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Die Amsel löst den bedrohten Hausspatz ab
Dramatische Entwicklung des ältesten Kulturfolgers
auch im Raum Würzburg
Würzburg: "Besser
den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach" sagt
der Volksmund. Doch wenn die Entwicklung so weiter geht, werden eher
mehr wilde Stadttauben den Würzburgern aus der Hand fressen, als
Spatzen von den Dächern pfeifen. Denn auch in Stadt und Landkreis
Würzburg schrumpft der Bestand dieser Vogelart dramatisch. Nach
einer aktuellen Zählung der Kreisgruppe Würzburg im Landesbund für
Vogelschutz (LBV) in den Vorgärten hat in diesem Raum die Amsel
erstmals den Hausspatzen überholt und ist auf Platz eins gerückt.
Die jetzt vorliegende "Top-Ten"-Liste des LBV ist in
diesem Jahr besonders aussagekräftig, weil der Vorsitzende der
Kreisgruppe Würzburg, Bernhard Neckermann (Ochsenfurt) die Zahl der
Teilnehmer an der Erhebung um 65 Prozent steigern konnte. Das ist
das beste Ergebnis in Bayern. Eine hohe Teilnahme ist sehr wichtig,
weil die Ornithologen Veränderungen bei den Hauptvogelarten nicht
selbst feststellen können. Der LBV hat deshalb auf eine Methode aus
England zurück gegriffen, wo es solche Zählungen seit 25 Jahren gibt
und sich inzwischen mehr als eine Million Menschen beteiligen. Teils
wurden dort dabei schockierende Bewegungen festgestellt, so
Neckermann.
Der Bestand des Haussperlings hat sich in Europa seit den 70er
Jahren halbiert uns ist weiter im "Tiefflug". In Würzburg war er
zahlenmäßig noch letztes Jahr an der Spitze und wurde nun von der
Amsel abgelöst. Ein allgemeiner Trend, der in Städten und großen
Siedlungen zu beobachten ist. Als Gründe gelten die modernen
Häuserfassaden, in denen der Vogel keine Nistmöglichkeiten mehr
findet und das schrumpfende Nahrungsangebot des geselligen
Körnerfressers, der sich dem Menschen schon seit Beginn der
Siedlungsgeschichte angeschlossen hat.
In der Würzburger Vogel-"Top-Ten-Liste" folgen der Amsel
und dem Haussperling auf den nächsten Plätzen Kohlmeise und
Blaumeise, Mehlschwalbe, Mauersegler, Elster, Hausrotschwanz, Star
und Grünfink. Als erfreulich nennt Bernhard Neckermann 59 Sichtungen
des Bluthänflings und der Nachtigall mit 37 Sichtungen. Im
Aufwärtstrend liegen der Mauersegler und die Elster, die nach
Aussagen von Wissenschaftlern als der intelligenteste Vogel der Welt
gilt. Deutlich rückläufig ist die Zahl der Stare, das gilt als ein
unterfränkisches Phänomen.
Die Vorgärten wurden bei der von NABU (Naturschutzbund Deutschland)
und LBV bundesweit gemeinsam organisierten Aktion "Stunde der
Gartenvögel" als Ort der Zählungen gewählt, weil diese immer mehr
Rückzugsgebiete für Vogelarten werden. Nachdem Wälder und Felder
immer intensiver genutzt werden, gibt es einen Druck auf die
Vorgärten, stellt Neckermann fest. Gerade durch die beginnende noch
intensivere Nutzung der Wälder und der Verjüngung des Baumbestands
werden dort vor allem seltene Arten vertrieben. Wegen der
Notsituation des Haussperlings trafen sich in diesen Tagen in
Hamburg 1300 internationale Ornithologen um über den Allerweltsvogel
zu diskutieren. Er ist in Deutschland nach alten Analysen von 100
Millionen auf nunmehr 10 Millionen abgerutscht. 2004 war er "Vogel
des Jahres".
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Haussperlinge baden gerne und sind
gesellig. Auch in Würzburg werden dem Vogel immer mehr die
Lebensgrundlagen entzogen.
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Der Haussperling, ein geselliger
Zeitgenosse
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Bild: © Stefan Pfützke |
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