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Die Böden des Jahres seit 2005
Die Aktion "Boden des Jahres", setzt sich zum Ziel, das
Bewusstsein für den Boden als unsere Lebensgrundlage zu schärfen. Sie
appelliert, Verantwortung für seinen Schutz zu übernehmen, und für
seine Nutzung schonende Verfahren einzusetzen.
Die Aktion wird u.a. auch vom Umweltbundesamt unterstützt.
Ausgewählt wird der Boden des Jahres vom Kuratorium Boden
des Jahres, dessen Sprecher Dr. Gerhard Milbert vom
Geologischen Dienst Nordrhein-Westfalen ist. Das Kuratorium ist ein
Gremium der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, des
Bundesverbandes Boden und des Ingenieurtechnischen Verbandes für
Altlastenmanagement und Flächenrecycling. Auch die Bodenkundliche
Gesellschaft der Schweiz kürt jedes Jahr den Boden des Jahres, häufig
entscheiden sich beide Gremien für den gleichen Boden.
Der jeweilige Boden des Jahres wird der Öffentlichkeit in
Fachzeitschriften, mit einem Poster und in einem Flyer vorgestellt,
der Informationen über die Entstehung, Eigenschaften, Verbreitung und
Gefährdungen des jeweiligen Bodentyps enthalten. Neben den Flyern
informiert eine Internetseite ausführlich über den jeweiligen Boden
des Jahres sowie alle bisherigen Böden der Jahre 2005 bis 2020
(www.boden-des-jahres.de). Alle Informationen sind in leicht
verständlicher Sprache zusammengefasst und mit zahlreichen Abbildungen
illustriert.
Jahr |
Boden |
Internationaler
Fachbegriff |
2005 |
Die Schwarzerde |
Chernozem |
2006 |
Die Fahlerde |
Albic Luvisol |
2007 |
Der Heide-Podsol |
Podzol |
2008 |
Die Braunerde |
Cambisol oder
Arenosol |
2009 |
Die Kalkmarsch |
Gleyic Fluvisol |
2010 |
Die Stadtböden |
Urbic Technosol |
2011 |
Der Braune
Auenboden (Vega) |
Fluvic Cambisol
oder Fluvisol |
2012 |
Das Niedermoor |
Rheic Histosol |
2013 |
Der Plaggenesch |
Plaggic Anthrosol |
2014 |
Der Weinbergsboden |
Hortic oder Terric
Anthrosol |
2015 |
Der Stauwasserboden
(Pseudogley) |
Planosol oder
Stagnosol |
2016 |
Der
Grundwasserboden (Gley) |
Gleysol |
2017 |
Der Gartenboden |
Hortisol |
2018 |
Der Alpine
Felshumusboden |
Folic 'Histosol'
od. Suprafolic 'Leptosol' |
2019 |
Der Kippenboden |
Kipp-Regosol;
Kipp-Pararendzina |
2020 |
Der Wattboden |
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2021 |
Der
Lössboden |
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2022 |
Der Pelosol
/ Tonboden |
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2023 |
Der Ackerboden |
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Der Boden des Jahres 2022 - Der Pelosol / Tonboden -
der auch Minutenboden genannt wird
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Ganz oben die Laubstreu
Darunter der Oberboden mit
feinen Subpolyedern und Polyedern.
darunter der Pv
Horizont mit kantigen groben Polyedern und vertikal
orientierte Prismen
aufgeweichtes
Ausgangsgestein, Knollenmergel, Mittlerer Keuper |
Pelosol - ist der
Boden des Jahres 2022 |
Aufnahme: © www.boden-des-jahres.de |
Mein Name ist Pelosol, das heißt auf deutsch: Tonboden. In
anderen Bodengliederungen heiße ich auch Vertisol oder manchmal auch
Smonitza. Bodennutzer nennen mich Minutenboden, weil ich mich ungerne
bearbeiten lasse.
Meine Heimat
Sie liegt vor allem im
Südwesten Deutschlands. Nur Ausgangsgesteine, die aus Ton, schwach
sandigem Ton, lehmigen Ton oder schwach schluffigem Ton bestehen oder
zu Ton verwittern, können sich zu Pelosolen entwickeln. Hierzu
gehören:
Tongesteine und Tonmergelgesteine des Erdmittelalters
(Bundsandstein, Muschelkalk, Keuper, Jura und Kreide).
