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Die Orchideen des Jahres seit 1989
Dieser Titel wird durch den Arbeitskreis Heimische Orchideen
(AHO) die Orchidee des Jahres gekürt. In den letzten Jahres waren
dies:
Jahr |
Orchidee |
wissenschaftlicher Name |
1989 |
Breitblättriges Knabenkraut |
Dactylorhiza majalis |
1990 |
Pyramidenorchis |
Anacamptis pyramidalis |
1991 |
Kleines Knabenkraut |
Orchis morio |
1992 |
Großes Zweiblatt |
Listera ovata |
1993 |
Helm-Knabenkraut |
Orchis militaris |
1994 |
Glanzkraut |
Liparis loeselii |
1995 |
Bienen-Ragwurz |
Ophrys apifera |
1996 |
Frauenschuh |
Cypripedium calceolus |
1997 |
Wanzen-Knabenkraut |
Orchis coriophoran |
1998 |
Echte Sumpfwurz |
Epipactis palustris |
1999 |
Bocks-Riemenzunge |
Himantoglossum hircinum |
2000 |
Rotes Waldvöglein |
Cephalanthera rubra |
2001 |
Herbst-Wendelorchis
(Drehähre) |
Spiranthes spiralis |
2002 |
Vogel-Nestwurz |
Neottia nidus-avis |
2003 |
Fliegenragwurz |
Ophrys insectifera |
2004 |
Grüne Hohlzunge |
Coeloglossum viride |
2005 |
Brandknabenkraut |
Orchis ustulata |
2006 |
Breitblättrige Stendelwurz |
Epipactis helleborine |
2007 |
Schwarze Kohlröschen |
Nigrittela rhellicani |
2008 |
Übersehene Knabenkraut |
Dactylorhiza praetermissa |
2009 |
Männliche Knabenkraut |
Orchis mascula |
2010 |
Frauenschuh |
Cypripedium calceolus |
2011 |
Zweiblättrige Waldhyazinthe |
Platanthera bifolia |
2012 |
Bleiches Knabenkraut |
Orchis pallens |
2013 |
Purpurnes Knabenkraut |
Orchis purpurea |
2014 |
Blattlose Widerbart |
Epipogium aphyllum |
2015 |
Fleischfarbenes Knabenkraut |
Dactylorhiza incarnata |
2016 |
Sommer-Drehwurz |
Spiranthes aestivalis |
2017 |
Weißes Waldvöglein |
Cephalanthera damasonium |
2018 |
Torfmoos-Fingerwurz |
Dactylorhiza sphagnicola |
2019 |
Dreizähniges Knabenkraut |
Neotinea tridentata |
2020 |
Breitblättriges Knabenkraut |
Dactylorhiza majalis |
2021 |
Kriechendes Netzblatt |
Goodyera repens |
2022 |
Braunrote Ständelwurz |
Epipactis atrorubens |
2023 |
Herzblättrige Zweiblatt |
Neottia cordata |
Das Herzblättrige Zweiblatt ist zur "Orchidee des Jahres
2023" gewählt worden
Die unscheinbare Orchidee, die bis zu 15 Zentimeter groß werden
kann, ist von den klimatischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte
besonders betroffen. "Ihre Vorkommen befinden sich in Gebieten mit
über 1000 Millimeter Jahresniederschlag", ist in der
Informationsbroschüre der Arbeitskreise Heimischer Orchideen
nachzulesen. Luftfeuchte Nadelforste mit moosigen Untergründen werden
als Lebensraum angegeben. Zurückgehende Regenmengen, Borkenkäferplagen
und nicht zuletzt das Absterben ganzer Fichtenbestände führen zum
teils drastischen Rückgang dieser kleinwüchsigen Orchidee. Das
Herzblättrige Zweiblatt (Neottia cordata oder auch Listera cordata in
Fachkreisen genannt) zeichnet sich durch zwei herzförmige Blätter die
am unteren Teil des Stängels gegenüberstehen, aus. Der Blütenstand hat
fünf bis zehn locker angeordnete kleine grüne bis gelbgrüne, manchmal
auch rötliche Blüten. Blühend lässt sich die Orchidee von Ende Mai bis
Juli finden. Besonders stark gefährdet sind die Vorkommen im Harz, in
den norddeutschen Mittelgebirgen gilt sie als "vom Aussterben
bedroht". Besser sind die klimatischen Bedingungen für die Orchidee in
Baden-Württemberg und Bayern.
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Die Art ist in Deutschland durch den Klimawandel bedroht.
Die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft haben im
letzten Jahrhundert einen einschneidenden Rückgang der Art
eingeleitet.
In mehreren deutschen Bundesländern steht
die Art vor dem Aussterben. Sie ist wenig bekannt, kam aber
bis zum Beginn des 20.Jahrhunderts in vielen Regionen von den
Küsten der Nord- und Ostsee bis in die Alpen vor. |
Das Herzblättrige Zweiblatt ist die
Orchidee des Jahres |
Bild: © Sebastian Hennings / AHO-Deutschland |
Der Name beschreibt die beiden herzförmigen Blätter. Ein weiterer
Name - Kleines Zweiblatt - weist auf ihre Kleinwüchsigkeit hin. Der
lateinische Name Neottia (früher Listera) cordata nimmt ebenfalls auf
die Herzform der Blätter Bezug.
Merkmale und Biologie
Das Herzblättrige Zweiblatt gehört zu unseren unscheinbarsten
Orchideen und wird auch von Orchideenfreunden häufig übersehen, so
dass ihr Rückgang nur wenig bemerkt wird. Aus einer mehrjährigen
Rhizomachse entwickeln sich Wurzelschösslinge, so dass sich im
Frühjahr truppweise auftretende Blattaustriebe zeigen.
