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Streitfall Vogelfütterung
Diplombiologe aus Haßfurt erläutert das Für und Wider
Hassfurt: Soll man Vögel füttern oder soll man nicht, ist es
nützlich oder gar schädlich? Das Futterhäuschen für heimische Vögel
ist unter Naturschützern und Tierfreunden heftig umstritten. Während
die einen stundenlang vom Fenster aus, gemütlich das quirlige Treiben
am Vogelhäuschen beobachten, sprechen die anderen von einem
unverantwortlichen Eingriff in den Naturhaushalt.
Gerade jetzt, wo der Winter mit strengem Frost und weißer Schneepracht
auch bei uns im Flachland Einzug gehalten hat, ist das Thema
hochaktuell. Was aber sagt ein Experte dazu? Diplombiologe Jürgen
Thein aus Haßfurt vertritt eine differenzierte Meinung.
Wissenschaftlich und aus biologischer Sicht betrachtet trägt die
Vogelfütterung nicht zum Arten- und Naturschutz bei, meint er. Weil
vom "Tischleindeckdich" in aller Regel Allerweltsvögel wie Amsel,
Kohlmeise, Buchfinken und Spatzen profitieren - Vogelarten also, die
überhaupt nicht gefährdet sind. Zudem greife auf diese Weise der
Mensch in natürliche Auslesevorgänge ein, wodurch nicht mehr nur die
Besten und Stärksten einer Art überwintern und sich im Frühjahr
fortpflanzen.
Schon jetzt, erläutert Thein weiter, fänden sehr anpassungsfähige
Vögel wie die Stare im Winter im Umfeld der vielen Städte so viel
Abfälle und Futter, dass sie nicht mehr Hunderte oder gar Tausende
Kilometer weit in den Süden flögen. Wenn man da das Futterangebot noch
mehr verbessere, gleiche das künstlicher Ernährung. Mit dem Ergebnis,
dass zukünftig immer mehr Vögel überhaupt nicht mehr auf die Reise
gehen.
Aber Thein kennt auch die andere Seite. Um Kontakt zur Natur und zur
Vogelwelt zu bekommen, sind Vogelhäuschen "eine tolle Sache", erklärt
der Fachmann. Besonders für Kinder, aber auch für ältere oder einsame
Menschen sei das eine echte Lebensbereicherung, ist er sich sicher.
Naturschutz sei eine Herzenssache und wenn Kinder auf diese Weise
lernen, eine Kohl- von einer Blaumeise zu unterscheiden, sei viel
gewonnen.
Mitunter lassen sich auch sehr schöne Flugtiere wie Buntspecht,
Eichelhäher oder Dompfaff sehen. Das Vogelhaus trage zu einer
positiven Einstellung zu Umwelt und Natur bei.
Wichtiger sei aber, wenn schon, dann richtig füttern. Und das bedeute
vor allem, das Häuschen täglich vom Vogelkot zu reinigen und feuchtes
oder verschimmeltes Futter zu entfernen. Sonst übertragen sich
Erreger, Infektionen und Krankheiten wie Salmonellen. Wichtig: Erst
jetzt bei strengem Frost oder geschlossener Schneedecke füttern und
die Futterstelle katzensicher platzieren. Sonnenblumenkerne und
fertige Futtermischungen sind für Körnerfresser wie Finken und Spatzen
geeignet, Meisen und Amseln mögen Haferflocken, Kleie und Äpfel. Auf
keinen Fall Speisereste oder Brot anbieten.
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Die Art kommt in Gärten vor,
solange dort Nadelbäume vorhanden sind. Während der
kalten Jahreszeit sind Gimpel regelmäßig in Gärten
anzutreffen, weil es dort Futterstellen gibt. |
Winterfütterung im Garten sogar die Gimpel kommen |
Bild: © Karl Hepp |
Meine Meinung: Auch ich halte eine
Winter-Vogelfütterung erst dann für sinnvoll, wenn der Boden gefroren
und eine geschlossene Schneedecke vorherrscht. Auch zur Hygiene am
Futterplatz ist oben alles richtig gesagt.
Natürlich, sind in aller Regel, die sogenannten
"Allerweltsvogelarten", wie: Spatzen, Amsel, Meisen und Finken
anzutreffen. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass sich in
strengen Wintern auch Wintergäste aus dem Osten, oder Nordosten
Europas bei uns aufhalten, wie Bergfink, Birkenzeisig, oder
Erlenzeisig, u.s.w. Bergfink und Erlenzeisig konnte ich im Winter auch
an meiner Futterstelle im Garten erkennen. Wir sollten auch nicht
vergessen, dass unsere sogenannte "Kulturlandschaft" sich in den
letzten Jahrzehnten stark verändert hat. Waren in den 1960er Jahren
Heckenlandschaften mit Sträuchern und Feldrainen mit einer Vielzahl
von verschiedenen Gräsern anzutreffen, so ist heute diese
"Agrarsteppe" ausgeräumt. Dass in den letzten 30 Jahren über 100
Ackerwildkräuter auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten
stehen, hat seinen Grund.
Wer im Winter füttert, darf sich im Frühjahr aber auch nicht ärgern,
wenn die eine oder andere Amsel, Salatpflanzen vertilgt. Auch ist zu
beachten, dass die vielen "Daheimbleiber" natürlich auch Reviere, oder
Brutplätze besetzen, die dann den "Heimkehrern" fehlen.
Dies alles, wiegt aber auf, wenn sich Großeltern, oder Eltern sich die
Zeit nehmen, und ihren Enkeln oder Kindern die "Natur vor der
Gartentüre" erklären. Viele Kinder können kaum noch fünf oder sechs
verschiedene Vogelarten aufzählen, geschweige erkennen. Das wäre sehr
wichtig, dass dies ihnen erklärt wird. Denn was ich nicht kenne, das
kann ich auch nicht schützen.
Bernhard Neckermann
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