|
Die Libellen des Jahres seit 2011
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), sowie die
Fachgesellschaft der Libellenkundler und die Gesellschaft
deutschsprachiger Odonatologen (GdO) wählten erstmals 2011 die
"Libelle des Jahres".
Jahr |
Libelle |
wissenschaftlicher Name |
2011 |
Die Feuerlibelle |
Crocothemis erythraea |
2012 |
Die Blaugrüne Mosaikjungfer |
Aeshna Cyanea |
2013 |
Die Speer-Azurjungfer |
Coenagrion hastulatum |
2014 |
Die Kleine Moosjungfer |
Leucorrhinia dubia |
2015 |
Die Gefleckte Heidelibelle |
Sympetrum flaveolum |
2016 |
Die Gemeine Binsenjungfer |
Lestes sponsa |
2017 |
Die Gemeine Keiljungfer |
Gomphus vulgatissimus |
2018 |
Die Zwerglibelle |
Nehalennia speciosa |
2019 |
Die Schwarze Heidelibelle |
Sympetrum danae |
2020 |
Die Speer-Azurjungfer |
Coenagrion hastulatum |
2021 |
Wanderlibelle |
Pantala flavescens |
2022 |
Die Kleine Pechlibelle |
Ischnura pumilio |
2023 |
Die Alpen-Smaragdlibelle |
Somatochlora alpestris |
Die Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio) ist die
Libelle des Jahres 2022
Seit 2011 wählen die Gesellschaft für deutschsprachige
Odonatologen (GdO), der Verband der Libellenkundler/innen und der BUND
die "Libelle des Jahres" aus, um auf die Vielfalt der Arten und ihre
Bedrohung aufmerksam zu machen. Von den rund 80 heimischen
Libellenarten stehen 48 auf der Roten Liste gefährdeter Insekten.
Die Kleine Pechlibelle wechselt während ihres Lebens genau wie
ihre Schwesterart, die Große Pechlibelle, mehrfach ihr Aussehen. Vor
allem die Weibchen durchlaufen während ihrer Reife nach dem Schlupf
deutliche Farbwechsel. Junge Weibchen sind durch eine lebhaft orangene
Färbung unverkennbar. Dies ist unter anderem wichtig, weil dadurch die
Männchen sofort erkennen können, mit wem sie sich paaren können.
 |
Besonders auffällig sind die jungen Weibchen mit einer
orangenen Färbung, die sich aber bereits paaren können. Nach
einigen Tagen verliert sich diese Farbe. Vereinzelt wurden
auch ganz blaue Weibchen beobachtet. |
Junges Weibchen einer Kleinen
Pechlibelle |
Bild: © Michael Post / GdO |
Der Lebensraum der Kleinen Pechlibelle sind stark verwachsene
Kleingewässer. Die Kleine Pechlibelle wurde auch schon als
Erstbesiedler an neu entstandenen Lehmtümpeln und Kiesgruben
festgestellt. Hier pflegt sie allerdings nach wenigen Jahren zu
verschwinden. Ein Grund könnte sein: der stärker werdende Bewuchs der
Vegetation. Vermutlich wandern Einzeltiere, wobei große Entfernungen
zurückgelegt werden.
Auch naturnahe Auen sind ein klassischer
Lebensraum der Kleinen Pechlibelle. Dort lassen Flüsse und Gewässer in
Hochwasserzeiten regelmäßig geeignete Strukturen entstehen.
Renaturierungen von größeren Bächen und Flüssen fördern diese Art.
Weitere typische Lebensräume sind Abgrabungen oder Steinbrüche, wo im
Betrieb Gewässerstrukturen immer wieder neu entstehen.
Mit 25 -
30 mm Körperlänge und einer Flügelspannweite von rund 35 mm ist die
Kleine Pechlibelle nach der Zwerglibelle unsere kleinste Art. Die
Männchen ähneln ihrer Schwesternart, der Großen Pechlibelle sehr, sind
jedoch weniger farbintensiv, meist ins grünliche gehend. Das hellblaue
"Schlusslicht" liegt nicht im 8. sondern im 9. und im Enddrittel des 8.
Segments.
Die Weibchen unterscheiden sich deutlich von ihrer
Schwesternart. Sie sind vorerst am Thorax meist leuchtend orange und
färben sich dann unscheinbar graugrün. Ihnen fehlt die hintere
Hellblaufärbung am 8. Hinterleibssegment völlig.
