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Ein Kleinod der Natur
Seltene Pflanzen und Insekten fühlen sich wohl im alten
Steinbruch über Kleinochsenfurt (Text: Uschi Merten)
Kleinochsenfurt: Im vergangenen Jahr erhielt der
Quaderkalksteinbruch in Kleinochsenfurt das Gütesiegel als eines der
100 schönsten Geotope Bayerns. In den meisten Geotopen entstanden
bereits vorher auch Biotope, da sich in diesen besonderen Gesteinen
auch seltene Tiere und Pflanzen ansiedeln.
Der Quaderkalk, der hoch über Kleinochsenfurt und Sommerhausen
ansteht, ist eine spezielle Schichtbildung im Oberen Muschelkalk. Er
war in früheren Zeiten ein Exportschlager. So wurde er beispielsweise
beim Bau des Grand Central Station in New York City, des Pergamon
Museums in Berlin und des Deutschen Museums in München verwendet.
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In Kleinochsenfurt beginnend,
windet sich der Höhenweg steil bergauf zum Geotop "Steinbruch
Kleinochsenfurt" |
Auf
steilem Höhenweg hinauf zum Geotop |
Foto: © Thomas Langhirt |
Wie Paul Hofmann von der Firma Kraemer und Hofmann berichtet,
wurden dort bereits in den 30er Jahren Steine gebrochen. So wurde auch
die Staustufe in Kleinochsenfurt mit diesem Material errichtet. Später
war der Muschelkalk bei Architekten lange Zeit verpönt. Steine wurden
jedoch weiterhin abgebaut, auf Rollwägen verladen und ins Tal
gebracht. Dort, wo sich heute der Kreisverkehr an der Goßmannsdorfer
Brücke befindet, stand bis vor wenigen Jahrzehnten noch ein Hammer-
und Klopfwerk, in dem die Steine zu Schotter verarbeitet wurden.
Entlang des
Höhenwegs sieht man immer wieder Zeugnisse einer einst
schweren körperlichen Tätigkeit |
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Foto: ©
Thomas Langhirt |
Verrosteter
ehemaliger Rollwagen
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Die letzten Quader wurden Anfang der 90er Jahre abgebaut. Es
entstanden daraus Sitzsteine am Mauerwerk des Spreebogens in Berlin.
Danach erfolgte viele Jahre kein Abbau mehr. In dieser Zeit fanden
seltene Tiere und Vogelarten in dem Steinbruch einen Lebensraum. Der
Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz schalteten sich
ein, um diesen zu schützen.
Paul Hofmann erzählt, dass die
betreibende Firma damals keinen Einspruch eingelegt hatte. Ein
weiterer Steinabbau war fortan nicht mehr möglich. Aus dem Steinbruch
wurde ein Naturschutzgebiet.
Der Kleinochsenfurter Steinbruch,
jetzt das Geotop Nr. 83, liegt direkt am Panoramaweg zwischen
Ochsenfurt und Sommerhausen. So ist es möglich bei einer Wanderung
einen wunderschönen Ausblick auf die Landschaft des Mains und
gleichzeitig einen Einblick in die Gesteinsschichten der Erde und auch
in eine spezielle Fauna und Flora zu erhalten. Der Quaderkalk ist
für das Kleinklima verantwortlich, das in dem Areal herrscht: Wie
Bernhard Neckermann von den Umweltfreunden Würzburg-Ochsenfurt
erklärt, entstand ein sonnendurchflutetes Trockenrasengebiet, in dem
nur spezielle Tiere und Pflanzen überleben können.
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Die Wespenspinne ist eine sehr
auffällige Radnetzspinne mit einem schwarz-gelben,
quergebändertem Hinterkörper. Sie kommt auf feuchtem und
trockenem Grasland meist nicht selten vor. Ihr
Hauptverbreitungsgebiet liegt vor allem im südlichen und
mittleren Deutschland. Die Art baut dicht über dem Boden
ein Radnetz, das über und unter der Mitte meist mit einem
weißen, vertikalen Zickzackband ausgestattet ist. Das
Netzzentrum, die Nabe, ist mit dichtem, weißem Gespinst
überzogen. Hier sitzt, stets mit dem Kopf nach unten
gerichtet, die Spinne und lauert auf Beute, vorzugsweise
Heuschrecken. Bei Störungen versetzt sie ihr Nest in schnelle
Schwingungen. Dabei erscheint durch die Körperzeichnung und
das Zickzackband im Netzzentrum eine verschwommene helldunkle
Bänderung, in der die Spinne nicht mehr sicher zu erkennen
ist. Die Weibchen sind mit 14-17 mm weitaus größer als die
Männchen mit 4-6 mm |
Schön anzusehen: Die
Wespenspinne hat ihren Namen von der Zeichnung ihres
Hinterleibs. |
Foto: © Thomas Langhirt |
Die regelmäßige Beweidung durch Schafe und Ziegen sorgt dafür,
dass die Hänge nicht unter Hecken und Gras verschwinden. So können
interessierte Besucher nicht nur das Gestein, sondern auch die
seltenen Tiere und Pflanzen beobachten. Zu finden sind
unterschiedliche Feldheuschreckenarten, darunter besonders
interessante Vertreter wie die Rot- und die Blauflügelige
Ödlandschrecke. Diese besondere Heuschreckenart ist nur ein bis zwei
Zentimeter groß, so dass sie dem Naturinterssierten nicht sofort
auffällt. Beide Arten stehen inzwischen auf der Roten Liste der
bedrohten Arten und sind dehalb streng geschützt.
