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Die Pilze des Jahres seit 1994
Seit 1994 wird von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie
jeweils ein "Pilz des Jahres" ausgewählt. Die präsentierte Art soll
stellvertretend für die Pilze allgemein den Blick der Öffentlichkeit
auf die wichtige Bedeutung der Pilze für unser Ökosystem richten.
Über die Deutsche Gesellschaft für Mykologie
Gegründet 1921, vertritt die DGfM die Interessen von Pilzfreunden
und Mykologen in ganz Deutschland. Sie definiert die Qualifikationen
zum PilzCoach, zur/zum Pilzsachverständigen und universitär geprüften
Fachberater/in für Mykologie. Die DGfM gibt die "Zeitschrift für
Mykologie" sowie das englischsprachige Journal "Mycological Progress"
heraus. Zudem veranstaltet sie Fachtagungen und vergibt Förderpreise
für besondere mykologische Forschungstätigkeiten. Seit 1994 kürt die
DGfM alljährlich den "Pilz des Jahres". Als nichtstaatliche
Organisation setzt sie sich für den Arten- und Biotopschutz von Pilzen
ein. Sie koordiniert die bundesweite Pilzkartierung und veröffentlicht
auf www.pilze-deutschland.de
Fotos und Verbreitungskarten.
Jahr |
Pilz |
wissenschaftlicher Name |
1994 |
Eichenrotkappe |
Leccinum quercinum |
1995 |
Zunderschwamm |
Fomes fomentarius |
1996 |
Habichtspilz |
Sarcodon imbricatus |
1997 |
Frauentäubling |
Russula cyanoxantha |
1998 |
Schweinsohr |
Gomphus clavatus |
1999 |
Satanspilz |
Boletus satanas |
2000 |
Königs Fliegenpilz |
Amanita regalis |
2001 |
Mäandertrüffel |
Choiromyces maeandriformis |
2002 |
Orangefuchsiger Rauhkopf |
Cortinarius orellanus |
2003 |
Papageigrüner Saftling |
Hygrocybe psittacina |
2004 |
Echte Hausschwamm |
Serpula lacrymans |
2005 |
Wetterstern |
Astraeus hygrometricus |
2006 |
Ästige Stachelbart |
Hericium coralloides |
2007 |
Puppenkernkeule |
Cordyceps militaris |
2008 |
Bronze-Röhrling |
Boletus aereus |
2009 |
Blauer Rindenpilz |
Pulcherricium caeruleum |
2010 |
Schleiereule |
Cortinarius praestans |
2011 |
Rote Gitterling |
Clathrus ruber Pers. |
2012 |
Graue Leistling |
Cantharellus cinereus |
2013 |
Braungrüner Zärtling |
Entoloma incanum |
2014 |
Tiegelteuerling |
Crucibulum laeve |
2015 |
Becherkoralle |
Artomyces pyxidatus |
2016 |
Lilastieliger Rötelritterling |
Lepista personata |
2017 |
Judasohr |
Auricularia auricula-judae |
2018 |
Wiesen-Champignon |
Agaricus campestris |
2019 |
Grüne Knollenblätterpilz |
Amanita phalloides |
2020 |
Gewöhnliche Stinkmorchel |
Phallus impudicus |
2021 |
Der Grünling |
Tricholoma equestre |
Die Gewöhnliche Stinkmorchel (Phallus impudicus), ist der Pilz des Jahres 2020
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat die Gewöhnliche
Stinkmorchel zum "Pilz des Jahres 2020" ernannt. Der Pilz lockt durch
seinen Aasgeruch vor allem Fliegen an, die sich an der zuckerhaltigen
Sporenmasse laben. Später verbreiten sich die Sporen über ihre
Ausscheidungen in der Umgebung. Die DGfM will so auf die Zusammenhänge
beim Insektensterben hinweisen.
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Die flüssige, zuckerhaltige Sporenmasse auf der Spitze der
Stinkmorchel wird von Fliegen aufgenommen.
Die bis zu
20 cm langen und 4,5 cm breiten Fruchtkörper erstrecken sich
binnen weniger Stunden aus einem eiförmigen bis kugeligen
Hexenei, meist am späten Abend oder frühen Morgen.
Rekordverdächtig: Sie wachsen bis zu zwei Millimeter pro
Minute. |
Die Gewöhnliche Stinkmorchel ist der
Pilz des Jahres 2020 |
Bild: Matthias Theiss |
Fliegen verbreiten Pilzsporen
Ausgewachsen verschleimt die dunkelolive Sporenmasse an der Spitze
und riecht nach Aas. Der Geruch ist derart intensiv, dass vor Jahren
ein Waldbesitzer bei Dresden nach einem Kleidungsfund die Polizei
alarmierte und einen Einsatz mit Leichenspürhunden auslöste. Dabei
lockt die Stinkmorchel vor allem Fliegen an. Diese nehmen den
zuckerhaltigen Schleim auf und verteilen die Sporen über ihren
ausgeschiedenen Kot im Umfeld - eine raffinierte Verbreitungsstrategie
des Pilzes.
