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Die Insekten des Jahres seit 1999
Das Insekt des Jahres wird in Deutschland seit dem Jahr 1999
jährlich durch das von Holger Heinrich Dathe gegründete Kuratorium
Insekt des Jahres ausgerufen. Die Aktion wird vom Senckenberg
Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg koordiniert.
Seit dem Jahr 2000 wurde in Österreich ein eigenes Insekt des Jahres
gekürt. In dem Kuratorium für Österreichs Insekt des Jahres wirkten
unter anderem österreichische Fachgesellschaften für Entomologie und
der Naturschutzbund Österreich mit. Seit 2005 wurde die Wahl gemeinsam
für Deutschland und Österreich durchgeführt. Seit 2009 gemeinsam für
Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Bisher waren dies:
Jahr |
Name |
wissenschaftlicher Name |
1999 |
Die Florfliege |
Chrysoperla camea |
2000 |
Goldglänzender Rosenkäfer |
Cetonia aurata |
2001 |
Die Plattbauch-Segellibelle |
Libellula depressa |
2002 |
Der Zitronenfalter |
Gonepteryx rhamni |
2003 |
Die Feldgrille |
Gryllus campestris |
2004 |
Die Hain-Schwebfliege |
Episyrphus balteatus |
2005 |
Die Steinhummel |
Bombus lapidarius |
2006 |
Der Siebenpunkt-Marienkäfer |
Coccinella septempunctata |
2007 |
Die Ritterwanze |
Lygaeus equestris |
2008 |
Das Krainer Widderchen |
Zygaena carniolica |
2009 |
Die Gemeine Blutzikade |
Cercopis vulnerata |
2010 |
Der Ameisenlöwe |
Myrmeleon formicarius |
2011 |
Die Große Kerbameise |
Formica exsecta |
2012 |
Der Hirschkäfer |
Lucanus cervus |
2013 |
Die Gebänderte Flussköcherfliege |
Rhyacophila fasciata |
2014 |
Die Goldschildfliege |
Phasia aurigera |
2015 |
Der Silbergrüne Bläuling |
Polyommatus coridon |
2016 |
Der Dunkelbraune Kugelspringer |
Allacma fusca |
2017 |
Die Gottesanbeterin |
Mantis religiosa |
2018 |
Die Skorpionsfliege |
Panorpa communis |
2019 |
Rostrote Mauerbiene |
Osmia bicornis |
2020 |
Der Schwarzblaue Ölkäfer |
Meloe proscarabaeus |
2021 |
Die Dänische Eintagsfliege |
Ephemera danica |
Die Dänische Eintagsfliege (Ephemera danica) ist das Insekt des Jahres 2021
- die, die mit der doppelten Verwandlung
Mit der Dänischen Eintagsfliege wird erstmals ein
Vertreter dieser Insektengruppe als "Insekt des Jahres" ausgewählt,
die mit ca. 140 bekannten Arten in Mitteleuropa zu den vergleichsweise
artenarmen gehört. Ihr Name geht auf den dänischen Zoologen und
Naturforscher Otto Friedrich Müller (1730 - 1784) zurück, der sie 1764
als Ephemera danica beschrieb. Erdgeschichtlich reicht das Auftreten
der Eintagsfliegen bzw. ihrer Vorfahren bis in das Unterkarbon (vor
333 bis 355 Millionen Jahren) zurück. Seit dem Jura (vor etwa 201 bis
145 Millionen Jahren) nahm der Anteil der Eintagsfliegen an der
Gesamtzahl der bekannten Insektenarten stetig ab, so dass diese
altertümliche Insektengruppe heute Reliktcharakter besitzt.
