Die Pflanzengesellschaften des Jahres seit
2019
Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz)
ruft jedes Jahr die Pflanzengesellschaft des Jahres aus. Für das Jahr
2019 ist dies erstmals die Glatthaferwiese.
Damit sollen
erstmalig nicht nur Einzelarten, sondern ganze Lebensgemeinschaften in
das öffentliche Interesse gerückt werden.
Die
Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft stellt sich vor:
Unsere Mitglieder beschäftigen sich beruflich in Wissenschaft und
Praxis oder in ihrer Freizeit mit der Flora und Vegetation
Mitteleuropas sowie damit verknüpften ökologischen und
naturschutzfachlichen Aspekten. Ein wichtiges Ziel der FlorSoz ist die
wissenschaftliche und praxisrelevante Fortbildung der rund 1.100
Mitglieder. Die FlorSoz steht allen Interessierten offen.
Jahr |
Pflanzengesellschaft |
2019 |
Die Glatthaferwiese |
2020 |
Der Borstgrasrasen |
2021 |
Die Hartholz-Auenwälder |
2022 |
Die Mohnäcker |
2023 |
Die Strandlingsrasen |
2024 |
Sumpfdotterblumen-Wiesen |
2025 |
Der Flechten-Kiefernwald |
Der Flechten-Kiefernwald (Cladino-Pinetum sylvestris) wurden zur
Pflanzengesellschaft des Jahres 2025 ausgerufen.
Der Flechten-Kiefernwald ist in Deutschland vom Aussterben bedroht.
Die Waldgesellschaft ist ein Erbe der historischen Kulturlandschaft
und beherbergt zahlreiche gefährdete Pflanzenarten. Die
Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft hat daher den
Flechten-Kiefernwald als "Pflanzengesellschaft des Jahres 2025"
ausgewählt.
Kennzeichen, Ökologie, historische
Nutzungsformen und Vorkommen
Unter einem lichten Schirm von
knorrigen Wald-Kiefern bedecken Flechten (symbiotische Organismen aus
Pilzen und Algen) mindestens 10% des Bodens. Die strauch-, stift- oder
becherförmigen Flechten der Gattungen Cladonia und Cetraria erinnern
an eine nordische Taiga. Daneben bestimmen Heidekraut, Moose, wenige
Gräser und Kiefernstreu das Erscheinungsbild.
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Aufgrund seiner Seltenheit und angesichts des andauernden
Rückgangs, ist dieser Waldtyp besonders schützwürdig. Er
zeichnet sich durch zahlreiche, in ihrem Bestand bedrohte und
teilweise extrem seltene Arten aus - vor allem Flechten und
Moose. |
Der Flechten-Kiefernwald wurde zur
Pflanzengesellschaft des Jahres 2025 ernannt |
Bild: K.Horn - FlorSoz |
Viele typische Kryptogamen des Flechten-Kiefernwaldes stehen auf der
Roten Liste der gefährdeten Arten. Zu ihnen zählen die Rentierflechten
(Cladonia arbuscula und C. rangiferina), die Becherflechte (C.
gracilis ssp. gracilis), sowie die Moose (Dicranum spurium und
Ptilidium ciliare).
Flechten-Kiefernwälder sind an extrem saure
Böden mit gering entwickelter Humusauflage gebunden. Sie kommen im
Tief- und Hügelland auf Sandern, Moränen, Dünen und Talsanden, im
Bergland auf Felsen aus Granit, Quarzit oder Sandstein vor.
Trockenheit und Nährstoffmangel lassen die Wald-Kiefer nur geringe
Wuchshöhen (meist < 20 Meter im Alter von 100 Jahren) erreichen.
Flechten-Kiefernwälder stehen am Anfang einer natürlichen
Waldentwicklung auf Rohböden. In der Neuzeit wurden sie auch durch die
Streunutzung gefördert. Dabei wurden Nadelstreu, Moose und
Auflagehumus zusammengerecht, in Ställen eingestreut und anschließend
als Dünger auf die Felder ausgebracht.
In Deutschland kommen
Flechten-Kiefernwälder aktuell nur noch kleinflächig, überwiegend in
subkontinental geprägten Regionen vor, so im östlichen Niedersachsen,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Hessen, Sachsen
und Bayern.
Gefährdung und Rückgang
Seit den 1990er
Jahren sind in Brandenburg, Bayern und Niedersachsen ca. 90% der
Flechten-Kiefernwälder verloren gegangen. Hauptgefährdungsfaktoren
sind eine Aufgabe der Streunutzung (ausbleibender Nährstoffentzug und
Humusabtrag zur Freilegung des Mineralbodens) und hohe
Stickstoffeinträge aus der Luft.
Bei einem erhöhten
Nährstoffangebot breiten sich konkurrenzkräftige Laubmoose, teils auch
Zwergsträucher und die Draht-Schmiele aus und verdrängen die typischen
Flechten und kleinwüchsigen Moose. In den letzten Jahren setzen Hitze
und Dürre der Kiefer zu.
Auch wenn sie nach der FFH-Richtlinie
und in manchen Bundesländern im Sinne des
Bundesnaturschutzgesetzes bereits besonderen Schutz genießen,
sind Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung dringend
notwendig. |
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Bild: © W. von Brackel |
Flechten-Kiefernwald mit Stern-Rentierflechte -
Cladonia
stellaris - in Brandenburg |
Naturschutzfachliche Bedeutung
Flechten-Kiefernwälder
genießen nach der europäischen FFH-Richtlinie besonderen Schutz.
Zusätzlich sind sie in einigen Bundesländern im Sinne des
Bundesnaturschutzgesetzes (§30) geschützt. Sie zeichnen sich durch
zahlreiche, in ihrem Bestand bedrohte und teilweise extrem seltene
Pflanzenarten aus. Auch für den zoologischen Artenschutz sind die
lichten und unterwuchsarmen Flechten-Kiefernwälder von großer
Bedeutung. Aufgrund ihrer Seltenheit und angesichts des andauernden
Rückgangs sind sie besonders schutzwürdig.
Erhaltungs- und
EntwicklungsmaßnahmenDie verbleibenden Flechten-Kiefernwälder
müssen als geschützte Biotope kartiert und vor Sand- und
Gesteinsabbau, Bauvorhaben, Kalkung und aktivem Waldumbau geschützt
werden. Bei der Holzernte sollte der Waldboden von Kronenmaterial
freigehalten werden. Ihre Erhaltung bedarf besonderer Pflege.
Die extrem nährstoffarmen Standorte der Flechten-Kiefernwälder können
nach dem Vorbild der Streunutzung durch Abtragen von Bodenvegetation
und Humusauflage wiederhergestellt werden. Eine Beimpfung der Rohböden
mit Flechten-Bruchstücken fördert die Ansiedlung von seltenen Arten
auf den Renaturierungsflächen. In Sandgruben und Steinbrüchen kann der
Verzicht aud Rekultivierung eine Neu-Entstehung von
Flechten-Kiefernwäldern begünstigen.
Wenn Sie mehr über die Arbeit von FlorSoz in Erfahrung bringen
möchten, über Fachtagungen, Vorträge und Exkursionen, dies finden Sie
unter
www.tuexenia.deVielen Dank an Frau Dr. Simone
Schneider, Vorstandsmitglied der Floristisch-soziologischen
Arbeitsgemeinschaft e.V., für die Möglichkeit
den Pressetext sowie die Bilder K.Horn und Herrn W. von Brackel,
online stellen zu dürfen.
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