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Die Pflanzengesellschaften des Jahres seit
2019
Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz)
ruft jedes Jahr die Pflanzengesellschaft des Jahres aus. Für das Jahr
2019 ist dies erstmals die Glatthaferwiese.
Damit sollen
erstmalig nicht nur Einzelarten, sondern ganze Lebensgemeinschaften in
das öffentliche Interesse gerückt werden.
Die
Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft stellt sich vor:
Unsere Mitglieder beschäftigen sich beruflich in Wissenschaft und
Praxis oder in ihrer Freizeit mit der Flora und Vegetation
Mitteleuropas und damit verknüpften ökologischen und
naturschutzfachlichen Aspekten. Ein wichtiges Ziel der FlorSoz ist die
wissenschaftliche und praxisrelevante Fortbildung der rund 1.100
Mitglieder. Die FlorSoz steht allen Interessierten offen.
Jahr |
Pflanzengesellschaft |
2019 |
Die Glatthaferwiese |
2020 |
Der Borstgrasrasen |
2021 |
Die Hartholz-Auenwälder |
2022 |
Die Mohnäcker |
2023 |
Die Strandlingsrasen |
Die Strandlingsrasen (Littorelletea uniflorae) wurden zur
Pflanzengesellschaft des Jahres 2023 ausgerufen.
Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. hat die
Vegetation der Strandlingrasen als als "Pflanzengesellschaft des
Jahres 2023" ausgewählt. Sie zählt zu den besonders gefährdeten
Pflanzengemeinschaften Deutschlands, die mit ihren wertvollen
Lebensgemeinschaften mehr ins öffentliche Interesse gerückt werden
sollen.
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Die Strandlingsrasen - unscheinbar und doch so wertvoll!
Blühender Bestand der Wasser-Lobelie (Lobelia dortmanna) im
"Saal" bei Trauen, einem inzwischen ausgetrockneten
Lobelien-Heideweiher. |
Der Rückgang der Strandlingsrasen
zeichnete sich schon in den frühen 1950er Jahren ab |
Bild: © H.-J. Hahn |
Kennzeichen, Ökologie und Artenvielfalt
Die Strandlingsrasen gehören zur Vegetationsklasse der Littorelletea
uniflora Br.-Bl. Tx ex Westhoff et al. 1946. Sie sind als Vegetation
unscheinbar, da von den kennzeichnenden Arten nur sechs auffälligere
Blüten oder Blütenstände ausbilden. Es dominieren unauffälligere
lockere bis dichte, niedrigwüchsige Unterwasserrasen mit grasartigen
bzw. relativ stabile und ausdauernde Grundrosetten aus
schmalblättrigen bis nadel- oder pfriemförmigen Blättern. Diese
Wuchsform ist eine Anpassung ausgepägter Wasserspiegelschwankungen, die
längere Überflutung im Winterhalbjahr, wie auch längere Trockenphasen
im Spätsommer hervorrufen.
Die Wasser-Lobelie (Lobelia dortmanna)
Bild: © A. Kratochwil |
Pflanzenarten der Strandlingsrasen
Die
Wasser-Lobelie ist eine Pflanze leicht saurer, nährstoffarmer
und sauberer, stehender Gewässer Nordeuropas sowie
Nordamerikas. Mit ihren kleinen, aber dichten Blattrosetten
wächst sie in rund 30 Zentimeter Wassertiefe auf
sandig-schlammigem bis feinkiesigem Untergrund. Sie wächst in
der Flachwasserzone in Ufernähe. Die Wasser-Lobelie passt sich
gut an wechselnde Wasserstände an. Ihre Blattrosetten
trifft man gelegentlich noch in 3 Meter Wassertiefe an. Dann
kann sie dort aber keinen Blütenstand, der immer über die
Wasseroberfläche hinauswachsen muss, bilden. In Deutschland
ist diese Wasserpflanze allerdings streng geschützt, da sie an
den wenigen natürlichen Standorten im Norden und Westen vom
Aussterben bedroht ist.
Die Wasser-Lobelie ist eine
Pflanzenart, die zur Gattung der Lobelien in der Familie der
Glockenblumengewächse gehört.