Im Gegensatz zur Große Pechlibelle
befindet sich das hellblaue "Schlusslicht" nicht im 8. sondern
im 9. und im Enddrittel des 8.Segments. |
 |
Bild: © Michael Post / GdO |
Kleine Pechlibelle, hier ein Männchen |
Die fortpflanzungsfähigen Männchen warten nahe des Gewässers, dort wo
die Vegetation nicht so dicht ist, aber auch auf dem Boden auf die
Weibchen, welche zur Paarung an die Gewässer kommen. Die Paarung
findet am Gewässer statt.
Die Eiablage erfolgt durch das
Weibchen alleine, dieses Verhalten steht im Gegensatz zu vielen
anderen Kleinlibellen. Meistens geschieht dies in den Abendstunden.
Dabei ist es so, dass die gesamte Eiablage etwa ein bis zwei Stunden
andauert. Die Eier werden in schwimmende Pflanzenteile gestochen. Sind
in dem Gewässer keine, oder zu wenig geeignete Pflanzen vorhanden, so
stechen die Weibchen ihre Eier in dem schlammigen Gewässerboden.
 |
Die Lebensdauer der Kleinen Pechlibelle beträgt im Schnitt
36 Tage, wobei die Weibchen älter werden als die Männchen. |
Paarungsrad der Kleinen Pechlibellen |
Bild: © Michael Post / GdO |
Die Eier entwickeln sich relativ schnell. Lt.Fachliteratur
schlüpfen nach ca. vier Wochen die Larven. Diese leben überwiegend am
Gewässerrand. Versteckt unter Steinen können sie sogar eine kurze
Austrocknung ihres Lebensraumes überstehen. Wenn aber in diesem
Gewässer Fische leben, so können die Larven der Kleinen Pechlibelle
nicht überleben. Die Larven werden übrigens ca. 19 mm groß. Innerhalb
von sieben bis acht Wochen haben sie sich dann so weit entwickelt,
dass sie zur Emergenz (Schlupf) schreiten.
Die kurze
Entwicklungszeit, der Larven, wird durch ihren Lebensraum begünstigt:
die zumeist kleinen Gewässer erwärmen sich sehr schnell, so dass die
Larven dann auch ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfinden.
Die Larve der Kleinen Pechlibelle schlüpft selten höher als 3
Zentimeter, oft ist es so, dass ihr Hinterleibsende sich noch im
Wasser befindet. Den Jungfernflug bringt die junge Kleine Pechlibelle
in die nähere Umgebung des Gewässers auf voll besonnte und
strukturreiche Ruderalflächen oder angrenzende Wiesen. Im Schnitt
dauert die Reifezeit so 9 Tage, bis zur geschlechtsreifen Libelle.
Während dieser Zeit verändert sich auch die Färbung der jungen
Weibchen, wie schon beschrieben.
Die Kleine Pechlibelle ist
trotz ihrer geringen Größe ein erfolgreicher Jäger und erbeutet eine
Vielzahl von Kleininsekten, vor allem Mücken und Eintagsfliegen, aber
auch kleine Schmetterlinge. Die Beute wird im Flug mittels ihrer zu
einem "Fangkorb" ausgeprägten Beine eingefangen. Generell ist die
Kleine Pechlibelle nicht sehr flugfreudig, wenn sie mal 50 Meter am
Stück fliegt, so ist das viel.
Die Kleine Pechlibelle kann in
warmen Sommern, aufgrund einer ca. 10 - 12 wöchigen Entwicklungszeit,
2 Generationen im Jahr hervorbringen.
Die Art kommt in Europa
nur noch inselartig vor und fehlt im Norden des Kontinents
vollständig. Als unstete Art ist sie in Deutschland, wie in
Mitteleuropa nur an wenigen Stellen noch häufig anzutreffen.
Rote Liste Bayern (2003) Art 3 = gefährdet |
Rote Liste Deutschland Art V = Art der Vorwarnliste
(Vorkommen ist stark rückläufig!) |
Rote Liste Österreich: NT = potenziell gefährdet |
Rote Liste Schweiz: LC = nicht gefährdet |
Aufgrund der speziellen Anforderungen dieser Libellenart ist diese
nirgendwo häufig. Neu entstandene flache Tümpel mit geringen Bewuchs
entstehen natürlicherweise in intakten Flussauen mit natürlicher
Dynamik. Derartige Auen gibt es in Deutschland aber kaum noch.
