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Gestein des Jahres seit 2007
Das Gestein des Jahres wird jeweils von einem Expertengremium
unter Leitung des Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG)
ausgewählt, mit dem Ziel, Gesteine, die aufgrund ihrer geologischen
Entstehung und wirtschaftlichen Bedeutung bemerkenswert sind, in das
öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Die bisherigen Auszeichnungen zum "Gestein des Jahres" sind:
Jahr |
Gestein |
2007 |
Granit |
2008 |
Sandstein |
2009 |
Basalt |
2010 |
Kalkstein |
2011 |
Tuff |
2012 |
Quarzit |
2013 |
Kaolin
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2014 |
Phonolith |
2015 |
Gneis |
2016 |
Sand |
2017 |
Diabas |
2018 |
Steinkohle |
2019 |
Schiefer |
2020 / 2021 |
Andesit |
2022 |
Gips |
Gips - facettenreich in Ausprägung und Verwendung - ist das "Gestein des Jahres
2022"
Der BDG Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V. hat Gips zum
Gestein des Jahres 2022 ernannt. Gips hat eine spannende
Entstehungsgeschichte und besitzt höchst eindrucksvolle Eigenschaften.
Aus unserem täglichen Leben ist er kaum wegzudenken. Gips wird genutzt als Werkstoff in der Bauindustrie, als
Nahrungsmittelzusatz z.B. in Backpulver oder Tofu oder als Trägersubstanz in der
Arzneimittelherstellung. In früheren Notzeiten galt Gips sogar als
Geschenk Gottes und wurde als "Himmelsmehl" zum Strecken von Mehl
genutzt. So vielfältig der Einsatz, so faszinierend
sind auch einige der natürlichen Fundstellen. Im mexikanischen
Grubenrevier Naica beispielsweise haben sich spektakuläre
Gipskristalle mit bis zu 14 Metern Länge ausgebildet. Gips entsteht zudem als
Nebenprodukt bei der Kohleverstromung, was angesichts des
Kohleausstiegs Auswirkungen auf die Versorgungslage haben wird.
Gips findet vielfältigen Einsatz im Alltag - als Verband bei einem
gebrochenen Bein, als Gipsplatten oder Gipsputz beim Bau. Der
Werkstoff Gips spielt darüber hinaus eine große Rolle bei der
Erstellung von Formen aller Art in Technik, Medizin oder Kunst. Unter
dem Namen Alabaster ist er ein wertvollen Dekor- und Bildhauerstein.
"Jeder nutzt Gips, aber kaum jemand ist sich darüber klar, dass er
auch irgendwo abgebaut und gewonnen werden muss. Unser Ziel ist es,
auf die Bedeutung der Geowissenschaften in weiten Teilen der
Bevölkerung hinzu weisen", so Dr. Manuel Lapp, Sprecher des
Fachkuratoriums.
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Gips ist sowohl Mineral als auch Gestein.
Der Name
Gips ist aus dem griechischen Wort
gypsos (gebrannter Gips, Kreide) abgeleitet. |
Gips ist das Gestein des Jahres 2022 |
Bild: © Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
(BGR) |
Vorkommen, Entstehung und Gewinnung
Gips ist sowohl Mineral als
auch Gestein. Ein Mineral besteht aus Elementen, die in einer
chemischen Verbindung vorkommen; ein Gestein setzt sich üblicher Weise
aus mehreren Mineralen zusammen. Gipsstein kommt in der Natur als
monomineralisches Gestein vor, es besteht also ausschließlich aus dem
Mineral Gips. Gipsstein ist feinkörnig und massig, häufig weiß,
gelegentlich braun-grau. In der Natur kommt Gips (CaSO4.2H20) meist
zusammen mit Anhydrit (CaSO4) vor. In Deutschland wird Gips in 62
Steinbrüchen und neun untertägigen Bergwerken gefördert, vor allem in
Württemberg, im westlichen Franken und am Harzrand.
Gips als Nebenprodukt der Kohleverstromung - Zielkonflikte
Etwa die Hälfte des in Deutschland verarbeiteten Gipses hat jedoch
eine gänzlich andere Herkunft: Dieser stammt aus
Rauchgasentschwefelungsanlagen (REA) der Kohlekraftwerke, wo er aus
der Reaktion des Schwefeldioxids im Rauchgas mit Kalkstein entsteht.