Ordnung: Asternartige
Familie: Glockenblumengewächse Gattung: Lobelien
Art:
Wasser-Lobelie |
Die bestimmenden Arten der Strandlingsarten sind der
namengebende Europäische Strandling (Littorella uniflora), die
Wasser-Lobelie (Lobelia dortmanna) und das Gewöhnliche Brachsenkraut
(Isoetes lacustris). Sie besiedeln oligotrophe (ist ein Organismus,
der in einer Umgebung leben kann, die sehr wenig Nährstoffe bietet),
sehr klare und gleichzeitig teilweise extrem CO2-arme Gewässer. Sie
sind inzwischen sehr selten, da sie durch intensive Landnutzung,
Grundwasserabsenkung, Nährstoffeinträge und zunehmend auch durch den
Klimawandel unter Druck geraten und verschwinden.
Gefährdung und Rückgang
Der großflächige Rückgang der
Strandlingsrasen zeichnete sich für Deutschland bereits in den frühen
1950er Jahren ab, als es im Zuge umfangreicher Meliorationsmaßnahmen
(sind nicht unumstritten, wenn es um Entwässerung und Grünlandumbruch
geht) zu Grundwasserabsenkungen in den Sandlandschaften
Nordwestdeutschlands kam.
Europäischer Strandling (Littorella
uniflora) Bild: © D. Remy |
Pflanzenarten der Strandlingsrasen
Der
Europäische
Strandling (Littorella uniflora) ist eine Pflanzenart
innerhalb der Familie der Wegerichgewächse. Diese selten
gewordene Pflanzenart kommt nur in nährstoffarmen
Stillgewässern vor. Der Strandling ist in ganz Europa,
sowie auf den Azoren, beheimatet. Er wächst an den Ufern und
in nährstoffarmen Seen und Heideweihern. Dabei dringt er bis
in Wassertiefen von 3 Metern vor. Der deutsche Name
Strandling rührt daher, dass diese Pflanze auch in den
feuchten Dünentälern in Küstennähe vorkommt, wobei er
allerdings nur geringe Konzentrationen von Meersalz toleriert.
In Deutschland ist der Strandling selten geworden, einige
Vorkommen sind bereits gänzlich verschwunden. Das führte dazu,
dass die Pflanzenart seit einigen Jahren auf der Roten Liste
der stark gefährdeten Pflanzen steht. Die Ursachen für den
Rückzug der Pflanzenart sind vielfältig: Zunehmende
Verschmutzung und Eutrophierung von Gewässern und die
Uferverdichtung durch eine Trittbelastung oder Befahren der
Ufer. Auch die Zunahme von Motorbooten und den dadurch
verursachten Wellenschlag setzen der Art stark zu. Lediglich
in den Oberharzer Teichen breitet sich der Strandling weiter
aus. In anderen Regionen Europas ist der Strandling noch
häufiger zu finden.
Ordnung: Lippenblütlerartige
Familie: Wegerichgewächse Gattung:
Littorella (Gattung von
ein bis zwei Arten von Wasserpflanzen) Art: Europäischer
Strandling |
Hinzu kommen stetige Nährstoffeinträge, die sich auf Arten extrem
nährstoffarmen Standorte besonders gravierend auswirken. Viele, wenn
nicht sogar der überwiegende Teil der Vorkommen von
Littorelletea-Gesellschaften in Nordwestdeutschland, siedelten in
flachen Tümpeln bzw. Ausblasungswannen, bei denen sich
Nährstoffeinträge stärker bemerkbar machen und eine vollständige
Austrocknung wahrscheinlicher ist.
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See-Brachsenkraut (Isoetes
lacustris)
Bild: © F. Paetzold R. Paetzold |
Pflanzenarten der
Strandlingsarten
Das See-Brachsenkraut
(Isoetes lacustris) wächst untergetaucht in
nährstoffarmen und kalkarmen Kaltwasserseen mit sandigem oder
kiesigem Grund und ist pflanzensoziologisch der Klasse
Littorelletea, also der Strandlings-Gesellschaft, zuzuordnen.
Es kommt bis in fünf, selten bis in acht Metern Wassertiefe
vor.
Klasse: Bärlapppflanzen
Ordnung: Brachsenkrautartige
Familie: Brachsenkrautgewächse Gattung:
Brachsenkräuter Art: See-Brachsenkraut
In Deutschland ist die Art bundesweit stark gefährdet, in
einigen Bundesländern gar bereits ausgestorben. |
Dazu kommen auch noch
weitere anthropo-zoogene Faktoren hinzu, wie direkte Verluste
potentieller Gewässerstandorte durch landwirtschaftliche Nutzung und
Siedlungstätigkeit, Uferverbau, fehlende natürliche
Wasserstandsschwankungen sowie durch intensive Freizeitnutzung der
Gewässerufer.
