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Kulturspeicher als
Tauben-Paradies
Ideale Brutplätze hinter den Lamellen - Wirrwarr um
Falken-Ansiedlung
Würzburg: Dass Tauben in der Fassade des Kulturspeichers
nisten und so das Gebäude verschmutzen, ist schon lange bekannt.
Getan wird dagegen nichts - obwohl sowohl Bürger als auch der
"Freundeskreis Kulturspeicher" Stadtrat und Verwaltung auf das
Problem aufmerksam gemacht haben.
An den beiden Anbauten des Kulturspeichers liegt viel Vogeldreck auf
dem Boden. Tauben gefällt der geschützte Raum zwischen Glas und
Steinlamellen. Sie nisten auf den Befestigungen der Fassade, man
sieht sie beim starten und Landen. Die Museumsleitung spricht von
"vielen, vielen Tauben", die das Gebäude und die Umgebung
verschmutzen. "Die gehören hier einfach nicht hin", sagt
Museumsleiterin Dr. Marlene Lauter.
Offensichtlich habe beim Bau der Anbauten niemand bedacht, dass
hinter den Steinlamellen ideale Brutgelegenheiten entstehen. Denn
von innen kommt man weder an die Nester heran, noch lässt sich der
Dreck beseitigen. Wie die Tauben vertrieben werden könnten, weiß
Lauter nicht: "Ich verstehe zwar einiges von Tieren in der Kunst,
aber dieses Problem kann ich nicht lösen". Da Umwelt- und
Ordnungsreferent Wolfgang Kleiner von dem Problem weiß, "bin ich mir
sicher, dass sich da etwas tut".
Bekannt ist das Problem dem Umwelt- und Ordnungsreferenten
tatsächlich. Eine Möglichkeit die Tauben zu vertreiben, besteht laut
Kleiner in der Ansiedlung von Falken. Deshalb habe er beim
Landesbund für Vogelschutz (LBV) angefragt, ob Nistkästen im Alten
Hafen angebracht werden könnten. Ob der LBV tätig war, oder gar ob
die Ansiedelung von Falken versucht wird, weiß Kleiner nicht. Er sei
zwar für das Taubenprojekt zuständig, "aber nicht dafür, jedes Haus
in der Stadt taubenfrei zu halten". Verantwortlich für den
Kulturspeicher sei dessen Chefin Lauter.
Eine Nachfrage bei Bernhard Neckermann vom LBV ergibt, dass er sich
im vergangenen Sommer den Alten Hafen angeschaut hat. "Da die Falken
eine gewisse Höhe zum Brüten brauchen, wäre der Schornstein des
Heizkraftwerkes ein geeigneter Ort". Der Kulturspeicher selbst sei
zu niedrig. Neckermann hat die Idee im Herbst an den Geschäftsführer
des Heizkraftwerkes Armin Lewetz herangetragen. "Seitdem habe ich
nichts mehr gehört", sagt Neckermann.
Die Nachfrage bei Lewetz ergibt, dass dieser das Anbringen eines
Falkenkastens an einen der Schornsteine nicht begrüßt. Erstens sei
er dort schlecht zugänglich, zweitens würde das äußere
Erscheinungsbild des preisgekrönten Heizkraftwerkes leiden. "Der
Architekt war von der Idee nicht sonderlich erbaut", berichtet
Lewetz.
Möglich wäre laut Heizkraftwerk-Chef Lewetz ein Nistkasten auf dem
Dach des Heizkraftwerks. "Nicht so optimal, aber vielleicht wird
auch dieser angenommen", sagt Neckermann dazu. Allerdings habe ihn
seit Monaten niemand mehr auf das Thema angesprochen.
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Die Fassade der Anbauten am
Kulturspeicher bietet hinter ihren Lamellen ideale
Nistplätze für Tauben. Was gegen die unerwünschten
Dreckschleudern unternommen werden kann, ist umstritten.
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Nicht daran gedacht? - Idealer
Brutplatz für Tauben |
Bild: © Main-Post |
Das Interesse an einer Lösung des Taubenproblems
scheint nicht groß zu sein. Denn auch Stadträte sowie Kulturreferent
Muchtar al Ghusain und Oberbürgermeister Georg Rosenthal sind schon
länger über die Zustände informiert. Im Februar hat Gert Fricke, der
Vorsitzende des Freundeskreis Kulturspeicher, sie vor Ort gezeigt.
Passiert ist seitdem offensichtlich nichts.
Nur Bürger ärgern sich weiterhin über den verdreckten Anblick und
über eventuell vom Taubenkot ausgelöste Bauschäden. So schrieb der
Veitshöchheimer Peter Schäfer mehrfach an den Umweltreferenten.
Schäfer ist immer wieder mit Gästen im Alten Hafen und ärgert sich
über die Tatenlosigkeit der Stadt. Referent Kleiner antwortete auf
die Beschwerde vor einem halben Jahr mit einer deutlichen Aussage:
"Ich habe zwischenzeitlich veranlasst, dass in der näheren Umgebung
des Kulturspeichers Turm- und Wanderfalken angesiedelt werden, die
die Tauben vergrämen oder auch schlagen. Dies sollte zur deutlichen
Verbesserung der Situation vor Ort führen". Konfrontiert mit diesen
Aussagen erklärt Kleiner heute, dass er nicht weiß, ob Falken
angesiedelt werden können. Seine Aussage von Oktober 2008
kommentiert er so: "Es tut mit leid, das war offensichtlich nicht
hundertprozentig richtig formuliert".
Standpunkt: Von Manuela Göbel -
Main-Post:
Eine Posse, die nicht lustig
ist
Vom Umgang mit öffentlichen Eigentum
Die Falken-Tauben-Posse im Alten Hafen hat amüsante
Aspekte: So hat der Architekt zwar am preisgekrönten
Kulturspeicher Nistplätze für Tauben geschaffen.
Gleichzeitig will er offensichtlich nicht, dass sein -
ebenfalls - preisgekröntes Heizkraftwerk mit
Falken-Nistplätzen verschandelt wird, damit die Tauben vom
Kulturspeicher vertrieben werden. Komisch hört sich auch an,
dass die Museumsleiterin auf Hilfe vom Ordnungs- und
Umweltreferenten baut. Dieser sich aber nicht zuständig
fühlt, "jedes Haus in der Stadt taubenfrei zu halten".
Schon weniger lustig ist es, wenn man bedenkt, dass dieses
Haus ein öffentliches Gebäude ist. Der Kulturspeicher wurde
für 18,5 Millionen Euro Steuergeld gebaut und wird mit 1,2
Millionen Euro Steuergeld im Jahr unterhalten. Dafür
können die Bürger verlangen, dass sich irgendjemand im
Rathaus, wiederum von Steuergeldern bezahlt, um das Gebäude
kümmert. Denn es gäbe ja eine Chance, die Tauben vom
Speicher zu vertreiben - doch geht die Ansiedelung von
Falken niemand an. Richtig ernst wird die Sache, wenn man
den Umgang mit den Bürgern betrachtet. "Nicht
hundertprozentig richtig formuliert" nennt Umweltreferent
Kleiner heute den Brief, in dem er vor einem halben Jahr
einem Bürger versichert hatte, dass er die Ansiedelung von
Falken "veranlasst" hat. Da das weder zum damaligen noch zum
heutigen Zeitpunkt passiert ist, fühlt der Mann sich
gescheit veräppelt.
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