|
Vogelschützer beklagen
verkrüppelte Tauben-Füße - Stadt verweist auf Schäden
Würzburg: Tierschützer kontra Stadt: Die Tauben am
Marktplatz sorgen mal wieder für Diskussionsstoff.
Post an die Kreisgruppe Würzburg im Landesbund für
Vogelschutz: "Die armen Tauben vom Marktplatz. Man kann es nicht mit
ansehen, wie die Tiere mit nur noch einem Bein herumlaufen, weil das
andere verkrüppelt ist. Nicht mal mehr die Zehen hat das
Tierchen, sondern nur noch einen verschmorten Stumpf als Bein".
Wie viele Tauben es in Würzburg gibt, weiß niemand. Ole Kruse,
der Pressesprecher der Stadt, spricht von einer hohen Dunkelsziffer.
Mit 14 Kilo Darminhalt, schätzt die städtische Bauverwaltung,
beschickt eine Taube im Jahr die Stadt. Tauben würden, indem sie
sich entleeren, die Stadt "optisch beeinträchtigen".
Die Baufachleute berichten von weiteren Schandtaten: Der dem
Unverdauten eigene Ammoniak ruiniere Sandstein, Stuck, Fachwerk und
andere Fassaden-Materialien. Mit den Tauben zögen Ungeziefer in die
Häuser: Salmonellen, Zecken, Milben, die Allergien auslösen. Die
gesundheitlichen Risiken seien hoch, so Kruse.
Den dicklichen Stadtvögeln, eigentlich Symbole fürs Kuscheln und
Turteln, wird nachgeredet, sie seien "die Ratten der Lüfte".
Experten haben, so heißt es im Fachjargon,
"Vergrämungsmöglichkeiten" ausgetüftelt, um die Häuser vor dem
Taubenschiss zu schützen: Sie verlegen Drähte und speisen sie mit
laut Rathaus "harmlosen Spannungsimpulsen". "Die Tauben werden
dezent, aber unmissverständlich aufgefordert, sich fortzubewegen",
so Kruse. Die Sicherung vor den Ammoniak-Attacken geht ins Geld. So
kostet die Stadt der Schutz des Falkenhauses vor Tauben stolze
22.500 Euro.
Die Experten versichern, ihre "Systeme der Kot-Abwehr" seien für
das Tier absolut ungefährlich und wurden in Zusammenarbeit mit den
Tierschutzverbänden entwickelt beziehungsweise empfohlen". Andere,
dem Taubenschutzgesetz zuwider laufende Formen der Taubenvergrämung,
etwa das Ausbringen von klebenden Substanzen, würden nicht
praktiziert und nicht genehmigt.
Wo kommen die verkrüppelten Taubenfüße her, wenn das
Vergrämungs-Arsenal so harmlos ist? Das weiß man im Rathaus auch
nicht, sagt Kruse. Allerdings gibt man dort nicht viel auf den
Verstand der Vögel: Immer wieder mal müssten Arbeiter ausrücken,
weil Tauben, die aus Regenrinnen trinken, kopfüber ins Wasser
fallen, ersaufen und die Abflussrohre verstopfen.
|
Längst nicht alle Menschen in der Stadt Würzburg finden
die Straßentauben so possierlich wie dieser Herr am
Marktplatz.
"Wenn der Würzburger Mitbürger seine
Fütterung als sinnvoll für sich und darin eine Aufgabe
sieht, dann ist das für mich in Ordnung", so der
Kreisvorsitzende im LBV Bernd Neckermann, zum Thema, der
"Zufütterung der Tauben in unseren Städten".
"Über die
Konsequenzen sollte man sich darüber auch im Klaren sein", so
Neckermann weiter. |
Eine Zufütterung der Tauben ist
nicht nötig |
Bild: © Main-Post |
Anmerkung des LBV: Stadttauben sind
verwilderte Nachkommen von Haustauben, diese wiederum von der
Felsentaube abstammen. Verwilderte Haustauben folgten den Menschen
in die Städte, wo sie gute Nistgelegenheiten in den Nischen der
Häuser und den Stadtmauern fanden. Ihre Nahrungsquelle war das
Getreide auf den Feldern. Diese Gemeinschaft zwischen Mensch und
Taube blieb bis zur ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts unverändert.
Erst ab ungefähr 1950 vermehrte sich der Taubenbestand in den großen
Städten Europas und der USA rasant, Nahrungsreste, die Abfälle
unserer Wohlstandsgesellschaft, sind keine artgerechte Nahrung für
die Tauben, stehen aber mehr denn je im Überfluss zur Verfügung. Das
reichliche Futterangebot kann die domestikationsbedingte hohe
Brutaktivität der Stadttaube fördern.
Zu der wichtigsten Maßnahme bei einer tiergerechten
Bestandsregulierung gehört u.a. die Schaffung von geeigneten
Nistmöglichkeiten, die für die Tauben attraktiv sind und in denen
der gezielte Gelegeaustausch zur sanften Regulierung der
Bestandsgröße der Stadttaubenpopulationen erfolgt. Außerdem sollte
der Bevölkerung klar sein, dass eine Zufütterung von Tauben absolut
unnötig ist.
zurück
|
|