Das Gros der Strandlingsrasen ist
inzwischen verschwunden, daher sind dringend Maßnahmen zum
Schutz der Habitate notwendig. |
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Bild: © D. Remy |
Sommerliche Niedrigwasserphase - Erdfallsee im "Heiligen
Meer" |
Der Erdfallsee ist eines der vier großen Stillgewässer des
Naturschutzgebietes "Heiliges Meer" - Heupen im Tecklenburger
Land im nordrhein-westfälischen Kreis Steinfurt. Er entstand
am 14.April 1913 durch einen Erdfall, der sich wenig später
mit Wasser füllte. Die Bezeichnung "Heiliges Meer" wurde
schnell vom Volk übernommen. Der Wortstamm kommt jedoch nicht
von 'heilig', sondern entweder von dem niederdeutschen 'hel'
oder 'hil' für 'schlimm' oder dem altsächsischen 'hola' für
'Bruch', 'Loch', 'Tiefe'. Damit bedeutet der Name 'Bruchmeer'
oder 'tiefes Meer'. Das Heilige Meer hat eine Länge von 320
Metern und eine maximale Tiefe von 10,7 Metern. |
Es sind dringend Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung
der Habitate notwendig. Die Erhaltungs- bzw. Entwicklungsziele für
verbliebene oder zu schaffende Vorkommen von Strandlingsrasen sind
also klare Gewässer mit geringem Nährstoff- und Basengehalt, aber
nicht zu saurem Wasser über Sandrohböden. Die nicht beschatteten
flach einfallenden Ufer unterliegen Wasserstandsschwankungen mit
Trockenphasen im Spätsommer. Die Gefährdung der Strandlingsrasen ist
sehr vielfältig und das Gros der Vorkommen sind inzwischen verschwunden. Es
ist unsicher, ob die verbliebenen Bestände und die erforderlichen
Standortbedingungen erhalten werden können, da die Intensivierung der
Landnutzung die Nährstoffeinträge und die Absenkung der
Grundwasserspiegel aber auch der Klimawandel mit längeren
Trockenperioden weiter fortschreiten. Die Erhaltung der
Strandlingsrasen in Deutschland wäre ein Indikator für eine
erfolgreiche Wende im Umgang mir unserer fragilen Umwelt.
Das Froschkraut (Luronium natans)
Bild: © T. Heinken) |
Pflanzenarten der Strandlingsrasen
Das
Froschkraut
(Luronium natans), auch Schwimmendes Froschkraut genannt, ist
die einzige Art der monotypischen (nur ein einziger Typus)
Pflanzengattung Luronium innerhalb der Familie der
Froschlöffelgewächse. In Mitteleuropa ist das Froschkraut
selten geworden und steht unter strengem Schutz. Das
Artepitheton natans (lat.: 'schwimmend' rührt von den
bevorzugten Wuchsorten an Uferzonen von Gewääsern her - eben
in Lebensräumen von Fröschen. Das Verbreitungsgebiet der
Art reicht im Westen von Nordspanien und Frankreich, Wales und
dem mittleren West-England über die Benelux-Länder und
Nordwestdeutschland bis nach Süd-Norwegen und Südschweden im
Norden. Ostwärts reicht das Areal bis nach Ost-Pommern, zur
Lausitz, der mittleren Oder und der unteren Weichsel sowie
bis nach Oberschlesien und nach Krakau. Nachweise liegen auch
aus Tschechien vor.
Die weitaus meisten deutschen
Vorkommen des Froschkrauts liegen in Niedesachsen. Weitere
Bundesländer mit nennenswerten Vorkommen sind
Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen. In Bayern kommen
allein im Fichtelgebirge in zwei benachbarten Fischteichen,
Froschkraut,
vor.
Ordnung: Froschlöffelartige
Familie:
Froschlöffelgewächse Gattung: Luronium
Art: Froschkraut |
Wenn Sie mehr über die Arbeit von FlorSoz in Erfahrung bringen
möchten, über Fachtagungen, Vorträge und Exkursionen, dies finden Sie
unter
www.tuexenia.de
Vielen Dank an Frau Dr. Simone
Schneider, Musée national d'histoire naturelle, Luxemburg, für die Möglichkeit
den Pressetext sowie die Bilder von H.-J. Hahn, A. Kratochwil, D. Remy,
F. Paetzold und R. Paetzold
und T. Heinken, online stellen zu dürfen.
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