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Kormoran unter Beschuss
Fischereiverband zieht gegen den Vogel zu Felde
Der Kormoran war zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts
in Deutschland fast ausgerottet. Dann wurde er unter Schutz gestellt
und vermehrte sich. Und das so stark, dass er nun wieder auf der
Abschussliste steht. Seit gut zehn Jahren tobt der Streit zwischen
Angelfischern und Teichwirten einerseits und Vogelschützern auf der
anderen Seite. Die einen sprechen davon, dass die Kormoranbestände
dramatisch zunehmen, was Fischwelt und Fischer existenziell bedrohe.
Die anderen bestreiten sowohl Zunahme wie auch Bedrohung. Die
Politik in Bayern stellt sich auf die Seite der Unterwasserfauna und
Fischer.
Im März diesen Jahres haben 833 Angelfischer in Unterfranken die
Fischerprüfung abgelegt. Mehr als 11.000 Mitglieder zählt der
Fischereiverband Unterfranken. Die Zahlen belegen, wie beliebt das
Hobby Fischen ist. Allerdings gibt es, so klagen
Verbandsfunktionäre, immer weniger Fische zu fangen. Sie sprechen
von 2000 Kormoranen, die in unserer Region überwintern und pro Tag
eine Tonne Fisch vertilgen. "Das können wir durch Besatzmaßnahmen
nicht mehr ausgleichen", sagt der Präsident des Fischereiverbandes
Unterfranken, Peter Wondrak.
Wondrak ist sich sicher: "Wenn es so weitergeht, ist in zehn Jahren
die Fischerei in Bayern am Ende". Der 62-jährige promovierte Biologe
und ehemalige Fischereifachberater des Bezirks Unterfranken führt
den Fischereiverband seit etwa einem Vierteljahr. Er hat um ein
Gespräch mit dieser Zeitung gebeten, damit "die Mitglieder wissen,
was der Verband für sie tut". Selbstbewusst sagt er: "Wir sorgen
dafür, dass weiterhin gefischt werden kann".
"Früher hat es im Main von Weißfischen nur so gewimmelt", schwärmt
Wondrak. Georg Göß, 84-jähriger Vorsitzender der traditionsreichen
Würzburger Fischerzunft nickt. Beide können sich noch gut erinnern,
dass den Angelfischern Anfang der 80er Jahre so viele Rotaugen,
Brachsen, Aitel und Elritzen an den Haken und ins Netz gegangen,
dass entlang des Mains Kühltruhen als Sammelboxen aufgestellt wurden
und die Fische als Tierfutter an Zoos abgegeben wurden. Von weither
seien Fliegenfischer in die Rhön gekommen, um an Sinn und Brend den
zahlreichen Äschen nachzustellen.
Heute ist das nicht mehr so, und das legt Wondrak dem
schifffahrtsgerechten Ausbau des Mains, den Kraftwerken mit ihren
Turbinen, vor allem aber dem Kormoran zur Last. Er spricht von einem
"beispiellosen Aderlass seit 20 Jahren".
Diesen Winter sei es besonders schlimm gewesen, weil der Main
teilweise zugefroren war. Deshalb seien die Vögel an die Oberläufe
der Flüsse ausgewichen. "Jetzt gibt es keine Äschen mehr an der
Brend", sagt Wondrak.
Immer lautstärker werden die Klagen der Teichwirte und Angelfischer.
Sie fordern eine ganzjährige Jagdzeit für den Kormoran sowie eine
Ausdehnung der Jagd auch auf bisherige Schutzgebiete. Derzeit darf
der Wasservogel von 16. August bis 14. März bejagt werden, in
Fischschonbezirken und Teichanlagen bis 31. März. Nach Angaben von
Peter Wondrak wurden im Winter 2008/2009 in Unterfranken etwa 800
Kormorane geschossen. Im Winter zuvor waren es nach Angaben der
Regierung von Unterfranken 433.
Der Fischerverband Unterfranken hat im April 600 Unterschriften
gesammelt und Bayerns Umweltminister Markus Söder übergeben, auch
etliche Nichtfischer stellen sich hinter die Forderung nach einer
Dezimierung des "gefiederten Schädlings, der bei uns nie heimisch
war".
