Der Jäger wird gejagt
Der Kormoran liebt Fisch. Das ärgert die Teichwirte.
Sie wollen dem geschützten Tier an den Kragen. Vogelschützer wollen
den Abschuss verhindern.Lange war der Kormoran eine
gefährdete Vogelart und selten geworden. Jetzt ist er wieder häufiger
am Main und anderen heimischen Gewässern zu sehen. Doch nicht jeder
freut sich, wenn der unter Naturschutz stehende Fischliebhaber
auftaucht. Vor allem die Fischereibetriebe könnten auf ihn verzichten.
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Umstritten: Lange war
der Kormoran eine gefährdete Vogelart. Jetzt taucht der
Fischliebhaber auch an Main und Tauber wieder häufig auf. |
Der Komoran ist der "Vogel des
Jahres 2010"
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Teichwirt Karl-Heinz Schlereth aus Veitshöchheim ist kein
Freund von Kormoranen mehr. Im Herbst 2008 hat er einen Versuch
gestartet. Weil ihm die Verluste an Fischen im Main, für den er
Fischrecht hat, zu groß waren, setzte er kurzerhand welche im
Schlossteich des Rokokogartens aus: "Ich dachte, dort wären sie
geschützt, dort kommen die Kormorane nicht hin".
Das war ein Irrtum. Als Schlereth den Bestand im Teich nach dem
Winter kontrollierte, war von seinen Fischen fast nichts mehr übrig:
"Die Kormorane saßen auf den Steinfiguren im Garten und schienen sich
zu freuen", so der Fischzüchter. Er versuchte, die Vögel zu vertreiben
- vergebens. Schlereth muss nicht zu 100 Prozent von der Fischzucht
leben. Doch der Verlust von 6000 bis 7000 Euro trifft ihn doch sehr.
Von den Kormoranen kann auch Peter Wondrak ein Lied singen. Er ist
Präsident des Fischereiverbandes Unterfranken, dem 9000 Angler und
zwölf Teichwirte angehören: "Wir haben zurzeit 3000 Kormorane als
Wintergäste hier. Die fressen täglich 1,5 Tonnen Fisch. Das halten die
Fischbestände nicht aus", sagt Wondrak.
Vor allem fließende Gewässer wie der Main seien betroffen - weil die
stehenden noch zugefroren seien: "In manchen Flüssen und Bächen sind
die Fische fast ausgerottet", so der Vertreter des Fischereiverbandes.
Im Frühjahr werde es an den Flüssen ein böses Erwachen geben, vor
allem an der fränkischen Saale.
Zur Lösung des Kormoran-Problems setzt Wondrak auf die Jagd - und
auf eine politische Lösung: "Wir benötigen ein europäisches
Kormoran-Management, das festlegt, wie viele dieser Vögel wir
brauchen, damit die Art überlebt. Jetzt sind es jedenfalls zu viele".
Durch die
Wahl des Kormorans zum Vogel des Jahres 2010, soll der Schutz
des Kormorans gefördert werden. Denn er wird an Seen, Flüssen
und Küsten zu Tausenden geschossen und vertrieben. |
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Kormoran-Problem: Zur Lösung
setzt der Fischereiverband auch auf die Jagd.
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Marc Sitkewitz, Geschäftsstellenleiter des bayerischen
Landesbundes für Vogelschutz (LBV) in Würzburg, sieht die Sache
naturgemäß anders. Er sieht zwar auch, dass der Kormoran dem
Fischbestand der Region - vor allem der Äsche - arg zusetzt. Die
Ausfälle bei den Teichwirten lägen bei 60 bis 70 Prozent. Zumal der
Kormoran Fische nicht nur frisst, sondern sie verletzt liegen lässt.
Verkaufen lassen sie sich dann nicht mehr.
Doch der Vogelschützer sagt auch, der Kormoran allein sei nicht das
Hauptproblem: "Große Flüsse wie der Main sind durch Staustufen träge
Gewässer geworden. Dort gibt es nicht mehr ausreichend Laichplätze und
Versteckmöglichkeiten für die Fische". Die seien so leichte Beute für
den Kormoran.
Schlafplatzzählungen haben ergeben, dass der Kormoranbestand in
Unterfranken zuletzt gesunken ist: von 1922 im Winter 2003/04 bis auf
846 im vergangenen Winter. Das mag mit verstärkten Abschüssen zu tun
haben. Allein von Oktober 2008 bis März 2009 waren es 888, mehr als
200 als im selben Zeitraum des Jahres zuvor und sogar 500 mehr als
2006/07. Allerdings belegen bayernweite Zahlen, dass die zuletzt
wieder gestiegenen Abschüsse die Kormoranpopulation nicht wesentlich
schwächen. Offensichtlich rücken die Zugvögel in Abschussgebiete nach
- bis sie diese leer gefressen haben.
Marc Sitkewitz hält vom systematischen Abschießen der Vögel nichts:
"Dann müsste man europaweit 200.000 Kormorane umbringen, um den
Bestand merklich zu reduzieren".
Der Vogelschützer hält die von der Regierung von Unterfranken
erlassene Allgemeinverfügung zum Abschuss der Kormorane für
ausreichend. Laut dieser Ausnahmeregelung dürfen Kormorane
grundsätzlich im Umkreis von 200 Metern um erwerbswirtschaftlich
genutzte Teichanlagen und um Flüsse wie Main und Tauber getötet
werden.
Nicht voll entwickelte Jungvögel dürfen ganzjährig, Altvögel bis 30.
April geschossen werden. Selbst einzelne Natur- und Vogelschutzgebiete
machen da keine Ausnahme. Sitkewitz fürchtet nun, dass bald auch im
einzig großen unterfränkischen Brutgebiet des Kormorans in Garstadt
wild abgeschossen werden darf.
LBV und Bund Naturschutz haben kurzerhand den Kormoran zum "Vogel
des Jahres 2010" erklärt - "keine Provokation, sondern eine
Aufforderung zum Dialog, besonders an die Fischereiwirtschaft", sagt
Sitkewitz.
Bleibt die Frage, wer die Kormorane eigentlich abschießen soll.
Die Jäger der Region zieren sich: "Wir helfen den Fischern, wo wir
können. Aber eigentlich verstößt das gegen die Ethik der Jagd.
Kormorane sind ja nicht verwertbar", sagt Manfred Ländner,
Kreisvorsitzender des Jagdverbandes Würzburg.
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