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Die Gemüse / Kulturpflanzen des Jahres seit 1999
Eine Aktion
des Vereins zur Erhaltung der Nutzenpflanzenvielfalt (VEN)
Der Verein zur Erhaltung der
Nutzpflanzenvielfalt (VEN) wurde 1986 gegründet. Wir geben Saatgut,
Wissen und Fertigkeiten weiter. Unser Online-Terminkalender informiert
darüber, wann und wo dies mit pandemiegerechtem Abstand stattfindet.
Unsere Saatgutliste gibt es online und gedruckt. Auch wenn Saatgut und
Bildungsveranstaltungen nicht kostenlos sind: Wir arbeiten weitgehend
ehrenamtlich.
Durchgeführt seit dem Jahre 1999:
Jahr |
Gemüse |
wissenschaftlicher Name |
1999 |
Puffbohne |
Vicia faba |
2000 |
Gartenmelde |
Atriplex hortensis |
2001 |
Tomate |
Lycopersicon esculentum |
2002 |
Flaschenkürbis, Kalebasse |
Lagenaria siceraria |
2003 |
Kartoffel |
Solanum tuberosum |
2004 |
Körnerbohne
Da die Nutzung der Kerne der Bohnensorten weitgehend in
Vergessenheit geraten ist. |
Gattung: Phaseolus |
2005 |
Zichorie |
Cichorium intybus |
2006 |
Kopfkohl |
Brassica oleracea |
2007 / 2008 |
Gartensalat |
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2009 / 2010 |
Erbse |
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2011 / 2012 |
Pastinake |
Pastinaca sativa |
2013 / 2014 |
Lauch und Zwiebeln |
Allium |
2015 / 2016 |
Chili und Paprika |
Capsicum |
2017 / 2018 |
Steckrübe |
Brassica napus ssp. napobrassica |
2019 / 2020 |
Gurke |
Cucumis sativus
L. |
2021 / 2022 |
Mais |
Zea mays L. |
2023 |
Rote Bete |
Beta vulgaris |
Der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. (VEN)
hat den Mais (Zea mays) zum "Gemüse der Jahres 2021 /
2022" gekürt.
Mai ist eine uralte Kulturpflanze aus Lateinamerika, die ab dem
16.Jahrhundert ihren Siegeszug um die Welt angetreten hat. Heute ist
Mais mit rund 1 Milliarde Tonnen das wichtigste landwirtschaftliche
Produkt vor Weizen und Reis. 90% der angebauten Maissorten sind
Hybriden. Mittlerweile werden weltweit gentechnisch gezüchtete Sorten
angebaut. Dem VEN ist es ein besonderes Anliegen, die beachtliche und
stark bedrohte Sortenvielfalt vorzustellen, um für den Anbau dieser
Sorten in privaten Gärten und damit für ihre Erhaltung zu werben.
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Maiskörner sind nicht immer gelb. Bei
den Vielfaltssorten, die früher im Maisanbau weit verbreitet
waren, gibt es fast das gesamte Farbspektrum.
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Der Mais
- Gemüse der Jahre 2021 / 2022 |
Bild: Ute Giesen / VEN e.V.
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Heute essen viele von uns praktisch täglich Mais, allerdings
meist nicht gegrillt am Kolben oder gelbe Körner aus der Dose, sondern
oft unwissentlich. Aus Mais gewonnener Glukosesirup findet sich
nämlich in beträchtlichen Mengen als Süßmittel in vielen
Fertigprodukten, verbunden mit denselben Gesundheitsrisiken wie
Rübenzucker. Erst seit wenigen Jahren ist Mais zur weltweit
wichtigsten landwirtschaftlichen Kultur aufgrückt und hat dabei Reis
und Weizen überholt. Grund ist jedoch weniger der in Fertigprodukten
versteckte aus Mais gewonnene Zucker und auch nicht die Mengen Mais,
die in Biogasanlagen zu Energie verarbeitet werden. Mais ist heute
vielmehr neben Soja das weltweit meistgehandelte Futtermittel.
