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Die Gefährdeten Nutztierrassen des Jahres
seit 1984
Die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen
e.V. (GEH) ernennt seit 1984 jedes Jahr mindestens eine Rasse aus der
Roten Liste der Nutztierrassen in Deutschland zur "Gefährdeten
Nutztierrasse des Jahres". Es soll vermehrt das Interesse von
Tierhalterinnen und Tierhaltern geweckt werden und Erhaltungsmaßnahmen
unterstützt werden. Denn Biodiversitätsverlust gibt es nicht nur bei
Wildpflanzen und Wildtieren, sondern auch in der Landwirtschaft.
Darüber hinaus soll die "Gefährdete Nutztierrasse des Jahres"
stellvertretend auf die Problematik der 176 gefährdeten Nutztierrassen
der Roten Liste der GEH aufmerksam machen. Das Ziel ist kein weiterer
Verlust einer an einen speziellen Standort angepassten Nutztierrasse.
Die gefährdeten Nutztierrassen, seit
1984 waren:
| Jahr |
Nutztierrasse |
| 1984 |
Kärntner
Brillenschaf |
| 1985 |
keine |
| 1986 |
Murnau-Werdenfelser
Rind |
| 1987 |
Schwäbisch-Hällisches Schwein |
| 1988 |
Schleswiger
Kaltblut (Pferd) |
| 1989 |
Waldschaf |
| 1990 |
Angler (Deutsches)
Sattelschwein |
| 1991 |
Rhönschaf |
| 1992 |
Hinterwälder Rind |
| 1993 |
Thüringer Waldziege |
| 1994 |
Westfälischer
Totleger (Huhn)
Diepholzer Gans
Pommernente |
| 1995 |
Buntes Bentheimer
Schwein |
| 1996 |
Schleswiger
Kaltblut (Pferd) |
| 1997 |
Rotvieh |
| 1998 |
Weiße gehörnte
Heidschnucke
Altdeutscher Hütehund |
| 1999 |
Wollschwein |
| 2000 |
Rottaler Pferd |
| 2001 |
Bayerische Landgans
Bergische Kräher (Huhn)
Bergischer Schlotterkamm (Huhn)
Krüper (Huhn) |
| 2002 |
Angler Rind |
| 2003 |
Groß- und
Mittelspitz (Haushund)
Deutscher Pinscher (Hofhund) |
| 2004 |
Leutstettener Pferd
Dunkle Biene |
| 2005 |
Bentheimer
Landschaf |
| 2006 |
Deutsches
Sattelschwein |
| 2007 |
Murnau-Werdenfelser
Rind |
| 2008 |
Die Bronzepute |
| 2009 |
Das Alpine
Steinschaf |
| 2010 |
Das Meißner
Widderkaninchen |
| 2011 |
Das Limpurger Rind |
| 2012 |
Deutsche Sperber |
| 2013 |
Das Leineschaf |
| 2014 |
Die Dülmener -
wilde Pferde aus Westfalen |
| 2015 |
Deutsches
Karakulschaf |
| 2016 |
Das Original
Braunvieh Das Glanrind Das Deutsche Schwarzbunte
Niederungsrind |
| 2017 |
Die Deutsche
Pekingente Die Orpingtonente Die Warzenente |
| 2018 |
Das
Altwürttemberger Pferd |
| 2019 |
Schwalbenbäuchige
Wollschwein Blondes Wollschwein Rotes Wollschwein |
| 2020 / 2021 |
Das
Pustertaler Rind Der Westerwälder Kuhhund |
| 2022 / 2023 |
Das
Walachenschaf |
| 2024 |
Angora-,
Lux- und Marderkaninchen |
| 2025 |
Das
Gelbvieh / Frankenvieh |
"Gefährdete Nutztierrasse des Jahres
2025" - ist das Gelbvieh / Frankenvieh
Das Gelbvieh (Frankenvieh) ist aktuell in der Roten Liste der
GEH in der Kategorie III "gefährdet" neue Rote Liste in Kat. II
eingestuft. Der Rückgang der Gelbviehpopulation verlief schnell und
stetig. Um 1950 gab es ca. 800.000 Rinder, die dem "einfarbig gelben
Höhenvieh" zugeordnet wurden. Anfang der 1980er Jahre gab es in
Franken noch etwa 100.000 Milchkühe der Rasse, in 2025 sind es gerade
noch etwa 1.250 Milchkühe und ebenso 1.250 Mutterkühe im Herdbuch
deutschlandweit. Die Bestandszahlen zeigen eindrücklich, wie schnell
der Verlust der Rasse voranschreitet - der Handlungsbedarf ist groß!
