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Gaubahnweg - ehemalige Gaubahntrasse die von Ochsenfurt
über Aub nach Röttingen führte
Wo nun dieser
Radweg verläuft fuhr am 3.März 1992 ein Personenzug von einer Dampflok
der Baureihe 50 gezogen. Es war die letzte Fahrt auf dieser Strecke,
fast auf den Tag genau 85 Jahre nach der feierlichen Eröffnung.
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Auf dem Weg, den Sie nun die
nächsten 2 km folgen, verlief früher die Gaubahn, die von
Ochsenfurt über Aub nach Röttingen an die Tauber führte. |
Einstieg
- ehemalige Gaubahntrasse heute Rad- und Wanderweg |
Bild: Björn Neckermann |
Pläne für eine Gaubahnstrecke gehen zurück bis in das Jahr 1870.
Verschiedene "Lokalbahncomites" stritten sich um eine geeignete
Streckenführung. Je nach Interessenlage wünschte man sich eine
Linienführung von Goßmannsdorf über Giebelstadt nach Röttingen oder
favorisierte (die später auch gebaute) Strecke von Ochsenfurt durchs
Thierbach- und durch das Gollachtal nach Röttingen.
Ehemaliger
Haltepunkt für den Ort Hohestadt, das Bild wurde 1948
aufgenommen. Auf Ihrem Weg kommen Sie an diesem Schild und den
beiden folgenden, vorbei.
Hier an dieser Stelle war einst der "Haltepunkt
Hohestadt". Haltepunkte gab es nur zwei auf der gesamten
Gaubahnstrecke. Neben Hohestadt war dies noch Burgerroth.
Haltepunkte hatten nur das Schild "Betriebsstelle" und eine
tafel mit den Abfahrtszeiten als Ausstattung. Dazu kam eine
einfache Unterstandshütte mit Sitzbank. Die Gemeinden
übernahmen in der Regel die Unterhaltung und Reinigung dieser
"Bahnhofsgebäude". Die Hohestadter Fahrgäste mussten zur
Gaubahn einen 15-minütigen Fußmarsch auf dem Weg machen, der
diesem Schild gegenüber rechts den Hang hinaufführt.
Der gesamte "Bahnhof" bestand aus einer Unterstellhütte und
einem Schild mit dem Namen des Haltepunktes. |
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Bild:
Björn Neckermann |
Ehemaliger Haltepunkt
Hohestadt |
Am 14.Februar 1900 hat der Bayerische Landtag letztere Strecke
einstimmig genehmigt. Die Gaubahn hatte ihren Ausgangspunkt in der
Bezirksstadt Ochsenfurt. In der Höhe der Erlermühle zweigte sie ab in
das liebliche Thierbachtal, schlängelte sich vorbei an alten Mühlen
und erreichte bei Gaukönigshofen das Hochplateau des fruchtbaren
Ochsenfurter Gau's, der Kornkammer Unterfrankens. Nach dem Bahnhof
Aub/Baldersheim (heute ein Stadtteil Aubs) führte das Gleis durch das
Gollachtal hinunter nach Bieberehren und entlang der Tauber dann zum
Endbahnhof in Röttingen.
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"Protokoll über die
Vorverhandlungen mit den Interessenten einer Lokalbahn von
Ochsenfurt nach Röttingen vom 1.August 1899".
" ... Herr Kunstmühlenbesitzer Dress
bittet, es möchte bei der Detailprojektierung auf die
Ermöglichung eines Industriegleisanschlusses seiner Kunstmühle
bei Tückelhausen bedacht genommen werden ...".
Die vor Ihnen liegende sogenannte "Ölmühle" der Familien
Eck und Dreß bekam ihren Industriegleisanschluß. Bis Ende der
1950er Jahre brachte die altersschwache 98er Rangierlock, das
"Bockerle" vom Bahnhof Ochsenfurt mehrmals im Jahr einen
Waggon Weizen zur Mühle. Mit mühsamer Schöpfarbeit wurde das
offen transportierte Getreide in den Trichter geschüttet und
über ein Schneckengetriebe und Elevatoren den Lagern der Mühle
zugeführt. Diese Mühle wurde im Rahmen eines großen
Mühlenstilllegungsprogramms 1960 stillgelegt und dient heute
unter anderem dem Bauhof der Stadt Ochsenfurt als Lager. |
Industriegleisanschluss der ehemaligen Ölmühle |
Bild: Björn Neckermann |
Die gesamte Strecke war 31 km lang, Die Gesamtbaukosten
veranschlagte man 1899 mit 1.570.000,-- Mark, wobei die Gemeinden die
Grundstücke unentgeltlich für die Haltestellen und Ladestraßen zur
Verfügung stellen mußten. Am 30. April 1907 wurde die Strecke
feierlich eröffnet, nachdem Kronprinz Luitpold sein Einverständnis
erteilt hatte.
Der Bahnhof
Tückelhausen, im Amtsdeutsch "Haltestelle", war hier
jahrzehntelang vertrauter Anblick. Meist waren es
"Bahnagenten", die den Bahnhof betreuten.