Herkunft und Verbreitung in Europa
Ursprünglich stammt Mais aus Mexiko. Dort wurde er in der Zeit von
4000 bis 3000 v.Chr. aus Wildgräsern Teosinte (Zea mays subsp.
parviglumis L.) domestiziert und weiterentwickelt zu heutiger
Formenvielfalt. Die meist ein bis drei Kolben je Pflanze haben fest in
den Kolben sitzende Körner, die abgerebelt und einzeln gesät werden,
damit sich wieder vollwertige Pflanzen entwickeln. Damit ist Mais eine
der wenigen "absoluten Kulturpflanzen". Lange bevor die ersten
Maiskörner mit Christoph Kolumbus 1493 in Spanien ankamen, hatte sich
der Mais über ganz Amerika verbreitet und sicherte den Menschen ihre
Lebensgrundlage. Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts hatte sich ein
Anbau über Südeuropa, den Vorderen Orient bis nach Afrika verbreitet.
Nach Mitteleuropa kam der Mais aus dem Vorderen Orient. Namen wie
"Türkisch Korn", "Welschkorn" oder "Kukuruz" zeugen davon.
Aufgrund
seiner großen Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche
klimatische Bedingungen, seines hohen Ertrages und
vielfältiger Nutzbarkeit wird Mais heute in fast allen Ländern
der Erde angebaut. |
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Bild:
Völkerkundemuseum Berlin |
Sieben-Schlangen-Sockel mit
Maisabbildung |
Botanik
Der wissenschaftliche Name Zea mays L. setzt sich zusammen
aus der Gattungsbezeichnung Zea (griechisch: Grund des
Lebens) und der Art mays (haitianisch: unsere Mutter). Mais
gehört wie alle Getreide und die Hirsen zur Familie der Süßgräser. Er
unterscheidet sich von allen heimischen Getreiden durch die getrennten
männlichen und weiblichen Blütenstände. An der Spitze einer Pflanze
und aller blühenden Seitentriebe befinden sich die männlichen
Blütenrispen (Fahnen). Die weiblichen von Hüllblättern umgebenen
Blütenstände stehen einzeln oder zu mehreren seitlich an den Sprossen.
Ordnung |
Familie |
Gattung |
Art |
Süßgrasartige |
Süßgräser |
Zea |
Mais |
Zur Blütezeit erscheinen hier die Narbenfäden als "Seide" an
der Spitze. Mais ist durch seinen C4-Photosynthese-Stoffwechsel enorm
produktiv. Die Sonnenenergie wird besonders wirkungsvoll umgesetzt,
Wasser und Kohlendioxid besser ausgenutzt. Die Farbe der reifen
Maiskörner reicht von weiß über gelb, ocker, orange, rot, purpurn,
braun, grün, violett bis hin zu blau und fast schwarz oder metallisch
glänzend. Ihre Größe reicht von wenigen Millimetern bis zu 2,5
Zentimeter Durchmesser. Vom Mais gibt es tausende Kultursorten, die
entsprechend der Nutzung ihrer Körner in Konvatietäten (convar.)
zusammengefasst werden.
Samenbau
Mais ist ein fakultativer
Fremdbefruchter und die Bestäubung wird durch den Wind unterstützt. Da
die feinen Maispollen sehr weit fliegen, können sich alle Maissorten,
auch die auf dem Maisfeld nebenan, miteinander kreuzen. Daher sollten
sie räumlich voneinander isoliert oder von Hand bestäubt werden.
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2020 wurden zwei Drittel der
weltweiten Ernte vornehmlich in den Industrieländern an Tiere
zur Fleischerzeugung verfüttert. ... |
Vielfältige Verwendung des Gemüses der Jahre 2021 / 2022 - des
Mais |
Bild: Jasmin Karp / VEN e.V. |
Vielfältige Verwendung des
Mais
... Ca. 15% dienten direkt der Ernährung,
vor allem in den Entwicklungsländern. Über 21% wurden verarbeitet oder
anders genutzt und nur 1% als Saatgut verwendet. Der glutenfreie Mais
ist das wichtigste Grundnahrungsmittel in Afrika und Südamerika.