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In Deutschland stehen 18 Rinderrassen auf der Roten Liste
der GEH. Gemeinsam ist ihnen allen, das sie noch bis 1960 in
der Landwirtschaft wegen ihrer Vielseitigkeit eines der
wichtigsten Nutztiere waren - mit Milch, Arbeit, Fleisch,
Dünger und Leder sicherten sie die Lebensgrundlagen der Bauern
und die Versorgung der Bevölkerung. |
| Gelbvieh - Mutterkuh - einst gab es
über 800.000 Tiere |
Bild: © Schmidbauer / GEH |
Die Geschichte des Gelben Frankenviehs
Die Rasse Deutsches
Gelbvieh, ehemals Gelbes Frankenvieh, stammt ab von dem kleinen roten
altfränkischen Vieh (Widerristhöhe ca. 100 cm), das aus dem in ganz
Süd- und Mitteldeutschland verbreiteten ursprünglichen
germanisch-keltischen roten Rindviehschlag hervorgegangen sein soll.
Über die Zucht des altfränkischen Viehs ist wenig bekannt. Nach dem
Ende des dreißigjährigen Krieges 1648 sollen die Rinderbestände
Frankens durch ausländisches Vieh wieder aufgebaut worden sein. Ab
1800 wurde eine große Zahl anderer Rinderrassen nach Franken
eingeführt, so z.B. Niederungsvieh (wie Ostfriesen) oder Heilbronner
Vieh. Diese Zucht war jedoch auf Dauer nicht erfolgreich und es
kamen nach 1860 Tiere der Rassen Allgäuer, Holländer und Shorthorn
nach Franken zum Einsatz. Zur Vereinheitlichung der Rasse wurde 1872
in Franken erstmals ein Zuchtziel formuliert: "Ein Rind mit streng
spezialisierter Leistung, nämlich ein großes, leicht mastfähiges
Zugrind mit der als Erkennungsmerkmal (Fabrikmarke!) anzusehenden
Einfarbigkeit!". Zu diesem Zeitpunkt begann man, einfarbige
Simmentaler aus der Schweiz zu importieren, um die Zucht auf eine
einheitliche Grundlage zu stellen und zu konsolidieren. Es entstanden
so verschieden farbige Schläge: der dunkle Ellinger Schlag durch
Einkreuzung von Braunvieh, der sehr hellgelbe Scheinfelder Schlag, das
rötliche Rhönvieh und der etwas hellere Main-Franken-Schlag.
Phänotypisches Zuchtziel war nun ein einfarbiges, gelbes Rind. Im
Jahre 1875 wurde in Uffenheim der erste Stammzuchtverein gegründet,
1897 der erste Zuchtverband in Mittel- und Oberfranken und 1899 ein
Zuchtverband in Unterfranken. Zuchtziel war ein Dreinutzungsrind mit
guter Zug-, Fleisch- und Milchleistung. In den 1920er und 30er Jahren
erlebte die Zucht einen großen Aufschwung und strahlte auf die anderen
gelben Höhenviehschläge wie Glan-Donnersberger oder Limpurger aus.
| Das Gelbvieh wurde in Franken und den
angrenzenden Bundesländern Baden-Württemberg, Hessen und
Thüringen gezüchtet. |
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| Bild: © Schmidbauer / GEH |
Gelbvieh - Mutterkühe |
Das Gelbvieh wurde vielfältig genutzt: Die arbeitswilligen
Rinder waren gute Zugtiere im Ackerbau und zuverlässig eingefahrene
Ochsen konnten für viel Geld bis nach Norddeutschland verkauft werden.
