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Die Gewässertypen des Jahres seit 2011
Der "Gewässertyp des Jahres" wird seit dem Jahr 2011
vom Umweltbundesamt ausgelobt.
Naturnahe Gewässer sind für eine
Vielzahl von Arten äußerst wertvolle Lebensräume. Unsere Gewässer in
Deutschland liegen in unterschiedlichen Ökoregionen, Höhenlagen, haben
unterschiedliche Größen und lassen sich verschiedenen Typen zuordnen.
Mit der Reihe "Gewässertyp des Jahres" möchte das Umweltbundesamt auf
diese Vielfalt aufmerksam machen und sie einer breiten Öffentlichkeit
näherbringen.
Die bisherigen Gewässertypen des Jahres
sind:
Jahr |
Gewässertyp |
2011 |
Steiniger, kalkarmer Mittelgebirgsbach |
2012 |
Sandiger-lehmiger Tieflandfluss |
2013 |
Die Fließgewässer des südlichen Alpenvorlandes |
2014 |
Tiefer, nährstoffarmer See Norddeutschlands |
2015 |
Das salzreiche Wattenmeer |
2016 |
Kiesgeprägte Ströme |
2017 |
Tiefer, großer, kalkarmer Mittelgebirgssee |
2018 |
Sandiger Tieflandbach |
2019 |
Großes Nordseeästuar |
2020 |
Steiniger, kalkreicher Mittelgebirgsbach |
2021 |
Der Alpensee |
2022 |
Das Grundwasser |
2023 |
Der
Mittelgebirgsfluss |
Gewässertyp des Jahres 2023 - Der Mittelgebirgsfluss
Naturnahe Gewässer bilden für eine Vielzahl von Pflanzen und
Tieren wertvolle Lebensräume. Die Gewässer unterscheiden sich
hinsichtlich ihrer Größe und ihrem Vorkommen in den Ökoregionen und
Höhenlagen Deutschlands und werden in charakteristische Gewässertypen
eingestuft. Diese bilden verschiedenste Lebensräume aus und
beherbergen typspezifische Lebensgemeinschaften. Der Gewässertyp des
Jahres 2023 ist der "Mittelgebirgsfluss".
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Die Nister entspringt im Hohen
Westerwald am Westfuß der Fuchskaute, dem mit 657 M.ü.NHN
höchsten Berg des Westerwalds. Die Nister ist knapp 64 km
lang und südlicher Zufluss der Sieg, in Rheinland-Pfalz. |
Die
Nister im Nistertal - Westerwald |
Bild: © Landesamt für Umwelt
- Rheinland-Pfalz |
Lebensraum
Der
Mittelgebirgsfluss ist ein typischer Fluss unserer
Mittelgebirgslandschaften, der aus zahlreichen Bächen gespeist wird
und sich allmählich zu einem Fluss entwickelt.
Im natürlichen
Zustand weist dieses Gewässer eine sehr hohe Dynamik auf.
Niederschläge in den Einzugsgebieten des Mittelgebirgsflusses werden
kaum zwischengespeichert und führen schnell zu ansteigenden Abflüssen
und Hochwasser. (Einer der Zuflüsse, die Gollach, nach schweren
Überschwemmungen wurden mehrere Brücken zerstört). Durch die
Abflussdynamik bewegt der Fluss Schotter, Steine und Kiese und bildet
Nebengerinne, Inseln und Altwässer aus.
Der typische
Mittelgebirgsfluss ist sehr flach, variiert in seiner Breite und
verlagert sich sehr schnell. Der Mittelgebirgsfluss bietet vielen
Tieren und Pflanzen Lebensräume. Auf größeren umströmten Steinen im
Fluss siedeln sich Kleinlebewesen, wie Muscheln und Schnecken,
Eintags-, Stein- und Köcherfliegen an.
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Die Wasseramsel ist auf schnell fließende, flache Bäche
mit einer hohen Wasserqualität und steinigem Untergrund aus
Geröll, Kies und Sand angewiesen. Sie ist die einzige
Vertreterin in Mitteleuropa der Wasseramseln und ist mit fünf
Arten die einzige Gattung der Familie Cinclidae. |
Wasseramsel füttert ihren Nachwuchs
mit Köcherfliegenlarven |
Bild: © Gunther Zieger |
Die eher kiesig-sandigen Ablagerungen werden bevorzugt von
Großmuscheln, wie der Gemeinen Flussmuschel besiedelt. Typisch ist
zudem das flächendeckende Vorkommen von großen Wasserpflanzen,
beispielsweise dem flutenden Hahnenfuß, oder dem glänzenden
Laichkraut.
Die artenreiche Fischfauna besteht je nach
Flussabschnitt überwiegend aus Äsche, Bachforelle, Groppe oder Hasel.
