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Gestein des Jahres seit 2007
Seit 2007 ernennt ein Kuratorium unter Federführung des BDG
Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V. alljährlich das
"Gestein des Jahres". Bei der Auswahl des Gesteins spielt die
geologische Entstehung, seine wirtschaftliche Bedeutung sowie seine
Funktion im Naturraum eine wesentliche Rolle. Im Rahmen von
Veranstaltungen und Publikationen wird die Öffentlichkeit über das
Gestein, seine Geologie sowie seine Verwendung und Gewinnung
informiert. Hauptpartner in diesem Jahr sind der Geo-Umweltpark
Vogtland und das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und
Geologie (LfULG).
Die bisherigen Auszeichnungen zum "Gestein des Jahres" sind:
Jahr |
Gestein |
2007 |
Granit |
2008 |
Sandstein |
2009 |
Basalt |
2010 |
Kalkstein |
2011 |
Tuff |
2012 |
Quarzit |
2013 |
Kaolin
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2014 |
Phonolith |
2015 |
Gneis |
2016 |
Sand |
2017 |
Diabas |
2018 |
Steinkohle |
2019 |
Schiefer |
2020 / 2021 |
Andesit |
2022 |
Gips |
2023 |
Grauwacke |
Grauwacke - seit Jahrhunderten im Einsatz - ist das "Gestein des Jahres
2023"
Der BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V. hat das
Gestein Grauwacke zum Gestein des Jahres 2023 ernannt.
Das
Gestein Grauwacke ist das Ergebnis von mächtigen Rutschungen an
Kontinentalhängen, es besitzt damit eine spannende
Entstehungsgeschichte. Der für Laien etwas merkwürdig klingende
Gesteinsname stammt aus dem Harz. Auch Johann Wolfgang von Goethe
(1749 - 1832) war die Graue Wacke vom Harz 1783 ein Begriff.
Seitdem hat sich die Gesteinsbezeichnung Grauwacke in den meisten
Sprachen der Welt durchgesetzt. Im Spanischen spricht man von
grauvaca, im Englischen von greywacke.
Was sind Grauwacken?
Grauwacke bezeichnet einen meist dunkelgrau bis braungrau
gefärbten, dichten Sandstein, dessen Hauptkomponenten aus Quarz,
Feldspat und Gesteinsbruchstücken wie z.B. Vulkaniten, Lydit und
Quarzit bestehen. Weitere Gemengteile sind Glimmer, Chlorit und
Tonminerale. Das Gefüge ist fein- bis grobförmig, mitunter auch
feinkonglomeratisch. Typisch für Grauwacken ist eine schlechte
Sortierung des Korns. Ebenfalls typisch ist ihre hohe Festigkeit, die
sowohl aus einer geringen Porosität von meist weniger als 5% als auch
einer intensiven Bindung der Klasten resultiert.
Ein Geologisches Rätsel
Die mitteleuropäischen Grauwacken entstanden in einem Meerestrog,
der sich im Devon und Unterkarbon (vor 418 - 330 Millionen Jahren) vom
heutigen Südengland und der Bretagne über Belgien und das Rheinland
bis nach Mitteldeutschland erstreckte.
Doch wie es zu diesem
unsortierten Sedimentgesteinen kam, deren schlecht gerundete Klasten
in eine sehr feste, feinkörnige Matrix eingebettet sind, war lange ein
geologisches Rätsel. Der eigentliche Ablagerungsprozess wurde erst im
letzten Jahrhundert entdeckt.