Im Verlauf
von fast 70 Jahren waren es nur 3 ortsansässige Bahnagenten,
die (ohne Hilfskräfte) den gesamten Personen- und Güterverkehr
abwickeln mußten. Soweit zwischen den einzelnen Zügen Zeit
war, ging man noch einem Nebenerwerb (z.B. in der
Landwirtschaft) nach. Neben dem Bahnhof stand als
freistehendes Einzelgebäude die "Abortanlage" mit "Schamwand"
vor der Tür für "Männer".
Obwohl recht nahe an der
Bezirksstadt Ochsenfurt gelegen, hatte der Personenverkehr an
diesem Bahnhof eine große Bedeutung. Autos gab es noch wenige
und 4 - 5 km nach Ochsenfurt laufen - das war den meisten
Reisenden denn doch zu weit. Eine Schülermonatskarte
Tückelhausen - Würzburg/Süd kostete 1958 13,60 DM. |
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Bild:
Björn Neckermann |
Der Bahnhof Tückelhausen - das
Gebäude steht heute nicht mehr |
11 Bahnhöfe und Haltestellen erschlossen den Ochsenfurter Gau.
Jahrzehntelang war die Gaubahn unterwegs um Getreide, Kartoffeln, aus
Weidenholz selbst gefertigte Körbe jeglicher Größe, aber vor allem
Rüben aus dem Hinterland in die Bezirksstadt Ochsenfurt, zur Hauptbahn
und von dort aus weiter, oder zur Zuckerfabrik zu bringen.
Ich selbst bin jahrelang, täglich, als Banklehrling mit meinem
"Gaublitz" bis Ochsenfurt gefahren. Und so war es klar, dass ich an
einem 1.Mai 1987 an einer Nostalgiefahrt teilnahm. Die Beförderung von
Personen gab es damals schon nicht mehr. Es war für mich eine Rückkehr
an all die Bahnhöfe, die ich in meiner Jugend, meist dösend,
entlangfuhr. Das war mein Abschied von "meiner Gaubahn".
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Freude, aber auch ein wenig
Wehmut, war es, als ich den Zug bestieg und die Strecke, die
ich jahrelang tagein, tagaus mit der Bahn befuhr, nochmals
erlebte. |
Fahrkarte
für die Nostalgiefahrt 1987 |
Bild: Privat |
Dass es nicht nur eine normale Nostalgiefahrt war, war die
Tatsache, dass Tausende von Menschen entlang der Strecke uns zuwinkten
und uns auch in den angefahrenen Bahnhöfen begeistert empfingen.
80 Jahre
Gaubahn - der PKW, der Bus nahm ihr die Fahrgäste. |
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Bild:
Privat |
Streckenplan der
Nostalgiefahrt am 1.Mai 1987 |
Trachtenkapellen, Blasmusik, Kinder in alter Schulkleidung, Chöre
mit alten Weisen und viele Leute entlang der Strecke.
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Die Gaubahn, war für viele
Menschen, jahrzehntelang das Transportmittel nach Ochsenfurt
und von dort aus weiter. |
Trachtengruppe an einem Bahnhof entlang der Strecke |
Bild: Privat |
Arbeitern, Schülern und Marktfrauen war der "Gaublitz", wie er von
seinen Freunden auch liebevoll genannt wurde, unentbehrlich, um an den
Arbeitsplatz, in die Schule oder auf den Markt zu gelangen.
Zwar keine
Dampflok, doch diese Diesellok, hatte damals auch schon ihre
35 Jahre auf dem Buckel. |
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Bild:
Privat |
Eine Diesellok der Baureihe
V80 war unser "Zugpferd" |
Gerade 67 Jahre alt geworden, ging im September 1974 der
Gaubahn der Dampf aus. PKW und Bus hatten ihr die letzten Reisenden
abgenommen. Fortan hielt fast nur noch der Zuckerrübenverkehr den
Betrieb aufrecht. Bis Mitte der 1980er Jahre wurden jährlich noch
während der "Rübencampagne" über 100.000 t Rüben mit der Gaubahn zur
Zuckerfabrik Ochsenfurt transportiert, das waren ca. 4000
Eisenbahnwagen. Nach der Einstellung des Rübenverkehrs war das Ende
der Gaubahn besiegelt.
Auch viele Aktivitäten und Sonderzüge
des "Vereins der Gaubahnfreunde" konnten daran nichts mehr ändern.
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Aufzug vieler Schaulustiger an
einem Bahnhof entlang der Strecke. |
Stolz
aber auch sichtlich ergriffen - Bürgermeister mit
Sonderfahrtschild |
Bild: Privat |
1994 wurden die Gleise abgebaut. Jetzt war Platz für die neue
Bestimmung dieser Trasse: Ein Radweg vom Maintal zum Taubertal, wie er
hier nun vom Naherholungszweckverband 1995/96 verwirklicht wurde.
Und der Hauptwanderweg 4 - Main - Donau - Bodensee, auf dem Sie nun
wandern, begleitet diese ehemalige Gaubahntrasse, bis auf Höhe des
ehemaligen Bahnhofsgeländes Tückelhausen.
Meine
Erinnerung: Bei Wind und Wetter, 2 km, einfach, laufen - Schön
war's. |
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Bild:
Privat |
Nostalgieschild der Fahrt am
1.Mai 1987 |
In der Erinnerung wird die Gaubahn Teil unserer Heimat und
ihrer Geschichte, auch meiner, bleiben, denn sie hat den Gau offener
und reicher gemacht.
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