Damit einher gehen eine gute Muskelentwicklung und ein hervorragendes
Fleischbildungsvermögen. Die Milchleistung spielte lange eine
untergeordnete Rolle und wurde teilweise nur für den Eigenbedarf
genutzt. Außerdem war der Mist als Dünger in den Ackerbauregionen
Frankens sehr geschätzt.
In den 1920ern breitete sich das
Gelbvieh insbesondere in Thüringen weiter aus, wo ab 1950 mit der
Einkreuzung von Roten Dänen und Anglern die Milchleistung verbessert
werden sollte. Daraufhin verschwand die Rasse in der DDR völlig.
Ab den 1950ern ging der Bestand des Gelbviehs stark zurück. In
Franken wurde das Gelbvieh noch bis in die 1965er Jahre als
Arbeitsrind gehalten. In dieser Zeit versuchte man die Milchleistung
durch geringe Einkreuzung von Roten Dänen zu steigern. Jedoch hatte
das Gelbvieh weiterhin eine etwas geringere Milchleistung als das Fleckvieh, weshalb immer mehr
Betriebe die Gelbviehzucht aufgaben.
Als Fleischrind wurde das
Gelbvieh im Ausland immer mehr geschätzt: So entstanden um bzw. nach
1970 weltweit Zuchtverbände zum Beispiel in den USA, Kanada und
Südafrika. Ein wichtiger Vorteil für die Haltung von Gelbvieh in
diesen Ländern ist die einfarbige Pigmentierung der Haut, die einen
guten Schutz vor der Sonne und UV-Strahlung bietet.
Eigenschaften des Gelbviehs (Frankenvieh)
Beim Gelbvieh handelt
es sich um ein arbeitswilliges und frohwüchsiges Rind mit einem
gutartigen, ruhigen Charakter. Das Zuchtziel ist ein helleres bis
dunkleres Gelb oder Rotgelb. Die Kühe der fleischbetonten
Doppelnutzungsrasse sind leichtkalbig und auch hervorragend für die
Mutterkuhhaltung geeignet. Die tägliche Zunahme junger Mastbullen
liegt bei 1.250 g neben einem maximalen Gewicht von 650 kg und einer
Schlachtausbeute von über 60%.
| |
Kühe |
Bullen |
| Widerristhöhe |
138 - 145 cm |
148 - 160 cm |
| Gewicht |
700 - 850 kg |
1.100 - 1.300 kg |
| Milch-Fleischleistung |
5.800 kg mit 4% Fett und 3,7% Eiweiß |
Tägl. Zunahme der Mastbullen ca. 1.250 g |
| Im Jahr 2023 waren 1.250 Milchkühe und 1.250 Mutterkühe in
Deutschland im Herdbuch eingetragen - Das Gelbvieh steht in
der Roten Liste der GEH in der Kategorie III gefährdet, bei
der BLE unter Erhaltungspopulation. |
Aktuelle Erhaltungszuchtmaßnahmen
Die Rasse Gelbvieh
stellt heute nur noch ca. 0,1% des bayerischen Rinderbestandes dar.
Züchterisch wird die Rasse Gelbvieh in der Milchviehhaltung
(Doppelnutzung) vorwiegend durch den Rinderzuchtverband Franken e.V.
betreut. Die Mutterkuhhalter können auf die jeweiligen, in den
Bundesländern vertretenen Fleichrinderzuchtverbände zurückgreifen. In
Bayern gibt es ein reguläres Zuchtprogramm für Gelbvieh in der
Doppelnutzung als Teil des Zuchtprogramms der "Vereinigung zur
Förderung der Rinderzucht e.V. (VFR)" mit gezielten Paarungen und
innovativen Zuchtmethoden (insbesondere Embryonentransfer) zur
Erzeugung von Prüfbullen für die Besamung.