Vulkanische Gesteine unterschiedlicher Erdzeitalter
Tonige
Lockersedimente der Teriärzeit und quartärzeitliche Becken- und
Flussablagerungen.
Pelosolvorkommen in Deutschland. Das
Vorkommen liegt überwiegend im Südwesten Deutschlands.
Das Hauptvorkommen liegt im Gebiet zwischen dem Bodensee und
Hannover mit tonig verwitternden Gesteinen des
Erdmittelalters, vor allem im Schichtstufenland zwischen dem
Schwarzwald und der Schäbischen Alb. |
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Aufnahme: © Bundesanstalt für
Geowissenschaften, Hannover |
Bodenübersichtskarte 1:200.000 |
Mein Auftrag
ist überschaubar und doch anspruchsvoll:
Aufweichen toniger Fest- und Lockergesteine als ungegliederte
kohärente, plastische Bodenmasse, dabei behalte ich häufig die Farbe
meiner Ausgangsgesteine
Wasseranlagerung und Aufweitung
mehrschichtiger Tonminerale
Quellung und Schrumpfung
Bildung von Absonderungsgefüge in Form von Polyedern und Prismen,
häufig mit seidig glänzenden Trennflächen
Bildung von
biologischen Krümeln im Oberboden
Wiederholte Durchmischung der
Bodenmasse (Peloturbation) im Wechsel der Nass-, Feucht- und
Trockenphasen.
Meine Lieblingsminerale sind Smectite und
Vermiculite mit inneren Oberflächen von 600 bis 800 Quadratmetern pro
Gramm. Die inneren Oberflächen entstehen durch Aufweitung der
Zwischenräume zwischen den Schichtpaketren der Tonminerale. Wasser und
Anionen/Kationen können eingelagert und wieder abgegeben werden. Die
Wassereinlagerung führt zu Bodenquellung, die Wasserverdunstung zu
Bodenschrumpfung. So kann ich vor allem im Winter und im Frühling
mehrere Zentimeter wachsen und im Sommer und Frühherbst wieder sacken.
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Im Verlauf der sommerlichen Austrocknung bilden sich
Schrumpfrisse, Prismen und Polyeder treten deutlich hervor. |
Schrumpfrisse beim Austrocknen |
Aufnahme: © Lamdesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau,
Abteilung 9 im Regierungspräsidium Freiburg |
Mein Stammbaum
der ist weit verzweigt in der
mitteleuropäischen Bodengemeinschaft und weltweit. Meine Vorfahren
sind Rohböden (Syroseme) aus tonigen Fest- und Lockergesteinen sowie
tonige und tonig verwitternde Ranker und Pararendzinen. Meine Kinder
und Enkel tragen Doppelnamen. Sie entwickeln sich aus meiner
Partnerschaften mit ganz unterschiedlichen Böden, wie Stauwasserböden,
Grundwasserböden, Braunerden, Parabraunerden und Schwarzerden.
Mein Charakter
ist kantig und unstet, er richtet sich nach dem
Wetter und sogar nach dem Klima.
Bereits oberhalb von 30 cm
Bodentiefe bestehe ich aus Ton, schwach sandigem Ton, lehmigem Ton
oder schwach schluffigem Ton.
Ton ist die kleinste
Korngrößengruppe, die wir in Böden finden und hat meist die Form
ultradünner feinster Blättchen, die häufig stapelartig aneinander
kleben. Der Tongehalt ist die Ursache meines ganz besonderen
Charakters. Ich kann quellen und schrumpfen, halte das Bodenwasser
besonders fest und kann viele Nährstoffe speichern.
In feuchtem
Zustand quelle ich auf, bin plastisch und gut knetbar.
In
trockenem Zustand schrumpfe ich und bilde tiefreichende Schrumpfrisse.
Dabei enstehen kantige Bodenaggregate, die etwa gleich lang und breit
sind: Polyeder. Häufig entstehen auch Bodenaggregate die zu Tiefe hin
ausgerichtet sind und mehrfach länger als breit sind: Prismen.
