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Größter
Bestand Mitteleuropas
Wird
mainfränkisches Wiesenweihengebiet zur "Special Protection Area"?
Würzburg-Land: Die Europäische
Vogelschutzrichtlinie sieht vor, für Arten von besonderem
gemeinschaftlichen Interesse wie etwa Wiesenweihe, Weißstorch,
Steinadler, Uhu oder Auerhahn, nach festgelegten Kriterien
Gebiete zum Schutz der Art auszuweisen. Dabei sollen nur
besonders wichtige Gebiete berücksichtigt werden.
Das Verbreitungsgebiet der Wiesenweihe in Mainfranken erfüllt
diese Merkmale: In den Gaulagen um Würzburg ist der Vogel
heimisch, hier befindet sich der größte Bestand Mitteleuropas.
Im vergangenen Jahr wurden in diesem Bereich 78 Brutpaare gezählt,
berichtet Agrarbiologe Alf Pille, Gebietsbetreuer
Agrarlandschaft Mainfranken und Mitarbeiter beim Landesbund für
Vogelschutz (LBV) in Bayern.
48 der 78 Paare brachten ihren Nachwuchs durch. Zum Vergleich:
2002 waren 79 Brutpaare, 2001 70 und 2000 53. Etwa drei Viertel
der Paare brüteten mit Erfolg. Der nächstgrößte Bestand mit etwa
40 Brutpaaren liegt in Nordrhein-Westfalen. Die Erfolgsquote
liegt dort aber nur bei etwa 40 Prozent.
Der Freistaat Bayern hat es unterlassen, das Brutgebiet gemäß den
FFH-Richtlinien an die Europäische Union zu melden, sagt Pille.
Deshalb drohe der Bundesrepublik jetzt ein
Vertragsverletzungsverfahren.
FFH bedeutet Flora (Pflanzen) - Fauna (Tierwelt) - Habitat
(Lebensraum) und zielt darauf ab, Pflanzen- und Tierarten
gemeinsam mit ihrem Lebensraum zu schützen.
Doch der Countdown läuft: Nach den Angaben auf der Internetseite
des bayerischen Umweltministeriums gibt es Planungen, Teile des
rund 21.000 Hektar umfassenden Brutgebiets der Wiesenweihe als
"Special Protection Area" (SPA) - zu deutsch: besondere
Schutzfläche - auszuweisen.
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Große Gebiete der Ochsenfurter Gaulagen sollen
EU-Vogelschutzgebiet werden.
Insgesamt: 21.000
Hektar |
Zankapfel EU-Vogelschutzgebiet |
Bild: © Main-Post |
Von diesen 21.000 Hektar sind 6.000 Hektar nördlich von Würzburg und
etwa 15.000 Hektar südlich davon. Nach dem vorliegenden Konzept sollen
im Norden 3.500 und im Süden 10.000 Hektar unter den besonderen Schutz
der EU gestellt werden.
Diese Ausweisung könnte nach Darstellung des Agrarbiologen Alf Pille
durchaus Vorteile haben. Im Augenblick ist das große
Wiesenweihengebiet so genanntes "Faktisches Vogelschutzgebiet", in dem
jegliche Änderung untersagt ist. Eine SPA-Ausweisung würde zu
wesentlichen Lockerungen führen.
Veränderungen dürfen unter der Maßgabe vorgenommen werden, dass sie
den Schutzzweck nicht (erheblich) beeinträchtigen.
Im größten Teil des Gebietes wären daher unter anderem
Wohngebietserweiterungen oder Stallbauten möglich. Auch Landwirte
dürfen sich finanziell auf der sicheren Seite wähnen:
Entschädigungszahlungen sind langfristig gesichert, da die EU in SPAs
mitbezahlt.
Zudem muss ein Managementplan erstellt werden, an dem idealerweise
alle beteiligten Interessengruppen mitarbeiten - also Landwirtschaft
ebenso wie Naturschutz. In ihm werden die ökologischen, ökonomischen
und sozialen Ansprüche an das SPA-Sonderschutzgebiet ebenso fixiert
wie mögliche Einflüsse auf den Artenbestand.
Doch auch negative Seiten der Ausweisung sind denkbar: In Einzelfällen
könnte eine Umlegung von bestehenden oder geplanten Bauten (oder
Wohngebietserweiterungen) erforderlich werden. Und: Ein starres
Schutzgebiet kann der hohen Mobilität der Wiesenweihe und den
Veränderungen der Landwirtschaft nicht gerecht werden. Der
Managementplan müsste also ständig fortgeschrieben und an die
Veränderungen angepasst werden.
Noch liegt der Plan des bayerischen Umweltministeriums nur als
Vorschlag auf dem Tisch. Er durchläuft verschiedene Prüfungen und
kommt voraussichtlich im Frühjahr 2004 ins so genannte
Dialogverfahren, in dem die unterschiedlichen Interessen gegeneinander
abgewogen werden. Dann kann jeder Betroffene Einwände gegen das Gebiet
darlegen und auf Änderungen der Abgrenzung drängen.
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