sterninae). Thalasseus bedeutet wörtlich "Geschöpf des Meeres" und umfasst insgesamt sechs rezente (in der heutigen Zeit lebend) Arten, die weltweit verbreitet und bekannt sind.


Neben Störungen durch Menschen und den Einfluss von Prädatoren gefährden die industrielle Überfischung ihrer Nahrungsfische (Sandaale, Heringe und Sprotten) und die Folgen des Klimawandels die Brandseeschwalbe. An der Nordseeküste haben die Häufigkeiten und Intensitäten der als "Kükenfluten" bezeichneten Sturmfluten während der Brutzeit in den letzten Jahren zugenommen, wodurch es regelmäßig zu Verlusten von Gelegen und Jungvögeln kommt. Zudem können veränderte Wassertemperaturen und Strömungsverhältnisse das zeitlich Auftreten von Nahrungsfischen im Umfeld der Brutkolonien beeinflussen.



Zwischen den Nahrungsgebieten und den Brutplätzen können Entfernungen von über 50 Kilometer liegen. Brandseeschwalbe füttert (Bild: © Markus Glässel)
Bild: © Markus Glässel Brandseeschwalbe füttert



Auch außerhalb der Brutzeit und zur Zugzeit (ab Ende März und im Herbst bis Anfang Oktober) ist die Brandseeschwalbe stark an Meeresküsten gebunden. Die Hauptüberwinterungsgebiete der europäischen Vögel liegen an der afrikanischen Küste. Viele Brandseeschwalben ziehen bis Südafrika, manche verbringen aber bereits im Mittelmeergebiet die kalte Jahreszeit. Die einjährigen Vögel und ein Teil der zweijährigen übersommern im Winterquartier.



Merkmale der Brandseeschwalbe

Länge: ca. 40 cm; Flügelspannweite: ca. 90 cm.
Gewicht: ca. 240 g.
Verbreitung: zerstreuter Brutvogel an den Küsten Europas, des Schwarzen und Kaspischen Meeres, sowie an der Atlantikküste Amerikas.
Nahrung: kleine Fische und Wirbellose.
Lebensraum: sandige Inseln und Dünen, offene See.
Zugverhalten: Zugvogel in Europa und Nordamerika, überwintert an den Küsten Afrikas und Amerikas, auch im Pazifik.
Höchstalter: 29 Jahre.
Brutzeit: Ende April bis Anfang Mai; 1 Jahresbrut.
Gelegegröße: 2 hellgelbe, gelblichbraune oder rahmweiße, mit sehr unterschiedlicher dunkler Punktierung, glatte und schwach glänzende Eier.
Brutdauer: 22 bis 26 Tage. Zunächst brütet das Weibchen, dann beide Partner.
Nestlingszeit: Küken verlassen den Nestplatz, bei einer Störung. Mindestens eine Woche werden die Küken von einem Elterntier ständig bewacht, dann oft in sogenannten "Kindergärten". Mit 25 bis 35 Tagen sind die Jungvögel dann flügge. Die Familienauflösung erfolgt erst im Winterquartier.
Status: In Deutschland vom Aussterben bedroht. Brutvogel in Deutschland an Nord- und Ostsee.
Bestand: 3500 bis 5500 BP in Deutschland.




Brandseeschwalben auf Norderoog (Bild: © Harro H. Müller) Norderoog ist eine Hallig im Wattenmeer vor der Westküste von Schleswig-Holstein, mit einer Größe von 0,09 Quadratkilometer.
Abgesehen vom zeitweiligen Aufenthalt von Vogelwarten ist die Hallig unbewohnt.
Die Hallig gehört seit 1909 dem Verein Jordsand und wird auch von ihm naturschutzfachlich betreut.
Brandseeschwalben in Norderoog Bild: © Harro H. Müller



Hintergrund zur Brandseeschwalbe:

Der elegante Fischfänger mit dem wissenschaftlichen Namen Thalasseus sandvicensis ist etwa 40 Zentimeter groß und hat ca. 90 Zentimeter Flügelspannweite. Charakteristisch sind das weiße Gefieder, die silbergrauen Oberflügel, der schwarze Schnabel mit der gelben Spitze und ein schwarzer Federschopf. Weithin zu hören sind die rauen und charakteristischen "kürick-kürick"-Rufe. Eng zusammengerückt brüten sie am Boden in großen Kolonien von bis zu mehreren tausend Paaren. Die Vegetation der Brutreviere in Dünen und auf Salzwiesen darf dabei nicht zu hoch sein. Hauptnahrung der Vögel sind Sandaale und kleine heringsartige Fische. Die Population der Atlantikküsten sowie in Nord- und Ostsee von Irland bis Estland beträgt vermutlich etwa 63.000 Paare. Die größten Bestände weisen Großbritannien, die Niederlande, Deutschland und Dänemark auf. Nach der Brutzeit ziehen die heimischen Vögel entlang der Atlantikküste bis nach Südafrika zum Überwintern.

Hintergrund Verein Jordsand:

Der "Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V." ist einer der ältesten Naturschutzverbände in Deutschland. Seit 1907 schützen die haupt- und ehrenamtlichen Vogelwarte/innen die letzten Rückzugsräume für Seevögel und Meeressäuger. Zurzeit betreut der Naturschutzverein 20 Schutzgebiete in den Bundesländern Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Neben der naturschutzfachlichen Betreuung im Auftrag der Bundesländer sowie von vereinseigenen Naturflächen, forscht der Verein in Verbundprojekten im Bereich Seevogelschutz und bietet naturkundliche Führungen sowie insbesondere Umweltbildungsprogramme für Kinder und Jugendliche an.


Vielen Dank an Herrn Malte Matzen, Verein Jordsand e.V., Geschäftsstelle, Ahrensburg, für den Pressetext und die Möglichkeit Bilder von Ulrich Bolm-Audorff und Harro H. Müller zeigen zu können. Vielen Dank auch an Herrn Markus Glässel für seine zur Verfügung gestellten Bilder. Vielen Dank auch an H. Dr. Karl-Heinz Frommelt, wissenschaftlicher Leiter des Tierstimmenarchivs vom Museum für Naturkunde, Berlin, für die zur Verfügung gestellt Aufnahme der Brandseeschwalbe.


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- letzte Aktualisierung: Donnerstag, 08. Juni 2023 -
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