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Die Tiere kommen in ganz Europa bis in eine Höhe von 1000
Metern vor. Saubere Gewässer sind ihr Lebensraum, dabei
vermeiden sie Gewässer mit starker Verwirbelung. Sie kommen
auch in stehenden Gewässern vor. Gerade einmal zwei bis vier
Tage fliegen sie. |
Die Dänische Eintagsfliege ist das
Insekt des Jahres 2021 |
Bild: Wolfgang Kleinsteuber / Senckenberg |
Aussehen, Verbreitung und Lebensraum
Die Dänische
Eintagsfliege erreicht eine Körperlänge von ca. 1,4 bis 2,2
Zentimetern, dabei sind die Weibchen größer als die Männchen und
gehört mit Flügelspannweiten von bis über 4 Zentimetern zu den großen
und auffälligen mitteleuropäischen Arten. Ihre Flügel sind transparent
und leicht gelblich, mit gut sichtbaren schwarzen Flecken in
variierender Anzahl und Größe. Der Kopf zeigt auffallende dunkle
Zeichnungen. Auf dem hell cremefarbigen bis gelblichen Hinterleib sind
charakteristische schwarze Muster ausgebildet. Das Ende des
Hinterleibs trägt drei Schwanzfäden. Die etwas kleineren Männchen
weisen stark verlängerte Vorderbeine und Schwanzfäden auf, die zum
Umklammern des Weibchens bzw. zum Steuern und Balancieren während des
Fluges und bei der Begattung dienen.
Ephemera danica ist in
Europa weit verbreitet. Sie kommt vom Polarkreis in Südskandinavien
südwärts bis Spanien und Italien sowie östlich bis zum westlichen
Kleinasien vor. Die Dänische Eintagsfliege besiedelt ein breites
Gewässerspektrum von der Ebene über das Hügel- bzw. Alpenvorland bis
ins Gebirge. So ist sie sowohl in kleinsten Bächen als auch in
größeren Flüssen zu finden und wurde auch in Kleingewässern der
Flussniederungen sowie in der Brandungszone von Seen nachgewiesen.
Der Entwicklungszyklus - ein Leben in zwei Welten
Während der
Sommermonate zwischen Mai und September kann man Weibchen der
Dänischen Eintagsfliege dabei beobachten, wie sie in einem
Zick-Zack-Kurs über Gewässer fliegen und dabei mit der Spitze ihres
Hinterleibs immer wieder ins Wasser eintauchen. So legen sie nach der
Paarung portionsweise insgesamt mehrere tausend Eier ab. Diese treten
aus der Geschlechtsöffnung heraus, werden im Wasser abgespült und
sinken dann auf den Gewässergrund. Die Eier quellen im Wasser auf und
bleiben mit ihrer gallertartigen, klebrigen Außenhülle am
Gewässergrund hängen. Nach einigen Tagen schlüpft eine zunächst durch
die Haut atmende Primärlarve. Die weiteren Larvenstadien besitzen
äußerlich sichtbare Kiemen. Während des Wachstums häuten sich die
Larven immer wieder, indem sie die zu eng gewordene Chitinhülle
abstreifen, die als Exuvie (abgestreifte tierische Körperhülle)
zurückbleibt. Die Gesamtzahl der larvalen Häutungen ist u.a. von der
Wassertemperatur abhängig und schwankt zwischen 20 und 30. Sie ist
damit im Vergleich zu anderen Insektenordnungen sehr hoch.
Die
Larve von Ephemera danica lebt eingegraben im feinkiesigen bis
sandig-schlickigen Grund der Gewässersohle. Dort legt sie
unvollständige, bogenförmige Röhren an, in denen sie mit Hilfe von
sieben Paaren seitlicher Kiemen rhythmische, synchronisierte
Bewegungen ausführt. Aus dem so entstehenden Wasserstrom nimmt sie
Sauerstoff zur Atmung auf und filtert aktiv ihre Nahrung heraus, die
aus feinem organischem Material besteht. Aus dieser Lebensweise haben
sich verschiedene Anpassungen entwickelt. So besitzt die Larve einen
zylindrischen Körper mit kräftigen Beinen, die als Grabschaufeln
eingesetzt werden. Am Hinterleib befinden sich tief gespaltene Kiemen
mit gefransten Rändern. Die starke Kopfkapsel besitzt eine U-förmig
ausgeschnittene und schildartig verbreiterte Verschmelzung von Stirn
und Kopfschild, einen Frontoclypeus. Mit ihm und den schlanken, leicht
gebogenen und stoßzahnartig verlängerten Oberkiefern gräbt die Larve
Gänge und schiebt Material beiseite.