Maiskeimöl wird wegen seines Vitamin-E- und seines Linolsäure-Gehaltes
nicht nur als Speiseöl sondern auch für Haut- und Pflegemittel
eingesetzt. Die Lebensmittelindustrie erstellt aus Maisstärke
Süßwaren, Backwaren und Milchprodukte. Nicht nur den Getränken werden
stärkebasierte Zuckerstoffe wie Glukosesirup, Dextrose oder Isoglukose
hinzugefügt. In der Papier- und Wellpappenproduktion verwendet man
Stärke zur Behandlung der Oberflächen, damit diese bedruckt oder
beschriftet werden können. Man denke an Tapetenkleister und Stärkeleim
sowie an Maischips zum Verpacken. Stärke ist ein wichtiges Substrat
für Bakterien und Pilze beim Fermentieren zur Herstellung von
Bioethanol, verschiedene Aminosäuren, Zitronensäure, Essigsäure,
Enzymen und Antibiotika. Zur Energiegewinnung in Biogasanlagen dienen
allein in Deutschland 37% der Maisflächen (ca. 1 Million ha).
Maisstärke findet sich in Wäschestärke, Kosmetika, als Pudergrundlage,
in Klebstoffen sowie in der Pharmazie zur Tablettenherstellung, als
Füllstoff und Bindemittel. Essbares Geschirr, geformt aus abbaubaren
und bio-basierten Kunststoffen, hergestellt aus Mais für all die
weltweiten kulinarischen Maisgerichte.
Von Milpa bis Genmais - der
weltweite Siegeszug des Mais???
Die Mischkultur
"Milpa" der Südamerikaner, auch die drei Schwestern genannt, ist
ökologisch gesehen ein sehr vorteilhaftes standortgerechtes
nachhaltiges Anbausystem. Mais, Kürbis und Bohnen ergänzen sich im
Bodenanspruch, in der Raumnutzung und bezogen auf die Ernährung. Auf
dem Balkan wurde diese Mischkultur bis 1930 angewandt.
Milpa - die
Anbaumethode kommt ursprünglich aus Südamerika und hat sich
dort über Jahrhunderte bewährt. Der Begriff "Milpa" kommt aus
der alten Sprache Nahuatl. Es leitet sich aus Mil-li-pan her,
was soviel wie "wir werden auf dem Feld gesät". Ursprünglich
wurde damit ein Feld bezeichnet, das durch Brandrodung
gewonnen wurde. |
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Bild: Ute
Giesen / VEN e.V. |
Milpa - die Mischkultur der
Südamerikaner |
Mit der Grünen Revolution, der Einführung des Kunstdüngers um 1950,
änderte sich die Landwirtschaft grundlegend. Auch Lateinamerika
vollzog den Schritt von der hochdiversifizierten Milpakultur hin zu
Mais-Monokulturen. Die traditionellen Praktiken zur Boden
Gesunderhaltung und Schädlingsbekämpfung verschwanden mit den
Kleinbauern zugunsten großer industrialisierter Betriebe. Durch den
steigenden Verbrauch an Herbiziden und beschleunigt durch die
Gentechnik entwickeln sich zunehmend herbizidresistente Unkräuter,
sog. Superweeds. Die Veränderung der agrarwirtschaftlichen Systeme
trägt zum Humusverlust der Böden und damit zum Verlust ihrer
Fruchtbarkeit bei. Dies führt im Extremfall zu Verödung der
Anbauflächern, die damit für lange Zeit für den Anbau von Nahrung
unbrauchbar werden.
Aktiv werden im VEN
Vielleicht haben Sie ja auch Interesse, Zeit und Lust, dieser
besonderen Kulturpflanze einen Platz in Ihrem Garten zu geben. Der
Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. freut sich über
alle, die mitmachen möchten (egal ob Laie oder Profi) und eine
Maissorte in Ihrem Garten anbauen, um sie zu erhalten.
Die Fachgruppe Mais betreut die Erhaltungsarbeit:
mais@nutzpflanzenvielfalt.de
Nutzpflanzenvielfalt:
lebendig, ökologisch, unabhängig. Dafür steht der Verein zur Erhaltung
der Nutzpflanzenvielfalt e.V. Unterstützen Sie uns dabei, in dem
Sie: in Ihrem Garten samenfeste Sorten erhalten - sich in
Regionalgruppen engagieren - Mitglied werden.
Bezugsquelle für Saaten und Pflanzen
erhalten Sie über die Saatgutliste.
Vielen Dank an
Frau Susanne Gura, 1.Vorsitzende, VEN e.V. und Frau Jasmin Karp, VEN
e.V. für den Pressetext und die Möglichkeit Bilder von Frau Ute
Giesen, Frau Jasmin Karp, sowie eine Aufnahme des Völkerkundemuseum
Berlin veröffentlichen zu können.
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