Bernhard Neckermann vom Landesbund für Vogelschutz in Würzburg
findet das Thema Kormoran "nur noch ermüdend". Seiner Meinung nach
muss der Vogel zu Unrecht "seinen Schnabel herhalten". Er kritisiert
den Ausbau der Flüsse und falschen Fischbesatz. "Am Main zwischen
Goßmannsdorf und Zell wurden jetzt mehrere Waller gefangen mit zwei
Metern Länge und über 50 Kilogramm Gewicht. Das sind reine
Fressmaschinen", sagt Neckermann.
Jetzt bekommt die Fischereiwirtschaft politische Rückendeckung. Dass
etwas für die Fische und Teichwirte getan werden muss, darüber
besteht im bayerischen Landtag fraktionsübergreifende Einigkeit. Nur
über das Wie gehen die Meinungen auseinander. Fast zeitgleich haben
CSU/FDP, Freie Wähler und SPD Anfang Mai Dringlichkeitsanträge
eingebracht.
Bei der Plenardebatte am 7.Mai offenbarten sich ähnlich
unversöhnliche Gegensätze zwischen den Fraktionen wie zwischen
Fischern und Vogelschützern. Die SPD sprach sich gegen eine Lösung
"mit der Knarre in der Hand" (Ludwig Wörner) und für eine
Überspannung der Teiche mit Netzen aus. CSU und FDP forderten
ganzjährige Abschussmöglichkeiten für Kormoran-Jungvögel,
verlängerte Abschussmöglichkeiten für nicht brütende Altvögel bis
30. April. Abschuss auch an Schlafbäumen, Verhinderung neuer
Brutkolonien und Reduzierung bestehender Kolonien. Die Freien Wähler
wollen den "Schutz der heimischen Fischereiwirtschaft vor
erheblichen Schäden durch Kormorane" gar dadurch erreichen, dass sie
die Schutzwürdigkeit des Kormorans grundsätzlich auf den Prüfstand
gestellt wissen wollen.
Die Tötung von Kormoranen solle im Umkreis von 300 Metern um
Gewässer generell erlaubt, Ausnahmeregelungen durch
Allgemeinverfügungen ersetzt werden.
Die Abstimmung endete den Mehrheitsverhältnissen im bayerischen
Landtag entsprechend zugunsten des CSU/FDP-Vorstoßes und zuungunsten
des Kormorans. Die Staatsregierung wurde aufgefordert, "die
Regelungen zum Abschuss von Kormoranen so zu gestalten, dass ein
noch wirksameres Vorgehen gegen die Kormorane ermöglicht wird".
Die Regierung von Oberbayern hat bereits reagiert und am Lech einen
erweiterten Kormoranabschuss zugelassen. In den Landkreisen
Landsberg und Weilheim-Schongau dürfen jetzt ganzjährig
Kormoran-Jungvögel geschossen werden. Neugründungen von Brutkolonien
dürfen vor Beginn der Eiablage verhindert werden.
Unterfrankens einzige Kormoran-Brutkolonie befindet sich laut
Auskunft der Oberen Naturschutzbehörde an der Regierung von
Unterfranken im Vogelschutzgebiet Garstadt bei Grafenrheinfeld. Dort
brüten zur Zeit 50 bis 60 Paare ihre Jungen aus.
Kormoran: Der gänsegroße
Kormoran zieht im Winter aus einen nördlichen Brutgebieten
in wärmere Gefilde und nutzt die meist eisfreien Gewässer im
klimabegünstigten Unterfranken als gedeckten Tisch. Im
Winter 2006/07 hielten sich nach Angaben der Regierung von
Unterfranken etwa 1530 Kormorane im Regierungsbezirk auf, im
Winter 2007/08 seien es 905 gewesen, sagt Pressesprecherin
Marlene Schauer. Die Zahlen für den zurückliegenden Winter
lägen noch nicht vor. Pro Tag verspeist der Vogel bis zu 500
Gramm Fisch. Bei seinen Tauchgängen in bis zu 30 Meter Tiefe
bevorzugt er Jungfische bis zur Größe von einem Pfund. Mit
seinem Hakenschnabel fügt der Vogel außerdem vielen Fischen
Verletzungen zu.