Ephemeridae:
Diese Familie umfasst die großen Eintagsfliegen mit
braungefleckten Flügeln und langen Abdominalanhängen, einem
Terminalfaden (unpaarer Anhang am Ende des Hinterleibs) und
zwei Cerci (zwei paarig angelegte Anhänge), die die
Körperlänge überragen. Die vorderen großen dreiecksförmigen
und kleinen hinteren Flügeln sind durchsichtig und mit einem
schmalen Saum von Queradern und einer markanten braunen
Zeichnung versehen, die aus dunklen Tupfen zusammengesetzt
ist.
Nach der finalen Häutung bleiben dem Insekt nur
wenige Tage für die Paarung und Eiablage |
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Bild: Wolfgang Kleinsteuber /
Senckenberg |
Weibchen der Dänischen Eintagsfliege |
Die Dänische Eintagsfliege trägt bereits als Larve auf ihrem
Hinterleib ähnliche dunkle Zeichnungen wie das fertig ausgebildete
Fluginsekt. Die Entwicklung der Larven dauert in Abhängigkeit von
verschiedenen Umweltfaktoren wie der geografischen Lage, der
Wassertemperatur und dem Nahrungsangebot ein bis drei Jahre, in
Mitteleuropa meist zwei Jahre. In Gewässerbereichen mit langfristig
optimalen Entwicklungsbedingungen können die Ephemera-Larven hohe
Populationsdichten erreichen. Dann ist während einer kurzen Zeit im
Jahr ein synchronisierter Massenschlupf hunderter von Tieren zu
beobachten.
Die doppelte Verwandlung - einmalig
in der Insektenwelt
Kurz vor dem Übergang vom
Wasser- zum Landleben bildet sich bei der ausgewachsenen Larve
zwischen der alten und der neuen Haut eine Luftschicht. Dadurch
verringert sich ihr spezifisches Gewicht und sie kann zur
Wasseroberfläche aufsteigen. Längs einer vorgebildeten Naht an Kopf
und Brust platzt nun die Larvenhaut auf und es schlüpft innerhalb
weniger Sekunden eine bereits flugfähige Eintagsfliege heraus, die
sich allerdings noch deutlich vom geschlechtsreifen Insekt (Imago)
unterscheidet. Dieses "vorläufige Luftstadium" wird als Subimago
bezeichnet und ist durch leicht getrübte, am Hinterrand bewimperte
Flügel und kürzere Schwanzfäden erkennbar. Die Subimago fliegt sofort
zu einem geschützten Ort am Ufer, wo sie zunächst für einige Zeit
ruhig sitzen bleibt. Die finale Häutung wird durch zitternde
Flügelbewegungen und Schwenken des Hinterleibs eingeleitet. Erst nach
diesem zweiten Schlupf ist die Eintagsfliege fertig entwickelt und zur
Fortpflanzung bereit.
Sowohl die Subimago als auch die Imago
weisen verkümmerte Mundwerkzeuge auf und nehmen keine Nahrung mehr
auf. Auch der Darm ändert seine Funktion und kann durch das Insekt
unterschiedlich stark mit Luft befüllt werden. Dadurch können
Eintagsfliegen während des Fluges ihre Körperstellung regulieren und
die Weibchen vermutlich das Auspressen der Eier bei der Ablage
unterstützen. Die Imagines der Dänischen Eintagsfliege leben zwei bis
vier Tage. In dieser Zeit erfolgen Paarung und Eiablage. Die Männchen
schwärmen in Gruppen bevorzugt nachmittags bis abends im Uferbereich.
Kommt ein Weibchen hinzu, wird es sofort von den Männchen unterflogen.
Hat ein Männchen das Weibchen erfolgreich mit den stark verlängerten
Vorderbeinen an den Flügelwurzeln umklammert, umgreift es dieses mit
den Kopulationszangen am Hinterleib. Während der im Flug erfolgenden
Paarung driften die Tiere mit gespreizten Schwanzfäden und
schlagenden Flügeln abwärts und trennen sich meist erst unmittelbar
vor Erreichen des Bodens oder der Wasseroberfläche wieder. Bereits
kurz danach legt das Weibchen seine Eier ab und ein neuer
Entwicklungszyklus kann beginnen.
