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Stadt wirbt für mehr Toleranz bei Saatkrähen
Belastung durch Lärm und Schmutz konzentriert sich auf die
Brutzeit bis Mai
Würzburg: Jedes Jahr im Frühjahr ist es in Würzburg zu
beobachten: Die Saatkrähen beginnen in Scharen mit ihrem Nestbau. Sie
bevölkern hohe Bäume mit ihren Nestern, machen viel Lärm und
hinterlassen eine Menge Verschmutzung. Saatkrähen kommunizieren
lautstark mit einander. Was für die Tiere wichtig ist, stört
allerdings viele Menschen. Ärger gibt es deshalb immer wieder in
Heidingsfeld, in der Erthalstraße oder am Wittelsbacher Platz, wo sich
die Rabenvögel wohlfühlen und sich in Parkbäumen angesiedelt haben.
Die Krähenrufe, vor allem aber die Hinterlassenschaften halten Bürger
für unzumutbar. Die Stadt hatte schon mehrmals, soweit es im Rahmen
des Naturschutzes zulässig war, eingegriffen.
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Die Kolonien der Saatkrähen sind
sehr lärmintensiv, dies führt oft zu Konflikten. Das
Schadpotenzial der Saatkrähen, gegenüber dem Nutzen, ist
gering, da sie ihren ökologischen Beitrag einbringen, indem
sie Frost- und Agrarschädlinge vertilgen. |
Saatkrähen sind sehr kommunikativ untereinander |
Bild: © Michael Schiller |
Allerdings, was viele Anwohner in der Nähe der Krähenkolonien
als unliebsame Plage empfinden, ist für Naturfreunde, wie Bernhard
Neckermann von den Umweltfreunden Würzburg-Ochsenfurt, der die
Saatkrähe seit langem im Raum Würzburg beobachtet und auch kartiert,
ein unvergleichliches Schauspiel. Wenn sie bei Sturm ihre Flugkünste
zelebrieren, wenn sie auf engstem Raum mit einander auskommen, wenn
sie während der Brutzeit "singen", sind dies für ihn mit die letzten
Naturereignisse inmitten unserer Städte. Er weist auch daraufhin, dass
die Saatkrähe in der Summe eher ein Nützling, als ein Schädling ist.
Wenn sie gemeinsam auf Futtersuche auf den Äckern umherstreifen,
werden auch Mäuse erbeutet.
Tatsache ist, dass die Saatkrähe
nach europäischem und bundesdeutschem Recht zu den besonders
geschützten Vogelarten gehört. Brut- und Nistplätze dürfen daher
grundsätzlich nicht entfernt oder zerstört werden. Diesen Schutz
brauchen die Saatkrähen auch, deren Bestand bis 1955 durch intensive
menschliche Verfolgung auf nur noch 600 Brutpaare bayernweit stark
dezimiert worden war. Zwischenzeitlich hat sich der Bestand immerhin
einigermaßen erholt - mit rund 7000 Brutpaaren im Freistaat. In
Unterfranken kommt die Saatkrähe heutzutage nur noch in den Räumen um
Würzburg und Schweinfurt vor. Seit einigen Jahren hält sich, dank
einiger Vogelfreunde die bei den Mitmenschen um Verständnis bitten,
der Bestand mit ca. 500 kartierten Brutpaaren relativ stabil.
Entwarnung ist jedoch nicht angezeigt. Nach wie vor steht die
Saarkrähe in Bayern auf der Vorwarnliste der gefährdeten Brutvögel.
Und immer wieder wird ihre Daseinsberechtigung in Frage gestellt,
nämlich dann, wenn es Konflikte mit unmittelbaren Anwohnern gibt.
Kritik war aktuell wieder von den "Brennpunkten" Erthalstraße oder
am Wittelsbacher Platz zu hören wegen der beschriebenen Folgen während
der Brutzeit. Der Höhepunkt ist Mitte März, wenn die Krähen die Eier
legen. Ein Ende der "Belästigungen" kehrt schon im Mai wieder ein,
wenn die Jungvögel flügge geworden sind und es raus auf die Felder
geht. "Dort wird ihnen von den Altvögeln mitgegeben, wie
man als Saatkrähe lebt und durchkommt", so Neckermann weiter.
Tolerante Selbsthilfe:
Schon vor zehn Jahren wurden am Spielplatz an der
Waltherschule in Heidingsfeld Tuchsegel zum Schutz vor
Hinterlassenschaften der Krähen gespannt. "Wenn dies nichts
bringt, müssen die Nester im Herbst abgenommen werden. Kinder
gehen vor", so Neckermann in einer Stellungnahme. |
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Foto:
Main-Post |
Saatkrähen-Nester ausgerechnet
in Bäumen eines Kinderspielplatzes |
Um die Anwohner zu entlasten hat die Stadt Würzburg mit einer
Ausnahmegenehmigung der Höheren Naturschutzbehörde in der Erthalstraße
acht unbewohnte Nester entfernt. Vorausgegangen war eine sorgfältige
Abwägung der Gesamtsituation. Vertreibungen bergen allerdings die
Gefahr, dass sich die Kolonie in mehrere Teilkolonien aufsplittert.
Für Neckermann, ist dies ein Eingriff in eine gewachsene Kolonie.
Erreicht ist eine Verlagerung und eine Vervielfachung der Probleme,
nicht aber eine Lösung. Die Vögel versuchen die Teilkolonien wieder
zusammenzubringen und oft ist es so, dass man in ein paar Jahren ein
mehr an BP hat als vorher, so Neckermann weiter.
Eigeninitiative, die zur Beeinträchtigung, zur Zerstörung einzelner
Koloniestandorte oder zur Vertreibung der Vögel führt, macht alleine
deshalb schon keinen Sinn und sind ohnedies eindeutig verboten. Sie
können mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro geahndet werden.
Die Stadt appelliert daher an die Bereitschaft der Bürger, die
Unannehmlichkeiten möglichst zu tolerieren und sich mit der
vorhandenen Situation zu arrangieren. Empfehlung: Auf den Parkplätzen
unter den Nestern das Fahrzeug in der Hoch-Zeit der Krähen abdecken -
oder gleich anderswo parken.
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