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Kleiner Sänger
in großer Gefahr
Den Ortolan schützen heißt, die Kulturlandschaft bewahren
Sommerhausen Seit Ende April streift Alf Pille, LBV, wieder
durch die Fluren, das Fernglas griffbereit, die geübten Ohren auf
Empfang. Der Agrarbiologe ist auf der Suche nach den wenigen
Ortolan-Brutpaaren, die es in Unterfranken noch gibt.
Als Gebietsbetreuer der Agrarlandschaft Mainfranken ist Pille im
Auftrag des Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) auf der Suche
nach dem Ortolan, der auch Gartenammer genannt wird. Nur spatzengroß
ist der Vogel, im Aussehen der Goldammer ähnlich.
Der graue Kopf, der rosa Schnabel mit gelbem Bartstreif und die
rotbraune Brust machen aus dem kleinen Singvogel einen echten
"Hingucker". Wenn sein metallisch-flötendes
"Wie-wie-wie-ist-es-frühüüü"
aus einem Obstbaum oder einer Feldhecke ertönt, zückt Alf Pille sein
Fernglas und freut sich über jedes einzelne der noch rund 30
Männchen, die im Landkreis Würzburg auf der Suche nach einem
Weibchen und einem Brutplatz sind.
Von April bis September leben die Ortolane in unseren Fluren, dann
kehren sie zum Überwintern zurück nach Afrika, südlich der Sahara.
Im süddeutschen Raum kommt der Ortolan nur noch in Unterfranken vor,
berichtet Pille. Nach Zählungen des LBV ist der Bestand seit 1989 um
60 Prozent zurückgegangen. Dennoch sind die 30 Würzburger Brutpaare
Teil des zweitgrößten Ortolan-Bestandes in Mitteleuropa.
Nur im Landkreis Kitzingen konnte Dr.Manfred Lang, einer der
deutschen Ortolan-Experten, gemeinsam mit dem
Landschaftspflegeverband, den Rückgang durch erfolgreiche
Schutzmaßnahmen bremsen.
"Der Ortolan ist ein ziemlich anspruchsvoller Vogel" erklärt Alf
Pille. "Er schätzt vor allem ein trockenes, mildes Frühjahr, wie es
in Mainfranken meist der Fall ist". Die Jungen des Bodenbrüters sind
empfindlich gegen Feuchtigkeit.
Wenn das Gefieder nass ist, wärmt es nicht mehr und so erfrieren die
Jungvögel, wenn ihnen die Schafskälte Anfang bis Mitte Juni zusetzt.
Die traditionellen Streuobstäcker mit hochstämmigen Obstbäumen und
Getreideanbau boten dem Ortolan große Bäume als Singwarte und
Nahrung in Form von Samen und Insekten. Der Pflanzenbewuchs darf bei
seiner Rückkehr aus Afrika Ende April nicht höher sein als 30
Zentimeter, wie es im Getreideanbau der Fall ist.
Heute gibt es in Unterfranken nur noch Streuobstwiesen, die Ende
April bereits zu dicht und hoch bewachsen sind. Der Ortolan ist
ortstreu, das heißt er kehrt immer wieder zum selben Baum zurück.
Findet es dort jedoch keine geeignete Nahrung in nächster Umgebung,
muss er ausweichen, etwa an Waldränder oder Hecken.
Im Grunde ist es ganz leicht, dem Ortolan wieder beste
Brutmöglichkeiten zu bieten, meint der Agrarbiologe. "Wenn an
Stellen, wo mehrere Äcker aneinander stoßen, hochstämmige Obstbäume
gepflanzt werden, finden die Vögel bestimmt auch geeignete
Ackerfrüchte in der Nähe des Singplatzes. Das hilft den Vögeln und
sieht außerdem schön aus".
Den Ortolan schützen heißt im Grunde, unsere Kulturlandschaft in
ihrer Vielfalt und ihrem hohen ästhetischen Wert für die Menschen zu
erhalten, betont Pille. Der LBV führt heuer eine Machbarkeitsstudie
durch, wie dem Ortolan in ganz Mainfranken geholfen werden kann.
Durch die Meldung von Ortolan-Flächen als Natura 2000-Gebiete stehen
in Zukunft Gelder der Europäischen Union, ähnlich wie für die
Wiesenweihe, zur Verfügung. Damit können Landwirte für einen Anbau
zu Gunsten der Ortolans entschädigt werden, ohne Einschränkungen
hinnehmen zu müssen.
Sein Bestand ist niedrig, als
Risikofaktoren ergeben sich, enge Bindung an einen
gefährdeten Lebensraum, Abhängigkeit von Maßnahmen des
Naturschutzes und aktuelle Bedrohung durchlaufende Eingriffe
des Menschen, die weitere Bestandsabnahmen zu Folge haben.
Außerhalb des Brutgebietes erleidet der Ortolan Verluste auf
dem Wegzug durch Fang und Abschuss, hauptsächlich in
Südwestfrankreich. Ein Schutz der Brutbestände in Nordbayern
kann nur durch Erhaltung, Wiederherstellung und Pflege einer
reich strukturierten Kulturlandschaft mit optimalen Brut-
und Nahrungshabitaten erreicht werden.
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Der Ortolan kommt in Bayern nur
regional in den Mainfränkischen Platten zwischen Würzburg
und Schweinfurt vor. Seine Bestandsschätzung wird auf
unter 300 BP angenommen. |
Bemerkung des LBV, KG Würzburg: Der
Ortolan ist in Bayern stark gefährdet - Rote Liste Bayern 2
(stark gefährdet). |
Bild: © Gunther Zieger |
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