In feineren Sedimenten leben Bachneunaugen. Der Lachs nutzt den
Mittelgebirgsfluss als Wanderroute, um in den Mittelgebirgsbächen zu
laichen.
Die Ufer des Mittelgebirgsflusses sind mit Erlen,
Eichen, Eschen und Ulmen sowie von Weiden oder Röhrichten und
Hochstauden bewachsen.
Der Eisvogel ist die einzige in
Mitteleuropa vorkommende Art aus der Familie der Eisvögel.
Der Eisvogel lebt an fließenden Gewässern mit
Kleinfischbestand. Eisvögel sind spezialisierte Fischjäger. In
kalten Wintern, wenn die Gewässer zufrieren, haben die
Eisvögel das Problem, an Nahrung zu gelangen.
Jungvögel
unternehmen weite Wanderungen, die sie mitunter 2.000
Kilometer vom Brutort wegbringen.
Männchen und Weibchen
ähneln sich sehr. Jedoch haben die Weibchen einen
orangefarbenen Unterschnabel. |
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Bild: © Raimund Linke |
Der "Fliegende Edelstein" benötigt im Winter eisfreie Stellen |
Nutzung - Belastung - Maßnahmen
Die Mittelgebirgsflüsse
sind aufgrund der intensiven Nutzung und den Belastungen nur noch
selten in einem natürlichen Zustand.
Zur Nutzung der Auen als
landwirtschaftliche und urbane Flächen, für den Hochwasserschutz oder
für die Wasserkraftnutzung wurden der Gewässerlauf begradigt und die
Ufer befestigt. Dies hat den natürlichen Flusslauf über Jahre
verändert und die Lebensräume für Tiere und Pflanzen stark verringert.
Nähr- und Schadstoffeinträge aus der Landwirtschaft und aus
Kläranlagen vermindern die Wasserqualität. In fast zwei Drittel der
Mittelgebirgsflüsse sind die Nährstoffkonzentrationen zu hoch. Neben
Einträgen aus der Landwirtschaft sind vor allem die Abwässer aus
Kommunen dafür verantwortlich.
Auch die regenerative
Stromerzeugung aus Wasserkraft belastet die Mittelgebirgsflüsse. Fast
zwei Drittel werden energetisch genutzt. Die Querbauwerke verhindern
die Wanderungen von Äsche oder Lachs und der Aufstau des Wassers
verändert die natürliche Fließdynamik des Mittelgebirgsflusses.
Der Klimawandel wird die bereits bestehende Belastungssituation
der Mittelgebirgsbäche verstärken.
Renaturierungsmaßnahmen
stellen die natürlichen Gewässerstrukturen wieder her und verbessern
Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Wenn Uferbefestigungen
zurückgebaut und ein natürlicher Verlauf des Gewässers
wiederhergestellt werden, können sich zudem Hochwässer wieder in der
Aue ausbreiten und schwächen Hochwasserspitzen ab.
Neben der
Verminderung der Nähr- und Schadstoffeinträge sind vor allem Maßnahmen
an Wasserkraftanlagen auch für einen besseren Ausgleich zwischen
Klimaschutz und Gewässeschutz notwendig. So sind beispielsweise
Mindestanforderungen für einen ausreichenden Wasserdurchfluss in den
Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen einzuhalten und Maßnahmen
für den umfassenden Fischschutz erforderlich.
Vorkommen
Beispiele von Mittelgebirgsflüssen sind Murg (Baden-Württemberg),
Tauber (Bayern), Untere Eder und Lahn (Hessen), Leine (Niedersachsen),
Wupper (Nordrhein-Westfalen), Selz (Rheinland-Pfalz), Prims
(Saarland), Chemnitz (Sachsen), Bode (Sachsen-Anhalt) und Schwarza
(Thüringen).
Zustand
Aufgrund der intensiven Nutzung
dieses Gewässertyps und den sich daraus ergebenden Belastungen
erreichen derzeit nur drei Prozent der Mittelgebirgsflüsse einen guten
Zustand. Mehr als 50 Prozent sind als mäßig eingestuft und nur eine
Klasse von den Zielen entfernt.
Verbesserungsmaßnahmen zur
Wiederherstellung der Lebensräume, zur Durchgängingkeit für wandernde
Fischarten und zu einem naturnahen Wasserhaushalt werden dazu
beitragen, die Ziele kurz- und mittelfristig zu erreichen.
3
Prozent sind in einem guten, 51 Prozent in einem mäßigen, 38 Prozent
in einem unbefriedigenden und 8 Prozent in einem schlechten Zustand.
Vielen Dank an das Umweltbundesamt in
Dessau-Roßlau für den Pressetext, Auszüge daraus. Vielen Dank auch
an Herrn Milan Sell vom Landesamt für Umwelt in Rheinland-Pfalz für
das Bild Nister, Westerwald das ich hier veröffentlichen darf.
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