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Die Kartoffel des Jahres seit 2006
Warum die Auszeichnung?
Mit der Auszeichnung "Kartoffel des Jahres" soll auf die bedrohte
Kartoffelvielfalt aufmerksam gemacht werden. Verbraucher kennen aus
dem Handel nur ein schmales Sortiment von höchstens zehn Sorten, dabei
gibt es 147 in Deutschland zugelassene Speisekartoffelsorten und 157
Sorten, die in einem anderen EU-Land eingetragen sind und auch in
Deutschland angebaut werden. Weltweit gibt es über 2000 zugelassene
Kartoffelsorten. Die Tendenz der
Sortenvielfalt ist jedoch rückläufig.
Wer stimmt
ab?
Dem Arbeitskreis Kartoffel des Jahres gehören zehn
Organisationen und Unternehmen an, die seit 2006 diese Auszeichnung
vergeben. Der VEN ist darin durch Heidi Lorey vertreten. Mit der Wahl
der Kartoffel des Jahres soll auf die Vielfalt und deren Gefährdung
bei unserem Grundnahrungsmittel Kartoffel aufmerksam gemacht werden.
Wissenswertes & Interessantes über die Kartoffel
Die Kartoffel (Solanum tuberosum) ist in
Teilen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz auch als
Erdapfel (Erdöpfel den Begriff kenne ich aus
evang. Gebieten Frankens), Erdbirne oder
Grundbirne (Grumbeer, diesen Begriff kenne ich aus dem
mittelfränkischen) und im restlichen deutschsprachigen Raum
unter verschiedenen Regionalnamen bekannt, ist eine Nutzpflanze aus
der Familie der Nachtschattengewächse. Weltweit
werden jährlich etwa 376 Millionen Tonnen Kartoffeln geerntet. Die
Kartoffel ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel der Welt, aber auch
Futtermittel und Industrierohstoff. Größte
Produzenten der Kartoffel ist China, gefolgt von Indien, Russland, der
Ukraine und den USA. Deutschland kommt auf Platz sechs. Gut 11,7
Millionen Tonnen wurden 2017 bundesweit geerntet. Der
deutsche Name leitet sich vom italienischen Tartufolo für Trüffel ab.
Das Nachtschattengewächs Kartoffel stammt
ursprünglich aus dem Inkareich. Dort hieß sie papa (Quechua
papa). Dort lernten die Spanier die Kartoffel in der ersten
Hälfte des 16. Jahrhunderts kennen und brachten sie nach Europa.
In Preußen hatte Friedrich II. große Mühe, den Anbau
von Kartoffeln durchzusetzen. Am 24. März 1756 erließ er einen Erlaß
und damit den ersten Kartoffelbefehl mit dem Auftrag, "denen
Herrschaften und Unterthanen den Nutzen von Anpflantzung dieses Erd
Gewächses begreiflich zu machen und denselben anzurathen, dass sie
noch dieses Früh-Jahr die Pflantzung der Kartoffeln als einer sehr
nahrhaften Speise unternehmen".
Jahr |
Sorte |
Aus der
Begründung für die Wahl |
2006 |
Blauer Schwede |
"Kartoffeln müssen
nicht immer nur gelb sein." |
2007 |
Linda |
"Weil sie gerettet
werden muss..." |
2008 |
Bamberger Hörnchen |
"in
Feinschmeckerkreisen verehrte Sorte..." |
2009 |
Adretta |
"Bedeutende
DDR-Sorte, die die Wende überlebt hat..." |
2010 |
Sieglinde |
"Von 1945 bis 1970
der Star am Kartoffelhimmel..." |
2011 |
Ora |
"Mehlig kochende
DDR-Sorte, perfekt für Püree..." |
2012 |
Bintje |
"80 Jahre alte
Schönheit aus Holland..." |
2013 |
Rosa Tannenzapfen |
"Intensiver
Geschmack und schöne Farbe..." |
2014 |
Granola |
"Guter Geschmack
und ungemein vielseitig verwendbar..." |
2015 |
Heideniere |
"Wiederentdeckte
Sorte mit herausragendem Geschmack..." |
2016 |
Nicola |
"Unkomplizierte
Sorte, gute Qualität..." |
2017 |
Weinberger Schloßkipfler |
"Hörnchenförmige
Rarität aus Österreich..." |
2018 |
Rote Emmalie |
"Rotfleischige
Kartoffel aus Öko-Züchtung..." |
2019 |
Quarta |
"keine gymnasiale
Oberstufe, sondern die mit den roten Augenflecken" |
Die Kartoffel des Jahres 2019 - "Quarta"
Die Proklamation der "Kartoffel des Jahres 2019" fand am
20.05. im Rahmen der Aktionstage Ökolandbau Niedersachsen auf dem
Eschenhof in Springe statt.