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Dies ist ein unverfälschter Bericht in der Main-Post vom
13.Juni 2009
Gestatten Sie eine Gegendarstellung:
Wenn von den Fischereiverbänden die 80er Jahre herangezogen werden,
so kann dies einen Vergleich mit Heute nicht standhalten, dies wäre
falsch und wirklichkeitsfremd. Der Mainausbau der folgte, war für
den Naturraum Main ein tiefgreifender Einschnitt für Flora und
Fauna. Nie wird der Main wieder ein Fließgewässer sein, als vor dem
Ausbau.
Jahrzehntelang war der Kormoran aus Deutschland so gut wie
verschwunden. Ein Ergebnis gnadenloser Verfolgung bis zu Beginn des
20.Jahrhunderts. Dank verbesserter Gesetze zum Vogelschutz und
angesichts großer Fischmengen in nährstoffreichen Gewässern stieg
die Anzahl der Tiere seit Anfang der 1980er Jahre wieder an. Heute
hat sich der Bestand des Kormorans stabilisiert. Seine Rückkehr ist
ein Erfolg für den nationalen und internationalen Vogelschutz. Ein
Land, das sich dem Schutz der biologischen Vielfalt verpflichtet
hat, kann darauf stolz sein.
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In Deutschland besiedelt der
Kormoran Seen und Flüsse des Binnenlandes sowie die Küsten
an Nord- und Ostsee.
Jahrzehntelang war der Kormoran
aus Deutschland so gut wie verschwunden. Ergebnis einer
gnadenlosen Verfolgung bis in das 20.Jahrhundert hinein.
Aber noch heute wird immer wieder der Abschuss von
Kormoranen gefordert. |
Der
Kormoran - muss seinen Schnabel herhalten |
Bild: © Raimund Linke |
Weil der Kormoran Fische als Nahrung braucht, hat er nicht nur
Freunde. Nach wie vor versuchen Teichwirte und Angler die Politik
und Behörden mit einseitigen Argumenten von angeblichen Gefahren
durch den Kormoran zu überzeugen. Auf der Grundlage von fachlich und
juristisch umstrittenen Erlassen und Verordnungen wird er seitdem
wieder geschossen. Die traurige Bilanz: Rund 15.000 Kormorane werden
jedes Jahr in Deutschland als sogenannte "Schadvögel" getötet.
Kormorane vernichten keine Fischbestände - es gibt keinen fachlichen
Hinweis darauf, dass ein Beutegreifer seine Beute so dezimiert, so
dass diese ausstirbt - und gefährden langfristig auch keine
Fischarten. Allerdings können sie an Fischteichen wirtschaftliche
Schäden anrichten. Doch gibt es Möglichkeiten, dies zu verhindern,
ohne den natürlichen Bestand der Vogelart erneut zu gefährden.
Kormorane brauchen zum Starten einen Anlaufweg von etwa 12 Metern.
Dies macht man sich unter anderem in einem Gemeinschaftsprojekt des
Landesfischereiverbands Bayern und des LBV in der Oberpfalz
zunutzen. In einer Teichanlage für die Satzfischproduktion wurden
acht Karpfenteiche mit einer Gesamtlänge von 3,1 Hektar mit
weitmaschigen Drähten überspannt. Die Maschenweite betrug zwischen
fünf und zehn Meter, der Abstand zur Wasseroberfläche 40 bis 50
Zentimeter. Während der Projektlaufzeit kam es nicht zu einer
einzigen Landung eines Kormorans auf den überspannten Teichen. - Ich
hatte dies schon Ende der 1970er Jahre in Baden-Württemberg gesehen.
- Damit konnte die Wirksamkeit dieser Vergrämungsmethode an
einem sensiblen Gewässertyp getestet und demonstriert werden.
Bernhard Neckermann
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