Gigantische Trübeströme an Kontinentalhängen
In den 1950er Jahren untersuchten Geowissenschafler im
Nordatlantik eine Serie von Brüchen transatlantischer Telefonkabel,
die sich 1929 ereigneten und offensichtlich mit einem Erdbeben vor der
Küste Neufundlands in Zusammenhang standen. Diese Brüche waren an
Stellen ausschließlich am Kontinentalhang und auf der unterhalb
gelegenen Tiefsee-Kabel, aber nicht auf dem höhergelegenen
Kontinentalschelf aufgetreten. Die exakt gemessenen Zeitpunkte der
Bruchereignisse konnten schließlich damit erklärt werden, dass durch
das Erdbeben eine große Masse an Ton und Sand ins Rutschen geraten
war, die als Trübestrom (vergleichbar mit einem Schlammstrom unter
Wasser) den Kontinentalhang hinabglitt und die Kabel zerriss. Diese
Trübeströme bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 70 km/h
und können dabei mehr als 100 Kilometer zurücklegen. Die
Wissenschaftler entnahmen im fächerförmigen Ablagerungsgebiet
Gesteinsproben und entdeckten genau die gleichen Merkmale wie sie aus
den Grauwacken bekannt waren. So wurde ein jahrhundertealtes
Geologie-Rätsel gelöst.
Das
Variszikum
Die Grauwacke ist ein
charakteristisches Gestein des Variszikums, eines
europäisch-nordamerikanischen Gebirgsgürtels des jüngeren Paläozoikums
(Erdaltertum). Das Variszikum entstand bei der Kollision der zwei
paläozoischen Großkontinente Gondwana und Laurussia (auch:
Old-Red-Kontinent, dieser enthielt Teile des heutigen Nordamerika,
Grönlands sowie von Nord- und Osteuropa). Das zwischen Gondwana und
Laurussia liegende Meer wurde geschlossen und die dort abgelagerten
Sedimente zu einem Gebirge aufgefaltet. Diese Sedimentgesteine
bestehen aus dem erodierten Material der Kontinente und dem
Abtragungsschutt des neu gebildeten Gebirges. Die gebirgsbildenden
Vorgänge fanden vom späten Devon bis ins Oberkarbon statt (vor etwa
380 bis 320 Millionen Jahren). Die vor allem im Karbon abgelagerten
Grauwacken zeigen die Hauptphase der variszischen Gebirgsbildung an.
Das Variszikum wurde nachfolgend abgetragen und von jüngeren Gesteinen
überlagert. Erst im Tertiär wurde es wieder in einzelnen Blöcken
angehoben und bildet heute deutsche Mittelgebirge wie z.B. das
Rheinische Schiefergebirge, den Harz oder den Thüringer Wald.
Bedeutende Vorkommen
Bedeutende Vorkommen in Deutschland liegen in der Eifel, im
Frankenwald und Harz, in der Lausitz, im Sauerland, im Thüringischen
Schiefergebirge und bei Waldeck in Hessen.
Weltweit bedeutende
Vorkommen befinden sich in den Ostalpen in Österreich, in
verschiedenen Regionen der Britischen Inseln, in Ägypten sowie in den
neuseeländischen Südalpen.
Grauwacke als Baustein - schon im alten Ägypten
In Deutschland werden Grauwacken noch heute in 21 Steinbrüchen
abgebaut. Die Grauwacke ist ein variantenreicher und sehr
widerstandsfähiger Naturstein. Wegen ihrer Haltbarkeit und der sehr
guten Pflegeeigenschaften wird sie gerne als Mauerstein, für
Terrassenplatten oder auch als klassischer Pflasterstein verwendet,
kommt aber auch als Wasserbaustein, für Schotter und Splitt oder als
Zuschlagstoff für Asphalt und Beton zum Einsatz. In der Vergangenheit
fand die Grauwacke auch vielfach im Hochbau Verwendung: als
Verblendmauerwerk für Brücken oder Staudämme, z.B. am Damm der
Edertalsperre. In den Abbauregionen findet sich das Gestein in
zahlreichen profanen und kirchlichen Bauwerken, häufig im
Sockelbereich aber auch an Fassaden, z.B. an den Kirchen in
Gummersbach, Wipperfürth, Lindlar, im karolingischen Mauerwerk des
Aachener Doms und auch im Kreuzgang des Magdeburger Doms. Im Wadi
Hammamat (Ägypten) wurde eine charakteristisch schwarzgrüne
Metagrauwacke abgebaut, aus der Bildhauer Statuen und Reliefs schufen,
die heute in vielen Museen der Welt zu bewundern sind.
BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V., Bonn
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