Unverwechselbare Knollen
'Quarta' ist unverwechselbar. Von ihrer ovalen bis langovalen
Knollenform und gelber glatten bis genetzten Schale eher gewöhnlich
hat sie ein besonderes Kennzeichen. Ihre flachen Augen haben einen
roten Lidstrich, an dem man die Sorte erkennen kann. Das macht sie in
der Menge der gelbschaligen Sorten unverwechselbar.
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Quarta ist eher im süddeutschen
Raum und in den östlichen Bundesländern bekannt und wird gerne
für die Zubereitung von Püree und Klößen verwendet. |
Quarta - ihre flachen Augen haben
einen roten Lidstrich |
Bild: Heidi Lorey |
Wer sich den Namen 'Quarta' (gymnasiale Oberstufe) nicht merken
kann, fragt nach der Sorte mit den roten Augenflecken. Sie reift
mittelfrüh, damit liegt sie in der Reifegruppe, die am häufigsten
angebaut wird. Die tiefgelbe Farbe ihres Knollenfleisches macht sie
auch beliebt. Ihre Kocheigenschaft wird als vorwiegend festkochend
eingestuft. In sonnenreichen Jahren tendiert sie zu lockerem, leicht
mehligem Fleisch. Obwohl sie nicht ganz mehlig kocht, wird sie gerne
für die Zubereitung von Püree und Klößen verwendet. Da die
Norddeutschen lieber festkochende Kartoffeln essen, ist 'Quarta' eher
im süddeutschen Raum und in den östlichen Bundesländern bekannt. Dort
werden mehr Klöße zubereitet, berichtet Karin Meyer, die beim
Kartoffelzüchter EUROPLANT für den Vertrieb von Biopflanzgut zuständig
ist. Die Sorte eignet sich gut, um sie einzulagern, sie wird als
keimruhig beschrieben. Nach der extra tiefen Pflanzung der Knollen
wächst zügig das Kraut und bedeckt die Reihen, unterdrückt den
Unkrautwuchs. Mit ihrer geringen Anfälligkeit gegen Schorf und
Eisenfleckigkeit ist sie auch für den Anbau im Hausgarten beliebt.
Aus dem letzten Jahrhundert
'Quarta' ist
40 Jahre alt, ein Rentner aus dem letzten Jahrhundert, wenn man die
aktuelle Bundessortenliste durchschaut. Die Sorte wurde 1979 von der
Fa. Kartoffelzucht Böhm, Lüneburg, beim Bundessortenamt angemeldet.
Nach über 30 Jahren ist der Sortenschutz ausgelaufen, aber die Sorte
hat noch ihre Zulassung in der Bundessortenliste. 'Quarta' hat
besonders bei Direktvermarktern ihre Liebhaber, daher wird sie auch
noch weiter bei EUROPLANT vermehrt. Die meisten der 154 in der
Bundessortenliste 2018 aufgeführten in Deutschland zugelassenen
Speisesorten sind jünger, ab den Jahren 2000 zugelassen. Aus den
1970er Jahren haben nur noch 'Granola' (zugelassen 1975) mit einer
Pflanzgut-Vermehrungsfläche von 50 ha, 'Nicola' (1973,
Pflanzgut-Vermehrungsfläche 21 ha) und 'Saturna' (1970,
Pflanzgutvermehrungsfläche 21 ha) eine gewisse Bedeutung.
Vielen Dank an Frau Dr. Heidi Lorey, Dipl.-Ing. Gartenbau, vom Verein
zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. (VEN) für Ihren Pressetext
und Ihrem Bild von der Kartoffel des Jahres 2019.
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