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In Deutschland ist das Gelbvieh vor allem in Bayern,
Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und
Mecklenburg-Vorpommern verbreitet. |
| Gelbvieh-Bulle -
das Gelbvieh ist
einfarbig gelb - Hörner, Klauen sind ebenso hell |
Bild: © Schmidbauer / GEH |
Die Bullen werden durch die Besamungsstation Neustadt/Aisch
geprüft. Dabei wird es mittlerweile durch den zurückgehenden
Rinderbestand, vor allem im Hauptzuchtgebiet, immer schwieriger, gute
Bullen für den Prüfeinsatz zu gewinnen und die Prüfbullen entsprechend
einzusetzen. Es stehen in Deutschland auf Fleischleistung geprüfte
Gelbviehbullen über die künstliche Besamung zur Verfügung, die dem
Doppelnutzungszuchtprogramm entstammen. In einem kleinen Zuchtversuch
wurde vor dem Jahr 2000 Bullensperma aus den USA und aus Kanada zur
Benutzung in der heimischen Mutterkuhhaltung zurückimportiert. Diese
Bullen gehen auf alte, in Franken bereits ausgestorbene Bullenlinien
zurück und haben die natürliche Hornlosigkeit in der
Fleischrinderzucht des Gelbviehs verbreitet und gefestigt.
Derzeit werden noch etwa 40% der Gelbvieh-Herdbuch-Milchkühe in
Franken in ganzjähriger oder seltener in kombinierter Anbindehaltung
gehalten, denn eine Umstellung auf einen Laufstall oder eine
Kombination mit Weide ist häufig wegen der begrenzten Ortslage nicht
durchführbar. Ein Sommerweidegang ist oft durch die kleinteilige
Struktur und den langen Wegen zwischen den Flächen und Stall schwierig
umzusetzen. Bei einem endgültigen Verbot der Anbindehaltung oder deren
Auslaufen durch den Druck des Handels, könnte es zu einem starken
Rückgang der Gelbviehmilchkühe als auch der Mutterkühe im Herdbuch
kommen.
| Offener, luftiger Milchviehstall in
Unterfranken mit Gelbvieh. |
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| Bild: © Hamm / GEH |
Gelbvieh - Milchkühe - im Offenstall |
In Deutschland ist die Mutterkuhhaltung
mit Gelbvieh noch nicht so weit verbreitet, ganz im Gegensatz zu
Nordamerika. In Deutschland werden bevorzugt ausländische
spezialisierte Fleischrinderrassen wie Limousin, Angus oder Charolais
eingesetzt. Erst in den letzten Jahren haben mehrere Betriebe in
Franken mit der Mutterkuhhaltung begonnen und dabei ihre einheimische
Rasse gewählt. In der Mutterkuhhaltung laufen die Deckbullen oftmals
mit den Kühen mit, in der Milchviehhaltung wird weitgehend mit
künstlicher Besamung gearbeitet, so dass hier eine größere Auswahl von
Besamungsbullen vorhanden ist. Während die Milchkühe noch oft
enthornt werden, gibt es bei den Mutterkühen schon viele natürlich
hornlose Tiere.
Die Zukunft des vielseitig einsetzbaren
Gelbviehs kann in der Milchviehhaltung als Doppelnutzungsrind mit
ausreichend Grünland und hohem Einsatz von betriebseigenen
Futtermitteln liegen und in Biobetrieben mit Vermarktungsoptionen. Ein
Hauptaugenmerk sollte sich aber auch in der Mutterkuhhaltung auf mäßig
intensiven bis extensiven Grünlandstandorten richten. Hier haben sich
in den letzten Jahren auch größere Gelbviehzuchtbetriebe entwickelt,
die die Umgänglichkeit, Robustheit und Fleischqualität dieser
Rinderrasse schätzen. Auch für die Beweidung von Grünlandstandorten
Biosphärenreservaten, Naturparken und anderen Landschaftspflegeflächen
empfiehlt sich der Einsatz des heimischen Gelbviehs. Die gute
Fleischqualität macht die Rasse gut geeignet für die
Direktvermaektung.
Vielen Dank an Frau Antje Feldmann, GEH-Geschäftsführerin, für den Pressetext, sowie
für die Möglichkeit die Bilder von Herrn oder Frau Schmidbauer, Hamm,
veröffentlichen
zu dürfen.
Wenn Sie mehr über die Gesellschaft wissen möchten:
www.g-e-h.de
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