In Naturräumen mit regelmäßig trockenen Sommern bilde ich bis zu 1 m
tiefe Schrumpfrisse, in die lockeres humoses Oberbodenmaterial
hineinrieselt. Im Herbst und Winter quelle ich und knete den
dunkelgrauen Oberboden in meine Bodenmasse ein. So färbe ich mich im
Verlauf der Zeit dunkelgrau bis fast schwarz und werde tiefreichend
humushaltig.
Während ich quelle und schrumpfe gleiten die
Prismen und Polyeder aneinander vorbei und bilden glatte glänzende
Scherflächen, die international 'slickensides' genannt werden.
Meine Kompetenzen
können sich sehen lassen:
Meine
Tonsubstanz ist ein Parkhaus für Wasser und Nährstoffe mit vielen
Etagen.
Für den Luft- und Wasserhaushalt biete ich ein
verzweigtes Hohlraumsystem an, das bis zu 60% meines Gesamtvolumens
betragen kann.
Aber ich bin knauserig. In der Hälfte meiner
Poren halte ich mein Wasser so fest, dass Pflanzenwurzeln das Wasser
nicht absaugen können. Dennoch kann ich mich nicht gegen die
Verdunstung im Sommer wehren.
Meine langfristigen Vorräte an
organischem Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Calcium, Magnesium und
Kalium sind beachtlich.
Ich kann meine Gäste (Wald, Grünland,
Obstwiesen, Rebflächen) sehr gut mit Nähstoffen versorgen.
Ich
bin ein ausgewiesener Grundwasserschützer und filtere viele
wasserschädliche Stoffe aus dem Sickerwasser.
Meine
Lieblingsgäste
sollen sich bei mir wohlfühlen. Willkommen sind
standortgerechte Wälder mit tiefwurzelnden Baumarten, Dauergrünland,
Streuobstwiesen, Rebflächen und andere bodenschonende Nutzungen, damit
ich nicht mehrfach im Jahr mit schweren Maschinen bearbeitet werden
muss.
Dennoch überwiegt wohl die ackerbauliche Nutzung mit
regelmäßiger Bodenbearbeitung. In trockenem Zustand bin ich steinhart
und zerfalle in grobe Schollen, die mühevoll weiter zerkleinert werden
müssen. In feuchtem Zustand bin ich zu weich, zerfließe und werde
breiig. Zwischen zu feucht und zu trocken gibt es eine kurze
Zeitphase in der ich gut gepflügt, geeggt und gemulcht werden kann.
Dies ist vorzugsweise Anfang Herbst. Eine flache minimale
Bodenbearbeitung bekommt mir besser als tiefes Pflügen. Meine Krümel,
Polyeder und Prismen werden dann geschont.
Ackerbauliche Nutzung von Pelosolen
und Pararendzinen auf tonigem Keupergestein. Im Hintergrund
die Schwäbische Alb. |
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Bild: © Landesdamt für Geologie,
Rohstoffe und Bergbau, Abteilung 9 im Regierungspräsidium
Freiburg |
Keuperbergland bei Haigerloch-Gruol (Zollernalbkreis) |
Mein Appell
an alle, die mich nutzen möchten:
Nutzt mich behutsam und schonend.
Bearbeitet mich zur rechten
Zeit, nicht zu nass und nicht zu trocken.
Quetscht mich nicht
mit zu schweren Geräten
Schützt mich auf Ackerstandorten vor
Erosion durch möglichst lange Bodenbedeckung und flache
Bodenbearbeitung.
Lasst standortgerechte Pflanzen auf mir
wachsen, die zu mir passen und sich wohlfühlen, am liebsten Wald und
Dauerkulturen, die möglichst wenig Bodenbearbeitung erfordern.
Zerstört mich nicht durch Abbau und Versiegelung.
Minimiert die
Klimaveränderung, ich fühle mich wohl in Mitteleuropa und will nicht
auswandern.
Vielen Dank an Herrn Gerhard Milbert, Kuratorium "Boden des Jahres",
für den zur Verfügung gestellten Pressetext und die Möglichkeit Bilder
vom "Boden des Jahres 2022" zeigen zu dürfen: Bundesanstalt für
Geowissenschaften, Hannover - und Landesamt für Geologie, Rohstoffe
und Bergbau, Abteilung 9 im Regierungspräsidium Freiburg.
Möchten Sie mehr wissen über alle "Böden des Jahres": Kuratorium Boden
des Jahres -
www.boden-des-jahres.de
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