In dem Maße, wie die Kohlenutzung in Zukunft zurückgefahren wird, wird
dieser REA-Gips künftig als Rohstoff fehlen und der Abbau von
Naturgips erhöht werden müssen. "Daraus entsteht ein Konflikt zwischen
Natur- und Landschaftsschutz einerseits und der Gipsgewinnung
andererseits, insbesondere in Gipskarst-Landschaften, wo sich Biotope
besonderer Schönheit herausgebildet haben. Hier suchen wir den
konstruktiven Dialog, um die notwendige Rohstoffgewinnung so
umweltverträglich wie möglich sicherzustellen", so Holger Ortleb,
Geschäftsführer des Deutschen Gipsverbandes e.V. Der Verband ist in
diesem Jahr Hauptpartner der Initiative.
Seit 2007 wird das
Gestein des Jahres von einem Fachkuratorium unter Federführung des BDG
ausgewählt. Im Rahmen von Veranstaltungen und Publikationen wird die
Öffentlichkeit ein Jahr lang über das ausgewählte Gestein, seine
Geologie, seine Funktionen im Naturraum, seine Verwendung und
Gewinnung informiert.
Gips und Anhydrit sind Gesteine des
Jahres 2022 - was hat der Ausstieg aus der Kohleversromung mit dem
Gestein des Jahres zu tun?
Anhydrit- und Gipssteine sind
Calciumsulfatgesteine, die überwiegend aus den Mineralen Gips
bzw. Anhydrit bestehen. |
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Bild: Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) |
Anhydrit - Schwestergestein des Gips |
Der Unterschied zwischen Gips und Anhydrit besteht darin, dass
Gips Kristallwasser enthält, wohingegen Anhydrit die
kristallwasserfreie Ausbildung ist. Die Gesteine entstanden durch
Ausfällung aus tropischen Flachmeeren, die es in Deutschland vor allem
in der Zeit vor 250 Millionen Jahren gab.
Spätestens im Jahr
2038 werden in Deutschland die letzten Braunkohlekraftwerke
abgeschaltet! Doch was hat das mit dem Gestein des Jahres 2022 zu tun?
Gips wird nicht nur aus den natürlichen Gipsvorkommen gewonnen,
sondern als Nebenprodukt auch aus der Entschwefelung von Rauchgasen in
Kohlekraftwerken. Bei der Rauchgasentschwefelung werden die
Schwefeldioxid-Emissionen reduziert und ein qualitativ hochwertiger
Gips produziert, der etwa die Hälfte des Gipsbedarfes in Deutschland
deckt.
Wo kommen Gips und Anhydrit vor?
In Deutschland
gab es im Jahr 2020 nutzbare Gips- und Anhydritgesteine in Hessen,
Thüringen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bayern und
Baden-Württemberg in 82 Gewinnungsstellen. In Sachsen sind Gips-
und Anhydritsteine selten. Vorkommen gibt es in den
Zechsteinablagerungen der Mügelner Senke und der
Nordsudetisch-Ostbrandenburgischen Senke, die in Bohrkernen
nachgewiesen sind.
Gips und Anhydrit als Kristall aus Sachsen
ist aus sächsischen Sammlungen nicht wegzudenken. Besonders
beeindruckend sind die Gipskristalle aus den Zwickauer
Steinkohlelagerstätten, die sich in Hohlräumen gebildet haben müssen.
Aber auch aus Schlema-Alberoda ist Gips und Anhydrit bekannt.
Alabaster - Dekor und Bildhauerstein
Unter dem
Namen Alabaster
ist Gips ein wertvoller Dekor- und Bildhauerstein. Genau genommen
besteht Alabaster aus der mikrokristallinen Varietät des Minerals
Gips, teilweise auch mit Anhydrit.
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Figurenschmuck aus englischem Alabaster - findet man in
den Kirchen Norddeutschlands. |
Bildhauerkunst aus Gips - Herzogin
Dorotheen-Epitaph im Dom von Güstrow |
Bild: © Michael Krempler |
Es lässt sich leicht bearbeiten, jedoch nicht so hochglänzend
polieren wie Marmor. Vor allem in der Vegangenheit wurden besonders
schöne Gips- und Anhydritsteine in den Regionen ihres Vorkommens für
Dekorobjekte und Bildhauerarbeiten genutzt.
Zu den berühmtesten
Alabastervorkommen zählen jenes in Volterra in Italien sowie das in
den englischen Midlands. Seit dem späten Mittelalter bis Ende des
19.Jahrhunderts wurde englischer Alabaster, auch als fertiges Produkt
in Form von Grabmälern, Altartafeln oder Statuetten, über den Seeweg
nach Frankreich, Holland sowie in den Ostseeraum exportiert. So findet
sich in den Kirchen Norddeutschlands häufig Figurenschmuck aus
englischem Alabaster, wie im Dom zu Güstrow.