Ausweichslebensräume stellen Abbaustellen, wie Kiesgruben dar, in
denen immer wieder flache Tümpel neu entstehen können - teilweise
reichen schon Wagenspuren für eine Besiedlung aus.
Der
wissenschaftliche Name Ischnura kommt vom griechischen "ischnos" und
steht für "dürr", "dünn" oder "mager". "ura" aus dem griechischen
steht für "der Schwanz". Pumilio aus dem lateinischen steht für Zwerg.
Unterordnung: |
Familie |
Gattung |
Art |
Kleinlibellen |
Schlanklibellen |
Pechlibellen |
Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio) |
Libellen als Augentiere haben ein viel differenzierteres
Farbensehen als wir Menschen. Sie haben viel mehr Farbrezeptoren und
können so Farben, die für uns Menschen einheitlich aussehen, noch
nuanciert unterscheiden und auf diese Weise auch miteinander
"kommunizieren".
Die Libellen hierzulande werden in die beiden
Unterordnungen Groß- und Kleinlibellen unterteilt. Die Kleinlibellen
(Zygoptera) sind lang und dünn, ihre Augen stehen weit auseinander,
ihre vier Flügel sind gleichartig geformt. Diese schlagen sie während
der Ruhe nach oben. In Deutschland kommen vier Kleinlibellenfamilien
vor: die Prachtlibellen, die Teichjungfern (auch Binsenjungfern
genannt), die Federlibellen und die Schlanklibellen.
Die
Großlibellen (Anisoptera) sind meist größer und kräftiger gebaut als
die Kleinlibelle und tragen ihre Flügel immer ausgebreitet.
Weltweit gibt es elf Großlibellenfamilien und etwa 2.800 Arten. Ihre
großen Facettenaugen (sie sind bei den Großlibellen wesentlich größer
als bei den Kleinlibellen) stoßen bei vielen Arten in der Mitte
zusammen und sind immer weniger als eine Augenbreite voneinander
entfernt. Die Flügel der Großlibellen haben eine stark ausgeprägte
Aderung. Die vier Flügel sind bei vielen Arten teilweise bunt getönt
oder dunkel gefleckt. Die Hinterflügel sind meistens etwas breiter als
die Vorderflügel. Die Larven der Großlibellen haben, im Gegensatz zu
den Kleinlibellen, keine blattförmigen Hinterleibsanhänge. Stattdessen
besitzen sie eine sogenannte "Analpyramide": fünf kräftige Stacheln,
die unter anderem zur Verteidigung dienen.
Zu den Großlibellen
gehören die Edellibellen, die Flussjungfern, die Quelljungfern und die
Falkenlibellen und Segellibellen.
Mit der Kleinen Pechlibelle
(Ischnura pumilio) wurde in diesem Jahr eine weit verbreitete Libelle
gekürt, welche jedoch nirgendwo häufig vorkommt. Die Kleine
Pechlibelle wird gern als Pionierart bezeichnet, da sie meist eine der
ersten Arten an einem neu entstandenen Gewässer ist. Mit zunehmender
Sukzession (Zunahme bzw. Ansiedlung standorttypischer Lebewesen wie
Pflanzen, Pilze, Tiere) verschwindet Ischnura pumilio, wie ihr
wissenschaftlicher Name lautet, stets wieder. Unser immer trockener
und wärmer werdendes Klima sorgt allerdings nicht nur dafür, dass die
Pegelstände unserer bereits vorhandenen Gewässer sinken, sondern eben
auch dafür, dass kaum noch neue, für die Kleine Pechlibelle
bevorzugte, Gewässer entstehen. Folglich schwinden mit den fehlenden
Lebensräumen die entsprechend spezialisierten Arten.
Die Kleine
Pechlibelle macht dieses Dilemma besonders deutlich.
Von den rund 80 heimischen
Libellenarten stehen 48 auf der Roten Liste gefährdeter Insekten.
Herzlichen Dank an Herrn Magnus J.K. Wessel, Leiter
Naturschutzpolitik, vom Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) für den Pressetext, sowie die
Erlaubnis die Bilder von Herrn Michael Post / GdO veröffentlichen zu
dürfen.
zurück
|
|