Blühende
Exemplare erreichen eine Höhe von 7 - 15 cm. Charakteristisch sind die
beiden herzförmigen, gegenständigen Blätter, die bis 2,6 cm lang und
bis 2,2 cm breit werden und horizontal abstehen. Der zarte Stängel ist
tief in Moospolster eingesenkt und hat am Grunde ein braunes
Schuppenblatt. Einen Blütentrieb bilden nur krautige Pflanzen. Er ist
locker mit 5 - 10 sehr kleinen Blüten besetzt. Sie tragen keinen Sporn
und sind in frischem Zustand weit geöffnet, grün bis gelbgrün gefärbt
oder häufig wie der obere Stängelabschnitt rotbraun überlaufen. Die
Lippe ist tief gespalten und wird 4 - 6 mm lang. Die kurzen
Seitenlappen der Lippe zweigen seitlich unterhalb der Narbe ab. Die
Säule mit der Narbe steht mehr oder weniger waagerecht ab.
Ordnung |
Familie |
Gattung |
Art |
Spargelartige |
Orchideen |
Zweiblatt |
Kleines Zweiblatt |
Berührt ein Insekt taktile Zonen der Säule, wird ein
Leimtropfen frei, der die Pollenkörper am Bestäuber anheftet. Als
Bestäuber treten Pilzmücken und kleine Käfer auf, ebenso kommt eine
Selbstbestäubung vor. Die kugeligen, langgestielten Früchte sind ca. 5
mm lang und 2,5 mm dick.
Die Blütezeit liegt je nach Höhenlage
zwischen Ende Mai und Anfang Juli. Die Befruchtungsrate schwankt
zwischen 20% und 90%. Die Entwicklung bis zur blühenden Pflanze dauert
zwischen 8 und 15 Jahren. Aus vegetativer Vermehrung durch
Wurzelschösslinge entstandene Pflanzen können bei günstiger
Entwicklung bereits im dritten Jahr zur Blüte gelangen. Die
Variabilität der Art ist gering und beschränkt sich auf die Gestalt
der Blattränder, die glatt oder gewellt sein können.
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Besonders stark sind die Vorkommen des Herzblättrigen
Zweiblatts im Harz. In den norddeutschen Mittelgebirgen gilt
sie als "vom Aussterben bedroht". |
Das Herzblättrige Zweiblatt ist unter
anderem durch den Klimawandel bedroht |
Bild: © Wolfgang Beuershausen / AHO-Niedersachsen |
Lebensraum und Verbreitung
Das Herzblättrige
Zweiblatt gedeiht vorwiegend in regenreichen und luftfeuchten
Nadelforsten mit moosigen Untergründen. Ebenso werden nährstoffarme
Moore mit Ausnahme der zentralen Moorbereiche besiedelt. Abgesehen von
Küstenpopulationen liegen die Vorkommen in Gebieten mit über 1000 mm
Jahresniederschlag. Da die Art in lockeren, sauren bis leicht sauren
Humusschichten siedelt, kann der Unterboden auch aus basenreichen
Gesteinen aufgebaut sein, solange die Individuen keinen direkten
Kontakt zum basischen Unterboden haben. Die Standorte können mehr oder
weniger licht sein. In Europa werden Standorte von Meereshöhe bis 2300
Meter besiedelt.
Das Herzförmige Zweiblatt hat auf der
Nordhalbkugel eine polumfassende Verbreitung und gedeiht auch in der
subarktischen Tundra. Die Vorkommen reichen im Süden Europas von den
Pyrenäen über den Apennin und die Rhodopen in Nordgriechenland. Sie
umfassen die Alpen und die mitteleuropäischen Mittelgebirge bis
Skandinavien, Island, Grönland, Baltikum, östliche Teile der
Schwarzmeerregion, südliches Sibirien mit wenigen Unterbrechungen vom
Ural bis zum Pazifik, darüber hinaus Japan, Kamtschatka, Kurilen,
Aleuten, Alaska, südliches Kanada und nördliche USA.
Gefährdung und Ursachen
Das Herzblättrige Zweiblatt ist durch erhöhte Stickstoffeinträge
aus der Luft und den Klimawandel mit Erwärmung, zurückgehenden
Regenmengen und Borkenkäferplage bedroht. In den typischen Biotopen
der Art verändert das Fichtensterben zusätzlich das Mikroklima, da das
feuchte und kühlere Waldklima sowie der Sonnenschutz verloren gehen.
Schutz und regionale Gefährdung
In den norddeutschen Mittelgebirgen sind mit Ausnahme der höheren
Lagen im Harz inzwischen die letzten Populationen des Herzblättrigen
Zweiblattes vom Aussterben bedroht, während in Baden-Württemberg und
Bayern aufgrund günstigerer klimatischer Bedingungen die Art noch
nicht im Bestand gefährdet ist. Der örtliche Biotopschutz ist jedoch
an allen verbliebenen Wuchsorten unabdingbar. Hierzu gehören eine
hinreichende Wasserhaltung in Feuchtgebieten der Verzicht auf Kalkung,
Durchführung nur unabdingbarer Forstmaßnahmen und Ermöglichung von
Naturverjüngung ohne Kahlschlag.
Vielen Dank an Frau Jutta Haas, Arbeitskreis Heimische Orchideen
Hessen e.V., für den Pressetext und die Möglichkeit
die Bilder von Herrn Sebastian Hennings, AHO-Deutschland und Herrn
Wolfgang Beuershausen AHO-Niedersachsen,
veröffentlichen zu können.
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