Ordnung |
Familie |
Gattung |
Art |
Stinkmorchelartige |
Stinkmorchelverwandte |
Stinkmorcheln |
Gemeine Stinkmorchel |
In unseren Breiten gibt es nur wenige Pilze, die man riecht, bevor man
sie sieht. Neben dem Aasgeruch der Stinkmorchel sind insbesondere die
einem männlichen Begattungsorgan ähnelnden Fruchtkörper auffällig. Das
Aussehen hat ihr schon früh etwas Anrüchiges anhaften lassen. Charles
Darwins Tochter Henrietta soll den obszönen Pilz sogar wegen der
Sittlichkeit der Mädchen allerorten entfernt und verbrannt haben.
Dabei hätte die Gewöhnliche Stinkmorchel im jugendlichen Stadium
den Speiseplan bereichern können: Hexeneier lassen sich geschält wie
Bratkartoffeln zubereiten. Der weiße Kern des Hexeneis gilt bei
manchen Sammler/innen als Delikatesse.
Aus den Hexeneiern erstrecken sich
bald frische Stinkmorcheln. Ältere und völlig weiße Exemplare
werden als "Leichenfinger" bezeichnet. |
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Bild: Peter Karasch |
Stinkmorcheln kommen von Juni bis Oktober oft gesellig in
Laub- und Nadelwäldern vor. |
Ausgewachsene Stinkmorcheln, nach Aufzehren der Gleba (als Gleba,
deutsch Fruchtmasse, bezeichnet man in der Mykologie das
sporenbildende Innere eines Bauchpilz-Fruchtkörpers) durch Fliegen,
werden im Volksmund als "Leichenfinger" bezeichnet. Da die
Stinkmorchel nicht selten auf Grabhügeln gedeiht, entstanden im
Volksglauben manche unheimliche Geschichten um diesen Pilz. Entspross
auf einem Grab eine Stinkmorchel, so glaubte man, dass der darunter
liegende Tote mit einem ungesühnten Verbrechen gestorben sei und mit
Hilfe dieses Pilzes vor einem ähnlichen Schicksal warnen wolle. Daraus
ist die manchmal vorkommende Bezeichnung Leichenfinger zu erklären.
Der Namensbestandteil "Stink-" geht auf den intensiven, aasartigen
Geruch zurück, weshalb Fruchtkörper in Gärten und Parks als lästig
empfunden werden können. Der Namensbestandteil "-morchel" bezieht sich
dagegen auf die ähnlich aussehenden Morcheln. Stinkmorcheln und
Morcheln sind jedoch nicht näher miteinander verwandt: Während die
Stinkmorcheln wie die meisten Pilze mit großen Fruchtkörpern zu den
Ständerpilzen gehören, zählen die Morcheln zu den Schlauchpilzen.
Vorkommen
Die Gewöhnliche Stinkmorchel ist ein Bewohner humusreicher Böden,
oder in der Nähe von morschem Holz. Sie kommt in Buchen- und
Buchentannenwäldern genauso vor, wie in Fichtenwäldern,
Eichen-Hainbuchenwäldern, Erlenbruchwäldern und Auwäldern. Die
Gewöhnliche Stinkmorchel kommt in Europa und Asien, sowie in Nord- und
Südafrika vor. Im Himalaya steigt sie bis auf 3.000 Höhenmetern auf.
In Europa kann sie vom Mittelmeergebiet bis Irland, Schottland und
Skandinavien gefunden werden.
Ökologische Bedeutung
Die Gewöhnliche
Stinkmorchel steht beispielhaft für die gegenseitigen Abhängigkeiten
aller Lebewesen. Ihre Fruchtkörper sind für Fliegen, Käfer und
Schnecken Nahrung, Kinderstube und Jagdrevier. Die DGfM will mit dem
Pilz des Jahres 2020 auf die Zusammenhänge beim Insektensterben
aufmerksam machen.
Vielen Dank an Herrn Andreas Kunze, Beauftragter für
Öffentlichkeitsarbeit, von der Deutschen
Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM), Donauwörth, für den
zur Verfügung gestellten Pressetext und für die Möglichkeit die Bilder,
von Herrn Dr.Matthias Theiss sowie Herrn Peter Karasch, veröffentlichen zu
dürfen.
Wer mehr wissen möchte:
www.dgfm-ev.de
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