Das imposante Ulrich-Monument von
Güstrow. Es soll auch das neue Selbstbewusstsien der
Renaissance dokumentieren. Denn schon zu Lebzeiten saß Herzog
Ulrich seinem eigenem Bildnis im Gottesdienst gegenüber. |
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Bild: © Michael Krempler |
Bildhauerkunst aus Gips - Herzog Ulrich-Monument, Güstrow |
Auch in den Regionen der deutschen Alabastervorkommen in
Sachsen-Anhalt und Thüringen sind häufig Bauteile von Kirchen und
repräsentativen Gebäuden, vor allem jedoch Bildhauerarbeiten und
kleine Dekorobjekte aus Alabaster zu bewundern.
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Eines der Putto unterhalb des Dorotheen-Epitaphs im
Altarraum des Güstrower Doms aus Alabaster. |
Putto Dorotheen-Epitaph |
Bild: © Michael Krempler |
Monomineralisches Gestein
Gipsstein ist feinkörnig und massig,
häufig weiß, gelegentlich braun-grau. In der Natur kommt Gips meist
zusammen mit Anhydrit vor. Anhydrit enthält - anders als Gips - kein
Kristallwasser, das griechische Wort "anhydros" bedeutet "ohne
Wasser".
Schlangengips
Es gibt mehrere Theorien zu
Bildung des Schlangengips. Hier ist eine sehr plausible: Die Bildung
von Gips-Gestein erfolgte meist durch Wasseraufnahme aus Anhydrit.
Durch diesen Vorgang dehnt sich das ursprünglich Anhydrit-Gestein aus,
was zu Verwerfungen (häufig als Wellenbildungen) im umliegenden
Gestein führt. Dieser Vorgang ist äußerst unerwünscht bei allen
Baumaßnahmen im Bereich Anhydrit führender Schichten. Bei geeigneten
Schichtungen (Stabilität) im Hangenden und Liegenden kann durch diese
Ausdehnung (Stauchung) in der Anhydrit-Schicht eine Wellung entstehen,
was zur Bildung des Schlangengips führt.
Weiße Bänder des sogenannten
Schlangengips in massivem grauen Gips. |
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Bild: © Bundesanstalt
Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) |
Schlangengips aus Niedersachswerfen |
Landschaften aus Gips und Anhydrit
Gips- und
Anhydritgesteine bilden unterschiedlichste Landschaften und
Lebensräume:
In spektakulärer Weise hängen in der
Barbarossahöhle am Kyffhäuser in Thüringen große Lappen von Anhydrit
von Decken und Wänden.
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Bizarre Anhydritlappen in der Gerberei in der
Barbarossahöhle. |
Bizarre Gipslappen in der
Barbarossahöhle |
Bild: Bundesanstalt Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) |
Gips ist ein seit Jahrtausenden verwendeter Baustoff. Als
gesichert gelten 9.000 Jahre alte Gipsputze in der Stadt Catalhöyük in
Anatolien. Vor 4.500 Jahren wurde beim Bau der Cheopspyramide und der
Sphinx von Gizeh in Ägypten bereits Gipsmörtel verarbeitet.
Beeindruckende Beispiele für die hervorragende Formgebung von Gips
sind die Stuckarbeiten des Barock. Heute findet er Verwendung für
Baugips, Gipsplatten sowie Fließestriche.
Das Porzellan hat nur
indirekt etwas mit dem Gips zu tun. Ohne Gips wären die filigranen
Kunstwerke aus der Meißener Manufaktur jedoch nicht denkbar: Sie
werden in Gipsformen gefertigt. Die Gipsformen werden in der
Porzellanmanufaktur in Meißen in einem einzigartigen Formenarchiv
aufbewahrt.
Seit 2007 ernennt ein Kuratorium unter Federführung
des BDG - Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler e.V. jährlich das
"Gestein des Jahres". Bei der Auswahl des Gesteins spielt die
geologische Entstehung und seine historische sowie wirtschaftliche
Bedeutung, sowie seine Funktion im Naturraum eine wesentliche Rolle.
Im Rahmen von Veranstaltungen und Publikationen wird die
Öffentlichkeit über das Gestein, seine Geologie sowie seine Verwendung
und Gewinnung informiert.
Vielen Dank an Herrn Dr.Manuel Lapp, vom Sächsischen Landesamt für
Umwelt, Landwirtschaft und Geologie für die freundliche Bereitstellung
des Pressetextes, sowie die zur Verfügung gestellten Aufnahmen
von Herrn Michael Kempler und vom Berufsverband Geowissenschaften und
Rohstoffe (BGR).
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