Gefährdung und Schutz
Die Dänische
Eintagsfliege ist in Mitteleuropa weit verbreitet. Aktuell ist sie
nicht gefährdet. Während ihrer durchschnittlich zweijährigen
Larvenentwicklung ist sie jedoch auf ökologisch intakte Gewässer
angewiesen. Für die Kiemenatmer ist ein guter Sauerstoffgehalt des
Wassers wichtig. Die grabenden Larven brauchen außerdem
strömungsberuhigte, feinsedimentreiche und nicht zu stark verschlammte
Bereiche, damit sie ihre Wohnrörhren anlegen können. Die erwachsenen
Fluginsekten sind auf strukturreiche Gehölzsäume der Gewässerufer
angewiesen. Dort finden sie nach dem Schlupf Ruheplätze und während
ihrer Paarungsflüge Orientierungspunkte sowie die von ihnen
bevorzugten Schwarmplätze. Ein möglichst umfassender Gewässer- und
Uferschutz sichert und fördert daher langfristig den Erhalt der Art.
Insbesondere sollten übermäßige Nährstoffeinträge, die zu
Eutrophierung und Bildung von Faulschlamm führen, sowie nachteilige
strukturelle Veränderungen ihrer Wohngewässer wie Ausbaumaßnahmen, die
Errichtung von Stauhaltungen und die Rodung von Ufergehölzen oder die
Vernichtung von Uferrandstreifen vermieden werden.
Die nähere Verwandtschaft
In Mitteleuropa ist die Gattung Ephemera durch drei
weitere Arten vertreten, die sich u.a. in der Ausprägung der dunklen
Zeichnungen auf der Oberseite ihres Hinterleibs unterscheiden. Trotz
ihrer ähnlichen Lebensweise besetzen sie zum Teil unterschiedliche
ökologische Nischen. Ephemera vulgata kommt sowohl im
Bergland als auch in der Ebene vor, ist aber insgesamt seltener als
die Dänische Eintagsfliege. Ihre Larven bewohnen vor allem Seen (auch
zusammen mit E. danica) und Teiche sowie Flussseen und
langsam fließende Flüsse, Bäche und Gräben. Sie haben auf allen
Abschnitten des Hinterleibs kräftige dunkle Zeichnungen. E.
vulgata ist im Vergleich zu den anderen Arten toleranter
gegenüber Eutrophierung (z.B. in Fischteichen) und kann in
nischenarmen Lebensräumen wie Schotterbereichen von Flüssen oder
frisch gefluteten Kiesgruben auch Hartsubtrate besiedeln, ohne sich
einzugraben. Die seltene Ephemera glaucops ist die kleinste
der vier mitteleuropäischen Arten und besiedelt große Flüsse, Altarme
und nährstoffarme Seen. Sie wird häufiger in neu entstandenen,
größeren Stillgewässern wie Kiesgruben und Tagebauseen gefunden. Ihre
Hinterleibszeichnung besteht aus jeweils zwei Paaren dünnerer
Längsstriche, die der ersten Abschnitte nur aus einem Paar, das meist
verkürzt ist. Ephemera lineata war früher in Flüssen
verbreitet und wird heute nur noch sehr selten nachgeweisen. Sie ist
in Teilen Europas ausgestorben bzw. verschollen.
Klasse |
Ordnung |
Familie |
Gattung |
Art |
Insekten |
Eintagsfliegen |
Ephemeridae |
Ephemera |
Dänische Eintagsfliege |
Vielen Dank an Herrn Werner Schulze, Bundesfachausschuss Entomologie im
NABU Deutschland für die Informationen zum "Insekt des Jahres 2021", Frau
Editha Schubert, Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut,
Müncheberg, für die Zusendung der Faltblätter und der Informationen
und Frau Judith Jördens, Pressesprecherin, Senckenberg-Gesellschaft
für Naturforschung, Frankfurt/Main für die Pressefotos, von Herrn
Wolfgang Kleinsteuber, die wir veröffentlichen dürfen.
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