Die
Blauflügelige Ödlandschrecke ist eine Art der Ödlandschrecken,
innerhalb der Kurzfühlerschrecken. Namensgebend ist die blaue
Flügelzeichnung der geöffneten Hinterflügel, sowie ihre
Vorliebe für trockene und vegetationsarme Lebensräume. Wie
die anderen Ödlandschrecken ist die Blauflügelige
Ödlandschrecke vor allem an das Leben auf dem Boden angepasst
und bewegt sich fast ausschließlich gehend fort.
Sie
ist stark gefährdet. |
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Foto: ©
Thomas Langhirt |
Seltene Art: Die Blauflügelige Ödlandschrecke ist
perfekt an das Leben auf kargem Boden angepasst. |
Die Ödlandschrecken sind sehr ortsgebunden und an das Leben am
Boden angepasst. Einmal verscheucht, kehren sie wahrscheinlich nicht
mehr an ihren alten Standort zurück. Auch die seltene Wespenspinne ist
schön anzusehen und hat hier eine Heimat gefunden. Durch die günstige
Witterung in den letzten Jahren konnte sich die Spinnenart wieder
ausbreiten. Besonders schön blüht in diesem Steinbruch auch der
Fransenenzian, der ebenfalls unter Naturschutz steht.
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Die leuchtend blauen, 3 bis 5 cm
langen Kronblätter sind nur relativ kurz verwachsen und die
vier Kronzipfel sind am Rand deutlich bewimpert
(Namensgebung). Als Standort werden vor allem
Halbtrockenrasen, Kalkmagerrasen, Schafweiden und Heiden
bevorzugt.
Der Fransen-Enzian ist eine Rote-Liste-Art 3
= gefährdet. |
Der
Fransen-Enzian ist meist ein einzeln stehendes Enziangewächs |
Foto: © Thomas Langhirt |
Bernhard Neckermann bedauert, dass das Geo- und Biotop manchmal
von Besuchern überflutet wird. Thomas Langhirt, begeisterter
Naturfotograf, stellt immer wieder fest, dass Pflanzen zertreten und
die Tiere verscheucht werden. Natürlich sind naturinteressierte
Menschen willkommen. Doch in dem sensiblen Gebiet sollten sie die
nötige Vorsicht walten lassen, so die Naturschützer. Zum Campen oder
Feiern ist der Steinbruch nicht geeignet.
Zur
Person:
Bernhard Neckermann (57
Jahre) ist ein engagierter Vogel- und Naturschützer. 1984 trat
der Ochsenfurter in den Landesbund für Vogelschutz (LBV) ein.
1999 hat er als Vorstandsmitglied das Projekt "Streuobstwiese"
gegründet. In dieser Zeit entstand der Streuobstlehrpfad in
Greußenheim. Von 2003 bis 2009 war er Kreisvorsitzender. In
dieser Funktion hat Neckermann die Kreisgruppe Würzburg neu
organisiert und umstrukturiert. Er hat zahlreiche Projekt ins
Leben gerufen und intensiv betreut, wie zur Biotoppflege, zum
Schutz der Saatkrähe und der Turmfalken, sowie die
Fledermausgruppe. |
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Foto: ©
Uschi Merten |
Naturbegeistert: Bernhard Neckermann versucht eine
Ödlandschrecke, die nur ein bis zwei Zentimeter groß ist, zu
fangen. |
Naturschützern und Naturinteressierten ist Neckermann bekannt
durch viele Exkursionen, die bis hin in den Spessart und Steigerwald
führten.
Beide Naturschützer sind der Meinung, dass offene
Feuerstellen absolutes Tabu sind. Wer gegen das Verbot verstößt, muss
mit einer Anzeige rechnen. Von dem Plateau, auf dem die
Ödlandschrecken ihr Hauptgebiet haben, sollten sich die Besucher bitte
fernhalten.
"Der Mensch sollte im Einklang mit der Natur leben,
er hat nur diese", sagt Bernhard Neckermann, und weiter "er sollte
auch etwas mehr Respekt ihr gegenüber bezeugen, denn die Natur kann
ohne uns ganz gut auskommen, wir aber nicht ohne sie".
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